Neue Kundenbedürfnisse und Strategien in der Luxusgüterindustrie

Die aktuelle Pandemie hat vieles auf den Kopf gestellt, so auch die Luxusgüterindustrie. Aufgrund der Lockdowns mussten in vielen Ländern zeitweise Läden geschlossen werden, Reise­einschränkungen führten zu einem historischen Rückgang des für den Sektor wichtigen globalen Tourismus. Ob sich der Umsatz im Luxussektor bereits in diesem Jahr wieder vollständig erholen wird, ist unklar – angesichts des aktuellen Zu­stands der Weltwirtschaft könnte es bis Mitte 2022 oder gar 2023 dauern.

Neben diesen drastischen Einschränkungen für die Konsumenten hat die Pandemie auch als Kataly­sator für bestehende Trends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit gewirkt. Gerade im Luxus­segment war es bis vor Kurzem unvorstellbar, dass Onlineshops eine so grosse Rolle spielen könnten. Der Onlineabsatz hat sich im letzten Jahr bei vielen Marken ver­vielfacht. Ein entscheidender Erfolgs­faktor liegt in der Kommunikation mit dem Kunden: Das Kauferlebnis, die Exklusivität, die Emotionen und die persönliche Verbindung zur Marke und ihren Werten müssen so gut wie möglich auf die digitale Welt übertragen werden.

Dies gelingt unter anderem durch die Nutzung von Daten aus sozialen Netzwerken und die Kombination aus physischen und digitalen Erlebnissen in den Läden – beispielsweise können Kollek­tionen mit Touchscreens und Virtual Reality ergänzt werden. Im digitalen Bereich kommen vermehrt virtuelle (Styling-)Assistenten, virtuelle Privat­besichtigungen oder Livestream-Events mit Kaufoption zum Einsatz. Unsere Umfrageergebnisse unter Führungskräften aus der Uhrenindustrie haben jedoch gezeigt, dass physische Läden auch in Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen werden. Während die Digitalisierung quasi gezwungener­massen beschleunigt wurde, führte die Pandemie gemäss verschiedenen Studien insbesondere bei der Generation Z und den Millennials zu einem stärkeren Bedürfnis nach Nachhaltigkeit und zur Fokus­sierung auf lokale Produkte. Die Modeindustrie steht bei diesem Thema als eine der Hauptverursacherinnen von CO2-Emissionen und Mikroplastik häufig in der Kritik. Für den Luxusbereich ist diese Kritik jedoch auch eine Chance, denn qualitativ hochwertige Produkte haben eine längere Lebensdauer und können somit der Verschwendung von „Fast Fashion“ entgegenwirken. In der Luxusgüterindustrie sieht man dies anhand verschiedener Trends wie Pre-owned, Circular Fashion oder Upcycling.

Karine Szegedi
...ist Mitglied der Geschäftsleitung von Deloitte Schweiz und dort für die Schweizer Konsumgüterindustrie verantwortlich.

Letztes Jahr kam etwa „Gucci Off The Grid“ heraus, eine Kollektion von Accessoires und Streetwear aus recycelten, organischen und nachhaltig beschafften Materialien; Unter­neh­men der Kering-Gruppe und Stella McCartney arbeiten an der Entwicklung von Produkten aus Mylo, einem lederähnlichen Material aus Pilzen. Heutzutage gehören Unikate aus übrig geblie­benen Materi­alien zu den begehrtesten Stücken, gebrauchte Luxusuhren erreichen bei Auktionen Rekordpreise. Obwohl Nachhaltigkeit und Luxus nicht zu 100 % vereinbar sind, da Luxus meist auch mit unnötigem Konsum einhergeht, sind in der Branche klare Anstrengungen feststellbar. Die Marken müssen mit ihrer Nachhaltigkeits­strategie aber vorsichtig sein: Wenn diese sich nicht authentisch anfühlt und nur für Werbe­zwecke dient, wird sie nämlich scheitern.

 

Gastkommentar: Karine Szegedi
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.

Dieser Gastkommentar erschien in unserer Ausgabe 4–21 zum Thema „Geld“.

 

Forbes Contributor

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