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Als erstes Versicherungsunternehmen Österreichs trat UNIQA im Oktober 2021 der Net-Zero Asset Owner Alliance der Vereinten Nationen bei – ein klares Bekenntnis zur Erreichung der Pariser Klimaziele und somit zur Klimaneutralität des Unternehmens bis zum Jahr 2040 in Österreich und bis 2050 im CEE-Raum. Auch bei anderen Initiativen ist die Versicherungsgruppe in der ersten Reihe vertreten, denn die Bekämpfung des Klimawandels ist nun endgültig auch in der Finanz- und Versicherungsbranche angekommen.
Der Klimawandel ist eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. 2019 stellte die Europäische Kommission den European Green Deal vor, ein Konzept, das zu einem Eckpfeiler der Klimapolitik der Europäischen Union werden sollte. Der Plan sah vor, die Nettoemissionen von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 auf null zu reduzieren, wodurch Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent würde. Für Andreas Rauter, Head of Sustainability bei UNIQA, ist die Marschroute für die Wirtschaft damit klar vorgegeben: „Den gesellschaftlichen Auftrag gab es schon, nun gibt es auch einen politischen. Es geht jetzt auch nicht mehr um Lippenbekenntnisse, sondern um Taten. Dass ein Versicherer hier breit gefordert ist, sieht man oft erst auf den zweiten Blick. Unsere Verantwortung betrifft die Mitgestaltung der wirtschaftlichen Transformation in der Rolle des Investors durch die Finanzierung der Umstellung von ‚braunen‘ auf ‚grüne‘ Wertschöpfungsmodelle und andererseits das Engagement, also das Deutlichmachen, was sich ein institutioneller Investor vom Investee auch hinsichtlich CO2-Reduktion und nachhaltigeren Wirtschaftens erwartet. Es betrifft aber auch die Art und Weise, wie Versicherungsschutz im Rahmen des Klimawandels bereitgestellt wird.“
Einerseits wären die häufigeren und komplexeren Folgen von Naturkatastrophen genauer zu befunden, um mit Beratung zu Präventionsmassnahmen und massgeschneiderten Versicherungslösungen die negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten. Andererseits ist bei Versicherungsdeckung für „braune“ Wertschöpfungsmodelle darauf einzuwirken, dass sich diese hin zu ressourcenschonenden, emissionsarmen Betriebsformen transformieren. Wenn dies nicht passiert, kann die Versicherungsdeckung als Unterstützung des „braunen“ Geschäftsmodells gesehen werden. Damit stehen Reputationsrisiken, Vertrauensverlust und Mitverantwortung im Raum, wozu immer mehr Stakeholder sensibilisiert werden, meint Rauter. Es gebe keine Zeit mehr, zu zögern, ist er überzeugt: „Das Handlungsgebot ist nun endgültig auf allen Ebenen angekommen, das lässt sich nicht mehr überhören oder übersehen. Es muss etwas geschehen – der Druck auf Unternehmen, die sich sträuben, zu transformieren, wird immer grösser werden. In drei Jahren wird man sich wundern, wie das Thema Nachhaltigkeit einmal nicht zum Mainstream gehören konnte“, so Rauter.
Everybody’s darling zu sein reicht nicht mehr.
Die Versicherer bilden seiner Meinung nach eine Brücke und müssten sich überlegen, ob sie nun nach wie vor in Unternehmen investiert sein wollen und können, die den Wandel nicht mitmachen. Eine solch weitreichende Entscheidung wird natürlich nicht ohne Konsultation aller beteiligten Stakeholder getroffen. Die Rückmeldung sei hier jedoch klar und unmissverständlich gewesen. „Wir haben den klaren Auftrag, uns zu engagieren. Die Stakeholder wollen den Weg mit uns gehen und mit Massnahmen in Richtung einer lebenswerten Umwelt wirken“, sagt Rauter.
Neben den Produkten und Services und der eigenen Betriebsführung liegen diese Massnahmen vor allem im Bereich der Veranlagungspolitik. In erster Linie geht es dabei darum, die Realwirtschaft in der Umstellung von einer „braunen“ auf eine „grüne“ Wertschöpfungskette zu unterstützen, bei aussichtslosen Positionen umzusteigen und das Investitionsportfolio entsprechend durch grüne Investments anzupassen. Zu diesem Zweck wird die indirekte Beteiligung an den CO2-Emissionen berechnet, in einem weiteren Schritt soll dieser Wert dann minimiert werden. Diese Vorgehensweise führe zwangsläufig dazu, dass gewisse Branchen mit sehr hohen Emissionswerten, etwa Kohleproduzenten, immer mehr aus dem Portfolio gedrängt würden, erklärt Rauter. „Wir kamen aber zu dem Schluss, dass es keine Alternative gibt. Dieses Wertschöpfungsmodell soll ein Ende haben, wir schreiben daher für neue Kundinnen und Kunden in diesem Bereich auch keine Versicherungsdeckung mehr.“ Es gebe noch wenige bestehende Kundinnen und Kunden in diesem Segment, die aber nun entsprechende Transformationsprozesse durchlaufen und diese auch dokumentieren müssen, so Rauter.
Neben der Anpassung des Investitionsportfolios bildet der Dialog der UNIQA mit ihren Investees die zweite Möglichkeit der Einflussnahme im Hinblick auf eine Reduktion der Emissionen. Die Vorgaben sind für jedes Unternehmen klar quantifiziert, es stehen hier vor allem die Kommunikation und das Begleiten bei der Umsetzung im Zentrum. Nicht alle Investees nehmen die neuen Vorgaben kritiklos hin, doch die Vorgehensweise sei alternativlos, so Rauter: „Natürlich haben es nicht alle gern, wenn hier plötzlich strenge Regeln vorgegeben werden. Wir setzen auf Kommunikation und Begleitung, doch wenn sich das Unternehmen sträubt, ziehen wir notfalls auch Kapital ab.“ Aktuell entwirft UNIQA ein Steuerungssystem, das unter anderem auch die entsprechenden Umweltratings der Unternehmen berücksichtigen soll. Rauter: „Wir wollen so einerseits sanften Druck auf die Realwirtschaft ausüben, gleichzeitig aber auch der Politik zeigen, dass wir strengere Regeln befürworten.“
Dass man derart ambitionierte Ziele nicht allein erreichen kann, liegt auf der Hand: Es brauche eine verbindliche Zusammenarbeit auf höchster Ebene und koordinierte Anstrengungen, so Rauter. So trat UNIQA beispielsweise dem Programm „Global Compact“ der Vereinten Nationen, das die „Sustainable Development Goals“ enthält, bereits 2020 bei. „Wir haben eine lautere Stimme und können uns besser einbringen, wenn wir gute Netzwerke knüpfen und in Partnerschaften treten“, erklärt Rauter. Für institutionelle Investoren gibt es darüber hinaus UN-Unterorganisationen wie PRI (Principles of Responsible Investment) oder PSI (Principles of Sustainable Insurance), die eigene Kriterienkataloge erarbeiten und regelmässig Ergebnisse reporten. Auch hier ist UNIQA vertreten.
Andreas Rauter
...ist gelernter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und seit 21 Jahren bei UNIQA tätig. Als Leiter Group Finance war er 15 Jahre lang für das Rechnungswesen des Konzerns verantwortlich. Heute ist er Head of Sustainability, Ethics and Public Affairs und als solcher unter anderem für die UNIQA Nachhaltigkeitsstrategie verantwortlich.
Auch die Kooperation mit NGOs und auf Nachhaltigkeit spezialisierten Ratingagenturen ist von zentraler Bedeutung für UNIQA. So wird beispielsweise gemeinsam an Emissions- und ESG-Datenbanken (ESG = Environmental Social Governance) gearbeitet, um die Transparenz zu erhöhen und sowohl die Umsetzung als auch das Reporting zu vereinfachen. Darüber hinaus bekannte man sich zu den Pariser Klimazielen, die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 (Österreich) beziehungsweise bis zum Jahr 2050 auf europäischer Ebene vorgeben. Zu diesem Zweck trat UNIQA im Oktober 2021 als erste österreichische Versicherung der Net-Zero Asset Owner Alliance bei. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Allianz institutioneller Anleger, die insgesamt ein Vermögen von zehn Billionen US-$ verwalten, hat sich gemeinsam zur Erreichung der Pariser Ziele verpflichtet.
Der Ball ist nun im Rollen, ist sich Andreas Rauter sicher, auch wenn noch viel Arbeit nötig sei. „Vor einigen Jahren war Nachhaltigkeit noch ein Alternativ-Thema, später vielleicht ein polarisierendes Wirtshausthema, doch das ist endgültig vorbei. Der Klimawandel ist menschengemacht und es muss dagegen vorgegangen werden. Everybody’s darling zu sein war viele Jahre lang eine angenehme Strategie für Versicherer, doch das reicht jetzt nicht mehr.“
Text: Silvan Mortazavi
Foto: Gianmaria Gava Andreas Rauter, Head of Sustainablility bei UNIQA
Diese Advoice erschien in unserer Forbes Daily "Grüne Wirtschaft".