Von der Influencerin zur Investorin

Diana zur Löwen zählt zu den Pionieren der deutschen Influencer: Als sie 14 Jahre alt war, veröffentlichte sie ihre ersten Blog-Artikel. Heute drehen sich ihre Social-Media-Posts vor allem um Fashion, Beauty und Finanzen – und mit ihrem VC-Fonds Rawr Ventures investiert die Deutsche in kleine Start-ups.

Nicht viele Content Creators bündeln Beauty- und Dating-Tipps mit Ratschlägen, wie man sein Geld ­besser investieren kann. Das ist eine Nische, die Diana zur Löwen beherrscht: Auf den Kanälen der In­fluencerin finden Follower eine bunte Mischung – hier ein Video, in dem sie ihr Outfit präsentiert, da eines über das Dating-Leben von Frauen; dazwischen ein Video über den MSCI World Index.

Zur Löwen gehört ­sozusagen zur ersten Generation deutscher Influencer: Mit 14 Jahren ­begann sie, über Mode zu bloggen, mit 16 veröffentlichte sie ihr erstes Video auf Youtube. Heute folgen der Deutschen auf Instagram 1,2 ­Millionen Menschen, auf Tiktok knapp 200.000 und auf Linkedin über 77.000. Ihr Youtube-Kanal (auf dem das letzte Video allerdings bereits zwei Jahre alt ist) zählt fast 600.000 Abonnenten Im Jahr 2018 investierte zur Löwen erstmals in ein Early-Stage Start-up – und seit 2020 macht sie das mit ihrem VC-Fonds Rawr Ventures.

Aber wie viele Influencer musste zur Löwen auch viel öffentliche Kritik einstecken. Wie geht sie mit Hass im Netz um, warum der Mix aus Wirtschafts- und Beauty-Themen? Und wie investiert zur ­Löwen ihr Geld?

„Eigentlich war das nur ein Hobby“, sagt zur Löwen über den Start ihrer Karriere als Content Creator. Inspiriert von einer anderen Fashionbloggerin beschloss sie als Teenager, ihre eigenen Inhalte zu schreiben. „Das habe ich nach und nach ausgeweitet. Zuerst war es der Fashionblog, dann habe ich mit Youtube angefangen“, erzählt zur Löwen. Den ersten Blog-­Artikel gebe es nicht mehr („ich wollte ­irgendwann meinen Blog in ein anderes Format übertragen, aber dabei ist leider alles verloren gegangen“), das älteste Video auf ihrem Kanal (über das „Outfit of the Day“ einer jungen zur Löwen) ist aus dem Jahr 2012. Später verlegte sie ihren Fokus auf Instagram, dann auch auf Tiktok und Linkedin – und auf Wirtschaftsthemen.

„Ich komme aus einem Elternhaus, in dem Investieren kein Thema war. Dabei hätte ich mir gewünscht, dass ich damals andere Frauen gefunden hätte, mit denen ich darüber hätte sprechen können“, so zur Löwen. Im Internet habe es dazu damals kaum Inhalte gegeben, so die Deutsche, deshalb beschloss sie, solche zu produzieren: „Ich ­versuche vor allem, für Frauen ein ­Basiswissen zu liefern; Antworten auf Fragen zu geben, die ich früher selbst nicht kannte.“ In ihren Videos erklärt zur Löwen etwa, was ETFs (kurz für Exchange Traded Funds, also Fonds, die an der Börse gehandelt werden) sind und wie sie funktionieren, oder teilt Tipps und Tools, mit denen sie ihre Ausgaben im Auge behält. Der Anspruch sei nicht unbedingt, tief in die Materie einzutauchen. Zur Löwen: „Es sollen einsteigerfreundliche Tipps sein.“

Ihre Partner – jene Unter­nehmen, für die zur Löwen Werbung macht – sind so vielfältig wie ihre Inhalte: Rosenthal, ein Pro­duzent von Keramik, und der Kosmetikhersteller Schwarzkopf sind dabei, aber auch der Neobroker Trade Republic oder die Steuer-App Taxfix. Wie viel die Influencerin für ­einen Post im Schnitt bekommt – darüber hält sie sich bedeckt. Ihr ist das Thema merkbar unangenehm, ihre Antworten sind vor­sichtiger, der Augenkontakt wird ­geringer.

Diana zur Löwen teilt auf ihren Social-Media-Kanälen sowohl Fashion- als auch Finanztipps.

Laut Money Calculators wie jenen von Inbeat und Influencer Marketing Hub verlangen Influencer mit einer ähnlichen Reichweite und ­Engagement Rate wie bei zur Löwen zwischen rund 2.500 und 14.000 US-$. Eine breite Schätzung, die laut zur Löwen unter ­anderem davon abhängt, um welche Art ­Unternehmen es sich handelt. Nach einigem Nachhaken sagt sie dann: „Mehrere Tausend Euro auf jeden Fall.“ Und: „Es ist natürlich ein sehr privilegierter und dankbarer Job. Ich kann mich nicht beschweren.“

2018 investierte zur Löwen zum ersten Mal direkt in ein Unter­nehmen – in Femtasy, das Start-up von Nina Julie Lepique, einer Forbes Under 30-Alumna. „Ich möchte, dass mein Geld einen Nutzen erfüllt“, begründet zur Löwen die Entscheidung, Investorin zu werden. „Ich finde die Idee spannend, dass ich mit Geld, das ich nicht notwendigerweise brauche, Unternehmen und Ideen unterstützen kann.“ 2020 gründete sie Rawr Ventures und hat seitdem in zehn weitere Unternehmen investiert. Es handelt sich ausschliesslich um kleine Tickets aus Seed- und Pre-Seed-Finanzierungsrunden; der Fokus liegt auf den ­Bereichen Fem- und Medtech. Das seien die Themen, die sie interessieren. Auf die Frage, was sie in ­einem Start-up sucht, antwortet zur ­Löwen: „Ich schaue mir vor allem das Team an; das Thema muss auch spannend für mich sein. Natürlich beachte ich auch finanzielle Indikatoren wie die Bewertung.“ Meist laufen die Deals über ihr Netzwerk, sprich: Kontakte zu anderen Business Angels, die sich auch für das betreffende Start-up interessieren.

Für viele Gründer ist neben zur Löwens Kapital ihre Reichweite interessant. Manchmal verhandle sie Extradeals, in denen sie für ihre Reichweite Virtual Shares bekommt, also solche, die ihr keine Eigentumsrechte verschaffen. Zur Löwen stellt aber auch klar: „Ich investiere aber immer (mit Geld, Anm.).“

Kritiker werfen der Deutschen vor, realitätsfremd zu sein – nicht jeder kann das Geld investieren, über das die Influencerin in manchen ihrer Videos spricht. 2019 sorgte zur Löwen für viel Medienaufmerksamkeit, als sie einen Post nicht als Werbung kennzeichnete, obwohl sie ­darin über einen Ar­tikel sprach, der ihr von einem Unternehmen ­geschenkt wurde – der Verband Sozialer Wettbewerb forderte sie auf, 10.000 € Vertragsstrafe zu zahlen, das Oberlandesgericht Köln und der Bundesgerichtshof ­gaben der Klage statt. Heute scheint zur Löwen von der Episode vor allem genervt zu sein: „Das ist schon so lange her, darüber habe ich schon so oft gesprochen. Ich wusste damals nicht, dass ich das als Werbung kennzeichnen musste, obwohl mir der Artikel geschenkt wurde. Heute telefoniere ich regelmässig mit der Landes­medienanstalt und mit meinem ­Anwalt, weil ich mich ständig versichern muss, wie sich das ändert.“ Viele der negativen Kommentare blendet zur Löwen laut Eigenaussage aus – sie nehme gerne Kritik an, aber von Menschen, die sie auch wirklich kennen.

Lieber blickt sie nach vorne: „Die Themen Immobilien und Private Equity würde ich mir gerne anschauen“, sagt sie über mögliche Pläne für ihre Arbeit. Ob Investieren mittlerweile auch im Elternhaus der Influencer-Investorin Gesprächsthema ist? „Ich habe ihnen schon oft gesagt, sie sollen einen ETF-Sparplan aufsetzen, aber sie setzen das, glaube ich, nicht so um“, lacht zur Löwen.

Diana zur Löwen veröffentlichte ihren ersten Blogpost, als sie 14 Jahre alt war. Heute, mit 29 Jahren, ist die Influencerin bekannt für ihre Beauty- und Finanz­tipps. Seit 2018 ist sie ausserdem als Investorin tätig, seit 2020 mit ihrem VC-Fonds Rawr Ventures. Sie hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln studiert.

Fotos: Gian Meinecke

Erik Fleischmann,
Redakteur

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