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Mit ihrer Initiative We Bloom will Hilda Liswani eine Brücke bauen – zwischen Investoren auf der einen und afrikanischen Unternehmerinnen auf der anderen Seite.
Hilda Liswani kennt beide Welten: Im Lebenslauf der NGO-Gründerin finden sich Stationen bei Siemens, der Mastercard Foundation sowie der Europäischen Union – doch egal, wo sie tätig war, der gemeinnützige Impact begleitet sie ihr ganzes (Berufs-)Leben. Als Beraterin des Europäischen Auswärtigen Dienstes arbeitete sie an der Stärkung der Partnerschaft zwischen der EU und der Afrikanischen Union; bei Mastercard war ihr Ziel, eine auf zehn Jahre ausgelegte Strategie zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit in Afrika zu entwickeln.
Heute ist Liswani jedoch überzeugt, ausserhalb von Grosskonzernen mehr erreichen zu können: „In grossen Organisationen gibt es eine Menge bürokratischer Hürden, die echter Veränderung im Weg stehen. Ich habe selbst erlebt, dass es eine grosse Diskrepanz zwischen der Mission und dem, was tatsächlich vor Ort passiert, gibt.“ Dabei zweifelt sie nicht an der guten Intention grosser Organisationen – das Problem liege einfach an deren Grösse. Der Status quo wird aufrechterhalten, da stets in jene Unternehmen investiert wird, die schon Netzwerke und eine bestimmte Grösse haben. Liswani merkte in ihrer Beratungstätigkeit, dass ausländische Organisationen zu selten in einheimische Unternehmer investieren. Dazu kommt eine weitere Diskrepanz – es wird oft in männliche Unternehmer investiert, Frauen werden vernachlässigt. Laut der Afrikanischen Entwicklungsbank beträgt der Investment Gap zwischen weiblichen und männlichen Gründern in Afrika satte 42 Milliarden US-$. Um dem entgegenzuwirken, gründete Liswani 2019 die gemeinnützige Organisation We Bloom Africa – sie unterstützt und fördert von Frauen geführte afrikanische Unternehmen.
Somit stellt sich We Bloom als Vermittler auf, um Investoren mit afrikanischen Unternehmerinnen zu verbinden. Dabei geht es laut Liswani nicht um Philanthropie, sondern um profitorientiertes Investieren, das aber zugleich positive Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft erzielen soll: „Beim Impact Investing geht es darum, Organisationen und Initiativen zu betrachten, die ein solides Finanzmodell besitzen, aber auch Impact erzielen. Die Kombination dieser beiden Faktoren stellt sicher, dass die Wirkung auch von Dauer ist“, erklärt Liswani. Im Gegensatz zu anderen will We Bloom also nicht in das bestehende Ökosystem investieren, sondern es erweitern.
Dabei verfolgt die Organisation einen regionalen Ansatz. Mit den sogenannten We Bloom Hubs agiert man vor Ort, um Unternehmerinnen in das Innovationsökosystem zu integrieren und mit ihnen gemeinsam massgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten. Bis jetzt gibt es insgesamt drei Hubs – in Tansania, Kenia und Ghana. Der Reiz an Afrika sei, so Liswani, dass der Kontinent noch nicht erkundet ist: „Afrika ist das neue Ziel für Investitionen, weil es ein so breites Feld an Möglichkeiten gibt. We Blooms Mission ist es, sicherzustellen, dass Frauen einen Platz am Tisch bekommen.“ Einem Bericht des Thinktanks Overseas Development Institute (ODI) zufolge ist Afrika die lukrativste Region der Welt: Im Jahr 2019 hatte der Kontinent den höchsten Return on Investment (ROI) für ausländische Direktinvestitionen (FDI), konkret 6,5 % – in Südamerika betrug der Wert 6,2 %.
Ab Juni 2021 startet Liswani eine weitere Säule: We Bloom Voices. Das digitale Medium soll die Geschichten von weiblichem Unternehmertum in Afrika erzählen. Mit den drei Initiativen We Bloom Investors, We Bloom Hubs und We Bloom Voices will Liswani Afrikas Impact-Ökosystem diverser und inklusiver gestalten.
Hilda Liswani
... studierte Internationale Beziehungen an der University of London. Derzeit ist sie als Sustainability Engagement Manager an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) tätig und zugleich Leiterin der von ihr gegründeten gemeinnützigen Initiative We Bloom Africa.
Ursprünglich stammt Liswani aus Namibia. Da ihre beiden Eltern Diplomaten waren, wuchs sie aber überall auf: Zuerst in Südafrika, die Schule schloss sie dann in Äthiopien ab, bevor sie schlussendlich in Grossbritannien landete, wo sie Internationale Beziehungen studierte. Zu ihrer Kindheit als mittleres von drei Geschwistern sagt Liswani heute: „Als wir klein waren, haben wir unseren Eltern diesen Lebensstil wirklich übel genommen. Man war immer das neue Kind in der Schule, musste immer wieder neu anfangen. Aber im Nachhinein hat es uns wirklich geholfen und uns geprägt – wir wurden sehr anpassungsfähig und es entfachte eine Menge Neugier in uns.“ Doch im Wettbewerb mit ihren Geschwistern wurde auch Liswanis Ehrgeiz geweckt. Sie war und ist eine passionierte Schwimmerin und dachte über eine Karriere im Profisport nach. „Sport half mir, den Wert harter Arbeit zu erkennen. Man sieht direkt die Früchte seiner Arbeit – das ist etwas, das ich bis heute mit mir trage“, sagt sie. Doch selbst als Diplomatenkind waren
die sozialen Probleme um sie herum nicht zu übersehen. Mit We Bloom kann sie nun ihren Teil beitragen, diese zu beheben.
Ihr ambitioniertes Ziel ist es, das Narrativ rund um das Investieren in Afrika zu verändern: „Oft dreht sich die Diskussion über Investitionen in Afrika um Entwicklungshilfe. Aber das ist nicht die Lösung – viele afrikanische Regierungen werden zu bequem und investieren nicht mehr in Gesundheit oder Bildung, weil sie wissen, dass Hilfsgelder kommen“, erklärt Liswani. Um diesen Zyklus der Abhängigkeit zu durchbrechen, braucht es Investitionen in regionale Innovation, um Kapazitäten vor Ort aufzubauen. Für die Zukunft hofft die „Under 30“-Listmakerin, dass Erfolgsgeschichten von afrikanischen Unternehmerinnen schon bald keine Seltenheit mehr sind: „Heute feiern wir jede Geschichte – hoffentlich kommen wir an einen Punkt, an dem wir sie nicht mehr so feiern müssen, weil sie normal geworden sind. Aber da haben wir noch einen langen Weg vor uns.“
Text: Sophie Spiegelberger
Fotos: beigestellt
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 4–21 zum Thema „Geld“.