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Barbara Konner, die Chefin der Deutsch-Argentinischen Industrie- und Handelskammer, im Interview.
Unternehmen hatten es in Argentinien in den vergangenen 20 Jahren – auch aufgrund der politischen Lage – nicht leicht. Der negative Höhepunkt war sicherlich die Staatspleite 2001. Wie sehen Sie diese Zeit im Nachhinein?
Argentinien war komplett vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten (aufgrund zweier Schuldenschnitte, Anm.). Daher sind keine beziehungsweise nur geringe Investitionen ins Land geflossen. Das System war von staatlichem Interventionismus geprägt. Bis Ende 2015 (Mauricio Macri wurde zum Präsidenten gewählt, Anm.) war es ein reiner Überlebenskampf für Unternehmen. Das lag auch an den Importrestriktionen und Einschränkungen von Dollartransfers an die Mutterhäuser. Dennoch sind deutsche Unternehmen dem argentinischen Markt treu geblieben, viele sind schon sehr lange hier – Bayer und Siemens etwa seit über 100 Jahren.
Macri steht im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Cristina Fernández de Kirchner für einen wirtschaftsliberaleren Kurs. Seit seiner Wahl zieht die Wirtschaft an: Für 2018 wird ein BIP-Wachstum von 3,1 Prozent prognostiziert. Was hat sich seit Macri verändert?
Argentinien hat sich mit dem Pariser Club (informelles Gremium staatlicher Gläubiger, Anm.) über die Rückzahlung der Schulden von 9,7 Milliarden US-$ geeinigt. Das führte dazu, dass Argentinien wieder Zugang zum Kapitalmarkt hatte. Für internationale Investoren war dies das wichtigste Thema. Zudem wurden die Importregulierungen aufgehoben. Die Rahmenbedingungen verbessern sich seit zwei Jahren, Argentinien wird attraktiver.
Welche Branchen sind heute am stärksten vertreten?
Die exportstärkste Branche ist der Automobilcluster mitsamt den Zulieferern. Volkswagen ist der zweitgrösste deutsche Arbeitgeber im Land (der grösste ist Fresenius, Anm.). Soeben hat der Konzern eine Investition von 560 Millionen € angekündigt, die in das Werk in Buenos Aires fliesst, sowie 2.500 neue Arbeitsplätze zu den bereits bestehenden 6.000. Die Chemie ist ebenfalls ein starker Sektor, und die gesamte Wertschöpfungskette entlang der Agrarindustrie. Hier gibt es grosse Chancen für deutsche Unternehmen. Die Landwirtschaft ist in Argentinien ausgesprochen wettbewerbsfähig, dennoch muss sie aufpassen, nicht nur Soja und Wein zu exportieren, sondern auch andere Produkte.
Wie sieht das Marktumfeld aus?
Argentinien ist kein günstiger Standort, die Margen sind zwar gut, die Arbeitskosten aber sehr hoch. Zudem existiert eine rigide Arbeitszeitgesetzgebung. Eine Arbeitsmarktreform ist in der Pipeline, diese ist aber aufgrund von Querelen mit der Gewerkschaft auf Eis gelegt. Zudem ist sowohl die Steuerbelastung als auch die Inflationsrate sehr hoch, für dieses Jahr werden 20 Prozent Inflation prognostiziert. Doch wie bei allen Dingen in Argentinien kann man das Glas halb voll oder halb leer sehen – 2016 waren es noch 40 Prozent Inflation.
Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2018 „Food“ erschienen.