Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen Sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.
Schlaf war jahrzehntelang ein Konsumthema ohne strategische Bedeutung. Heute entsteht daraus ein globaler Markt, der sich neu organisiert – getrieben von Gesundheit, Premiumisierung und direkten Geschäftsmodellen.
Schlaf war lange ein Grundbedürfnis, kein Business Case. Heute ist er ein Investmentfeld. Was früher Matratzenverkauf im Möbelhaus war, hat sich zu einer globalen Industrie entwickelt, deren Dynamik von Gesundheitsbewusstsein, Kaufkraft und einer neuen Premiumkultur getrieben wird.
Je nach Definition – von Bettwaren über orthopädische Matratzen bis zu Sleep-Tech, Pharma und Dienstleistungen – wird das weltweite Marktvolumen derzeit auf rund 500 bis 600 Mrd. US-$ geschätzt. Bis zum Ende des Jahrzehnts rechnen Analysten mit einem weiteren deutlichen Anstieg. Der DACH-Raum folgt dieser Entwicklung mit einer für die Region typischen zeitlichen Verzögerung, aber vergleichbaren Mustern: steigende Zahlungsbereitschaft, weniger stationärer Handel, mehr Direktvertrieb.
Die Verschiebung ist nicht produkt-, sondern bewusstseinsgetrieben. Schlaf wird nicht mehr als Konsumgut betrachtet, sondern als Teil von Regeneration, Prävention und Leistungsfähigkeit. Wer heute in ergonomische Zonen, Rückenstütze oder punktelastische Systeme investiert, kauft kein Bett – er kauft eine Funktion.
Das verändert die Wertschöpfung. Der klassische Möbelhandel verliert an Relevanz, während spezialisierte Anbieter mit Direktvertriebsmodellen und Markenaufbau Marktanteile verschieben. In der Schweiz positionieren sich Unternehmen bewusst zwischen Orthopädie, Lifestyle und Handwerk. mySTIL ist eines jener Beispiele, die sich über Service, Individualisierung und vertikale Kontrolle vom Preissegment abkoppeln.
Spannend ist weniger das Produkt selbst als die betriebswirtschaftliche Struktur. Während traditionelle Möbelanbieter im Verkauf oft mit niedrigen operativen Margen arbeiten, können vertikal integrierte Schlafmarken deutlich profitablere Spannen erzielen – insbesondere dort, wo Produktion, Logistik und Vertrieb in einer Hand bleiben. Bruttomargen führender Player liegen je nach Modell im Bereich von rund 40 bis 60 Prozent; operative Margen naturgemäss darunter, aber mit Potenzial durch Skalierung.
Gleichzeitig verschiebt sich der Wettbewerb weg vom Möbelhaus hin zu digitalen und hybrid operierenden Marken. Europas grösster Direct-to-Consumer-Anbieter im Schlafsegment überschritt im vergangenen Jahr die Umsatzmarke von einer Milliarde US-Dollar – ein Signal, das auch etablierte Händler unter Zugzwang setzt.
Die nächste Welle ist bereits sichtbar. Schlafsysteme werden mit Sensorik, Datenauswertung und Beratung kombiniert, teilweise ergänzt durch Abonnements oder Gesundheitsservices. Was zunächst nach Nische klingt, ist in Wirklichkeit Upsell-Potenzial mit hoher Marge.
Parallel wächst ein B2B-Segment, das selten wahrgenommen wird: Hotels, Kliniken und Pflegeeinrichtungen investieren zunehmend in Schlafqualität – nicht als Ausstattung, sondern als Differenzierungsmerkmal. Premium-Hospitality nutzt Schlaf längst als Erlebnis- und Preiskomponente.
Die Schweizer Kombination aus hoher Kaufkraft, Gesundheitsfokus und Premiummentalität macht den Markt zum Testfeld – und zur Exportbasis. Wer hier Marke, Technologie und Direktvertrieb kombiniert, kann skalieren, ohne gegen Volumenanbieter antreten zu müssen.
Was noch fehlt, sind Akteure mit internationaler Sichtbarkeit, die mehr sind als Hersteller. Wer jetzt Markenidentität, Service und Wertschöpfung kontrolliert, prägt einen Markt, der jahrzehntelang unter dem Radar lief.
Die Sleep Economy ist kein Trend und keine Lifestyle-Erscheinung. Sie ist ein wachsendes Segment der Gesundheits- und Konsumökonomie – eines, das begonnen hat, Zahlengrössen zu produzieren, die andere Branchen längst nicht mehr erreichen.
Foto: Greg Pappas
Dieser Artikel kann Partner-Links enthalten. Sie dienen der Unterstützung redaktioneller Inhalte und haben keinerlei Einfluss auf die Berichterstattung.