THE NU ECONOMY

Mit der Nu Company will Mitgründer Christian Fenner die Lebensmittelbranche sozialer gestalten – etwa indem das Unternehmen einen Teil der Erlöse in die Aufforstung der Wälder steckt. Doch bis zum milliardsten gepflanzten Baum und der grossen Vision, der Old Economy einen Riegel vorzuschieben, ist es noch ein weiter Weg.

Alles neu, alles besser, alles anders: So lautet die Devise des Food-Start-ups The Nu Company, wenn es um die Lebensmittelbranche geht. Anders als herkömmliche Riegel von Herstellern wie Mars, Inc. oder Nestlé kommen ihre Schokoladenriegel voll mit veganen und biologischen Zutaten sowie ohne Plastik und mit rund 65 % weniger Zucker daher. Die Gründer Christian Fenner, Mathias Tholey und Thomas Stoffels wollen damit die Lebensmittelbranche gesünder gestalten – die Idee dazu kam ihnen 2016: Als Tholeys Freundin eine konventionelle Schokoladentafel schmolz und sie mit Nüssen und Beeren verfeinerte, versuchten sich die Gründer selbst in der Schokoladenproduktion, nutzen dafür jedoch gesunde Zutaten – etwa nährstoffreiche Hanfsamen, die bis heute eine Hauptrolle in den Produkten von The Nu Company spielen.

Bis das erste Produkt marktreif war, dauerte es eine Weile. „Wir gingen total grün hinter den Ohren an die Sache heran. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir Unmengen an Schokolade in einer Waschküche abfüllten, in der Hoffnung, dass das Ganze am Ende was wird“, lacht Fenner. Die Bemühungen trugen letzten Endes Früchte: 2016 eröffneten die Gründer in Dresdn eine erste kleine Manufaktur. Schon bald nahmen Bioläden im Umkreis die Riegel in ihr Sortiment auf. „Nach circa einem Jahr nach der Gründung konnten wir die Produktion nicht mehr stemmen.“ Seither fand man man zwei grössere verlässliche Produktionspartner innerhalb Deutschlands für die Skalierung. Zu der Zeit noch als Nucao bekannt, änderte man den Firmennamen 2019 nach einer Crowdlendingkampagne, die 500.000 € einbrachte, auf The Nu Company; und auch das Angebot wurde ein anderes: Das neu benannte Unternehmen setzt nun auf Proteinriegel, -shakes und Nussriegel.

Nach eigenen Erfahrungen in der Old Economy war uns klar: Wir wollen ein Sozialunternehmen mit Mehrwert gründen.

Für die Gründer lagen die Herausforderungen besonders in den bestehenden Standards der Lebensmittelindustrie und im Finden des richtigen Pflanzenproteins für die Grundlage der Riegel. „Mit Erbsen- oder Hanfprotein konnten wir geschmacklich bestehende Riegel von anderen Herstellern einfach nicht übertrumpfen; die Datteln als Süssungsmittel waren ungeeignet, da sie einen zu hohen Zuckergehalt haben und für viele Menschen schwer verdaulich sind. Und um Molkepulver, auch bekannt als Whey, machten wir von Anfang an einen grossen Bogen: Der CO2-Ausstoss bei der Produktion dieses Inhaltsstoffs, die gesundheitlichen Bedenken und das Tierleid waren für uns einfach nicht vertretbar“, so Fenner.

Der Gründer tummelt sich mit seinem Unternehmen in einem Markt, der grosses Potenzial hat: Laut dem Branchenblatt Vegconomist sollen allein Produkte mit pflanzlichen Proteinen mit einer jährlichen Durchschnittsrate von 9,5 % wachsen und bis 2025 weltweit ein 17,9 Milliarden US-$ schwerer Markt sein. In Anbetracht dessen sieht Fenner in dem auf Kürbiskernprotein und Mandelmus basierenden „Numove“-Riegel der Nu Company die grosse Chance auf einen Umsatzrekord. Bereits 2020 konnte der Umsatz (7,1 Millionen €) im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht werden.

Eden Reforestation Projects beschäftigt lokal Ansässige zur Aufforstung gerodeter Gebiete.
Den Kakao bezieht The Nu Company von einer Bauernkooperative in der Region Huánuco in Peru.

Auch die Unternehmensform spielt bei ihrem Vorhaben, die Lebensmittelbranche umzukrempeln, keine unwichtige Rolle für die Leipziger: „Nach eigenen Arbeitserfahrungen in dem, was wir ‚Old Economy‘ nennen, war uns klar: Wir wollen ein Social Business sein und einen Mehrwert liefern, der über eine gesunde Alternative zu Schokoriegeln hinausgeht.“ Mitunter ist daher seit 2018 die Zusammenarbeit mit der Non-Profit-Organisation Eden Reforestation Projects ein fester Bestandteil des Geschäftsmodells: Für jeden verkauften Schokoriegel wird ein Baum auf Madagaskar, in Nepal oder Mosambik gepflanzt.

Christian Fenner
... absolvierte seinen Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen an der RWTH Aachen und gründete 2016 mit Thomas Stoffels & Mathias Tholey das soziale Food-Start-up The Nu Company.

Das Prinzip ist kein unbekanntes: Auch die deutsche Konsumgütermarke Share verspricht, für jedes verkaufte Produkt ein gleichwertiges an Bedürftige zu spenden, und das US-Unternehmen Toms, das Schuhe, Brillen, Kaffee, Kleidung und Handtaschen verkauft, verschenkte für jeden Schuhverkauf ein Paar Schuhe an Kinder in Not. Das grosse Ziel für The Nu Company bis 2030: eine Milliarde Bäume gepflanzt zu haben. Mit dem kürzlich erzielten Investment in Höhe von 3,7 Millionen € vom Linzer VC Square One Foods, darunter auch Ex-Formel-1 Rennfahrer Nico Rosberg, scheint der Weg bis dorthin zumindest ­finanziell schon einmal gesichert zu sein.

Text: Chloé Lau
Fotos: The Nu Company

Titelbild: Für das Dreigespann Mathias Tholey, Christian Fenner und Thomas Stoffels (v. li. n. re.) hiess es 2016 Abschied nehmen vom Ingenieurdasein und rein in die Selbstständigkeit.

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 2–21 zum Thema „Health & Wealth“.

Chloé Lau,
Redakteurin

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.