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Sie sind erfolgreich, agieren langfristig und dominieren ihre Nische. Dennoch sind sie in der breiten Öffentlichkeit oft völlig unbekannt: Familienunternehmen. Die DACH-Region verfügt wie kaum eine andere auf der Welt über solche Imperien, die in ihren Nischen Technologie- oder Weltmarktführer sind. Doch was macht sie aus? Wir haben uns das anhand von drei Beispielen angesehen: Tupack aus Österreich, Contrinex aus der Schweiz und Huber aus Deutschland.

90 % sind es in Deutschland, je 88 % in der Schweiz und in Österreich: Familienunternehmen machen die überwiegende Mehrheit aller Unternehmen in der DACH-Region aus. Darunter versteht man Betriebe, die vorrangig von einer Familie oder von Eigentümern mit verwandtschaftlichen Beziehungen beeinflusst wird. Zahlreiche davon sind Ein-Personen-Unternehmen oder kleine Betriebe. Doch die deutschsprachige Region ist auch voll von Hidden Champions, also Familien­imperien, die ihre Nische weltweit dominieren, in der Öffentlichkeit aber weitgehend unbekannt sind. Ihre DNA unterscheidet sich grundlegend von börsennotierten Unternehmen. Forbes hat sich drei von ihnen näher angesehen, um zu verstehen, was ihren Erfolg ausmacht: Tupack, Contrinex und Huber. Alle drei Be­triebe sind in unterschiedlichen ­Geschäftsfeldern tätig, und doch einen sie drei Dinge: eine lang­fristige Orientierung, das konsequente Besetzen einer Nische sowie hohe ­Ausgaben in Forschung und Entwicklung.

Die „CEO Success Studie“ des Beratungs­hauses PwC kam 2018 für die DACH-Region zu dem Schluss, dass CEOs an der Spitze von börsennotierten Konzernen rund sieben Jahre im Amt sind. Sieben Jahre, um ein Unternehmen zu verstehen und zu prägen – vergleicht man das mit Familienunternehmen, wird auf einen Blick deutlich, wo der grösste Unterschied liegt.

Im elften Wiener Gemeindebezirk befindet sich Tupack, ein Weltmarktführer im Bereich der Tubenherstellung. Eigentümer Thomas Reisner fing bereits vor 60 Jahren als Mitarbeiter in einer Vorgängerorganisation an und arbeitete sich bis 1979 zum Geschäftsführer hoch. 1987 wurde die Familie Reisner im Zuge eines Management-Buy-outs schliesslich Eigentümerin von Tupack; heute führen drei Familien­mitglieder die Firma. Auf die Perspektive angesprochen, sagt der heutige CEO Stephan Reif als ein Teil der Führung: „Als Familien­unternehmen denken wir grundlegend in allen Dingen langfristiger. Wir haben viele Mitarbeiter, die schon mehrere Jahrzehnte bei uns im Unternehmen tätig sind. Entscheidungen fallen rasch und Berichtswege sind sehr direkt. Wir tätigen langfristige Investitionen, die nicht unmittelbar Früchte abwerfen. Unsere Kunden wissen zu schätzen, dass es uns auch in den nächsten Jahren noch geben wird, weshalb das Vertrauen grösser ist.“

Auch Peter Heimlicher, der Gründer von Contrinex, einem Hersteller und Technologieführer von virtuellen Sensoren in der Schweiz, blieb 40 Jahre an der Spitze des Unternehmens, bis er das Zepter schliesslich 2012 an seine Tochter Annette Heimlicher übergab. „Man trifft Entscheidungen auf den ersten Blick ineffizienter, weicher als in einem Managementunternehmen. So kündigt man seine Mitarbeiter nicht sofort, wenn die Zahlen nicht passen, oder stampft ein innovatives Projekt nicht gleich ein, nur weil es in einem Jahr keine Erträge erwirtschaftet. Unser Vorteil ist, dass wir uns das leisten können, da wir an Projekten arbeiten, die uns zwar jahrelang keinen Profit bringen und viel Geld kosten, aber uns einen derartigen Marktvorteil ver­schaffen, dass wir der Konkurrenz voraus sind und so das Geld wieder hereinspielen“, erzählt Annette Heimlicher im Gespräch mit Forbes.

Auch Georg Huber, Vorstandsvorsitzender des gleichnamigen Unternehmens, das sich auf Wasser- und Abwasserbehandlung fokussiert hat, schlägt in eine ähnliche Kerbe: „Wir denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen. Man ist nicht auf den schnellen Erfolg aus.“ Dass die Nachfolgeregelung einfach ist, heisst das jedoch nicht: In Deutschland alleine müssen 150.000 Unternehmen im Zeitraum 2018 bis 2022 ihre Nachfolge klären. Auch Annette Heimlicher wollte erst nicht in die Fussstapfen ihres Vaters treten: „Als die Mitarbeiter begannen, mich als Nachfolgerin meines Vaters zu sehen, war das zu viel für mich. Der Gedanke, die zukünftige Chefin zu sein, machte mir Angst, da man einfach sehr viel Ehrfurcht vor dieser Aufgabe hat. Stellen Sie sich einmal vor, wie ­viele Existenzen hier dranhängen. Ausserdem war ich so jung.“ Zwischenzeitlich verliess Heim­licher das Unternehmen, arbeitete für ­verschiedene Betriebe, unter anderem auch für das World Economic Forum, bis sie zurückkehrte.

„Als Familienunternehmen denken wir grundlegend in allen Dingen langfristiger. Wir haben Mitarbeiter, die schon mehrere Jahrzehnte für uns tätig sind.“

Stephan Reif, CEO von Tupack

Es sei eine Kunst, beschreibt Heim­licher, in der Nische erfolgreich zu agieren. Ist sie zu klein, rechnet sich das Geschäft nicht; wird der Markt zu gross, drängen zu viele ­Wettbewerber hinein. „Es ist viel Arbeit, der Beste zu sein. Sie können nicht einfach ein Jahr Pause machen. Diesen Vorsprung muss man pflegen, denn wenn die Nische zu gross ist, versuchen andere, sie zu besetzen.“ Doch genau dieser Fokus ist es, der alle drei Unternehmen auszeichnet.

Auch Tupack fokussierte sich früh, nahm die Alu­miniumtuben aus dem Programm und ent­wickelte sich im Bereich Kunststofftuben und Lippenpflegestifte zum Weltmarktführer. Stephan Reif erklärt die Strategie dahinter eindrücklich: „Im Managementbereich gibt es die Philosophie, man müsse sich diversifizieren, um das Risiko zu streuen. Andererseits ist man dann wie eine Ente: Man kann gehen, aber nicht wirklich gut; man kann fliegen, aber auch das nicht wirklich gut.“

Bei Huber ist das nicht anders. Einem Laien sein Produkt zu erklären sei nicht einfach, so Vorstandsvorsitzender Georg Huber. Wenn man den Wasserhahn aufdreht und frisches Wasser sprudelt, dann passiert das aufgrund einer Reihe an vor- und nachgeschalteten Prozessen und Behandlungsschritten. Nach der Benutzung des Trinkwassers verschwindet es in die Kanalisation und landet in den Kläranlagen. Hubers Unternehmen produziert die Maschinen, die das Wasser dann von all seinen Inhaltsstoffen befreien. Es war eine Innovation und Spezialisierung in der Nische, die der Firma ihren Aufstieg verschaffte: „Wir haben es in den 80er-Jahren geschafft, eine einzige Maschine zu entwickeln, die die Aufgaben übernahm, die zuvor drei separate Maschinen machten – Siebung, Transport und Entwässerung des Rechenguts (grobe Rückstände, die beim Abfliessen des Abwassers zurückgehalten werden; Anm.).“ So wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Man betrat nicht nur einen neuen Markt, sondern revolutionierte diesen im gleichen Schritt auch noch. Von da an multiplizierten sich die Aufträge weltweit.

„Es ist die Pflicht der Familie, dafür zu sorgen, dass ein Konzern unserer Grösse auch ohne Familie in der operativen Führung funktioniert.“

Georg Huber, CEO von Huber SE

Doch dieser Vorsprung in der Nische kostet Geld. So reinvestiert Tupack bis zu 10 % des Umsatzes in Forschung und Entwicklung (F&E) und Qualitätssicherung. Bei Contrinex ist es ähnlich viel; Huber gibt zwischen drei und vier Prozent des Umsatzes für F&E aus, hat jedoch eine eigene Forschungsabteilung mit rund 40 Mitarbeitern. Dabei sind die Unternehmen von der Kultur in ihren Ländern geprägt: Laut Eurostat sind Österreich, Deutschland und die Schweiz im Europavergleich vorne dabei, wenn es um Forschungsausgaben geht. In der Schweiz fliessen etwa 3,4 % des BIP in F&E, in Österreich sind es 3,2 %, in Deutschland etwa 3 %. Das liegt deutlich über dem EU-Schnitt von 2,19 %. Georg Jungwirth, Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft Graz und Experte für Familienunternehmen, hat im Rahmen einer Studie der ­Julius Raab Stiftung 250 Unternehmen untersucht, die am europäischen Markt oder gar auf dem Weltmarkt führend sind: „Ohne den starken Fokus auf Innovationen sowie qualitativ überlegene Produkte und Dienstleistungen wäre es nicht möglich, dass ein Hochlohnland wie Österreich fast 250 Welt- oder Europamarktführer stellt.“ Gleiches gilt natürlich auch für Deutschland und die Schweiz. Dass diese Betriebe in ihren eigenen Märkten kein Auslangen finden, ist aufgrund der Fokussierung nur logisch: Die Exportquote liegt im Schnitt bei knapp 80 %.

Es zeigt sich, dass das Erkennen von ­Chancen, die konsequente Verfolgung der ­eigenen Strategie sowie ein Fokus auf Inno­vation Tupack, Contrinex und Huber zu ihren Er­folgen verholfen haben. Dabei ist die ­Bindung zur jeweiligen Unternehmerfamilie für den Erfolg essenziell – wobei Georg Huber, der sich selbst irgendwann die Nachfolgefrage stellen muss, nicht davon ausgeht, dass das gleichnamige Unternehmen verschwinden wird, wenn seine Familie es womöglich nicht mehr führen sollte. „Es ist die Pflicht der Familie, dafür zu sorgen, dass ein Konzern unserer Grösse auch ohne Familie in der operativen Führung funk­tioniert“, so der Unternehmer.

Text: Muamer Bećirović
Foto: beigestellt

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 1/2–21 zum Thema „Innovation & Forschung“.

Muamer Bećirović,
Redakteur

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