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Ökologisch, ökonomisch und sozial – unter diesen drei Perspektiven lebt die Silhouette Group ihre Nachhaltigkeitsstrategie. CMO Michael Schmied und COO Thomas Windischbauer über moderne Markenführung, transparente Lieferketten und die Zukunftspläne des Familienunternehmens.
Seit 1964 lebt die Silhouette Group das Thema Nachhaltigkeit – obwohl es den Begriff in dieser Form bei der Unternehmensgründung noch gar nicht gab. Warum haben Sie sich diesem Thema von Anfang an verschrieben?
Michael Schmied (MS): Als Familienunternehmen denken wir langfristig und behalten immer auch die Zukunft unseres Planeten im Auge – denn was bringt uns die beste Premiumbrille, wenn es keine schöne Natur mehr gibt, die man damit bewundern kann? Daher wirtschaften wir verantwortungsbewusst. Wir wollen mit unseren Innovationen immer wieder neue und nachhaltige Lösungen finden, die auch den Planeten entlasten. Das war stets Teil unserer Unternehmensphilosophie, und unser Anspruch an das Gütesiegel „Made in Austria“. Unser Produktionsstandort liegt ausserdem in einem Wasserschutzgebiet – höchste Achtung gegenüber der Umwelt war dementsprechend von Beginn an in unserer DNA verwurzelt.
Eine Familie ist ja von sich aus ein nachhaltiges Konstrukt, das naturgemäss von Generation zu Generation und nicht von Bilanz zu Bilanz denken muss. Unsere finanzielle Unabhängigkeit erlaubte es uns, über Jahrzehnte hinweg eigenständige Entscheidungen zu treffen und verantwortungsbewusst zu handeln, statt uns nur auf schnelle Profite zu konzentrieren.
Die Erreichung der vollständigen CO2-Neutralität – mit Kompensation – im Jahr 2022 war ein Meilenstein für das Unternehmen. Wie viel Ihrer CO2-Emissionen kompensieren Sie heute, und wie?
MS: Unsere Brillenproduktion ist seit September 2022 CO2-neutral – mit Kompensation. Wir haben also frühzeitig ein Ziel erreicht, das sich andere Unternehmen erst für das Jahr 2030 vorgenommen haben. Nun haben wir uns bereits das nächste gesteckt: eine CO2-neutrale Brillenproduktion ohne externe Kompensation. Das wollen wir bis 2027 schaffen.
Thomas Windischbauer (TW): Wir gehen das Thema Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven und vor allem auch ganzheitlich an. Dabei können sich unsere Erfolge wirklich sehen lassen: 2015 lag unser CO2-Ausstoss bei 4.850 Tonnen, 2022 war es dann nur noch die Hälfte davon. Die verbleibenden Emissionen kompensieren wir, indem wir Zertifikate von sogenannten Gold-Standard-Projekten erwerben – also von Projekten, die nachweislich zur Reduktion von Treibhausgasen führen und vor Ort gut für die Umwelt sowie die Bevölkerung sind. Vertrauen ist für uns zentral – deshalb lassen wir unsere jährliche CO2-Bilanz auch von unabhängigen Dritten überprüfen.
MS: Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch unsere Eigenstrominitiative: Der beste Strom ist der, den man selbst produziert. Bis Ende 2024 werden auf allen bebaubaren Dachflächen unserer Produktionsgebäude Photovoltaikanlagen installiert sein. Den produzierten Strom verwenden wir zu 100 % für unsere Brillenproduktion. Mit über 1,3 Mio. kWh eigens produziertem Ökostrom pro Jahr decken wir rund 15 % unseres Energiebedarfs; den restlichen Bedarf decken wir durch Zukauf, mit einem CO2-freien, nachhaltigen und umweltfreundlichen Ökostrommix.
Mit zwei eigenen Abwasserreinigungsanlagen bereiten wir zudem täglich rund 104.000 Liter Wasser auf und führen dieses Wasser mehrmals in den Produktionskreislauf zurück. So sparen wir 50 % des für die Produktion einer Brille benötigten Frischwassers ein.
Wir sind sehr stolz, dass unsere Produkte das Siegel ‚Made in Austria‘ tragen.“
Thomas Windischbauer, COO Silhouette Group
Nachhaltigkeit zeigt sich in mehreren Aspekten: ökologisch, sozial und ökonomisch. Deckt die Silhouette Group alle diese Bereiche ab? Und wie verweben Sie die UN-Nachhaltigkeitsziele in Ihr Geschäftsmodell?
TW: Die SDGs – die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen – bilden das Fundament unserer CSR-Strategie. Auf diese Weise wollen wir nicht nur unseren Einfluss auf die Umwelt reduzieren, sondern auch neue Ideen ermöglichen. Aus den 17 möglichen Handlungsfeldern haben wir zehn ausgewählt, die am besten zu unserem Tätigkeitsfeld passen. Diese sind ausgewogen über alle drei Säulen – ökologisch, sozial und ökonomisch – verteilt.
Wir setzen jährliche Fokusthemen, treiben aber Projekte in allen drei Bereichen voran. In den letzten Jahren lag unser Fokus auf sauberem Wasser und sauberer Energie. Und: Wir wollen verstärkt Initiativen im Bereich Geschlechtergleichheit starten. Für uns ist Vielfalt enorm wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Alle Menschen erfahren unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter oder sexueller Orientierung die gleiche Wertschätzung. Daher ist die Silhouette Group auch Unterzeichnerin der Charta der Vielfalt. Zudem haben wir im Unternehmen einen eigenen Code of Conduct als unseren zentralen ethischen Leitfaden für das tägliche Handeln.
MS: Zum Thema Geschlechtergleichheit möchte ich noch ergänzen, dass das Unternehmen gleichberechtigt von meiner Grossmutter und meinem Grossvater gegründet wurde. Die wichtigste Mitarbeiterin war eine Designerin – 1964 auch keine Selbstverständlichkeit.
Wie sieht denn „grüner Erfolg“ für Sie aus? Kann Nachhaltigkeit lukrativ sein?
MS: Ein grüner Erfolg ist für uns dann erreicht, wenn ein CSR-Projekt nicht nur abgeschlossen ist, sondern dauerhaft in die Unternehmensprozesse einfliesst. Mit dieser Herangehensweise haben wir es geschafft, 2021 das EMAS-Zertifikat (Eco-
Management and Audit Scheme der Europäischen Kommission, Anm.) zu erhalten. Wir sind der einzige europäische Brillenproduzent mit dieser Zertifizierung. Das Zertifikat belegt einen ausgezeichneten systematischen Umweltschutz, der die gesetzlichen Standards weit übertrifft; das beweist, dass hinter unserer CSR-Kommunikation belegbare Aktionen stecken und wir somit europaweit über das beste Umweltmanagement im Brillensegment verfügen. In Österreich können gerade einmal 300 Organisationen dieses Zertifikat vorweisen.
TW: Auch das Siegel „Made in Austria“ freut uns sehr. Trotz unseres internationalen Erfolgs sind wir bodenständig geblieben. Unsere Heimat ist und bleibt der Standort in Linz. Es war nie eine Option, unsere Produktion etwa nach Asien auszulagern.
Ein Grossteil der Silhouette-Lieferanten und -Agenturen hat seinen Standort in Österreich. Wieso dieser regionale Fokus?
MS: Die Silhouette Group ist global aktiv, wir haben aber eine Fertigungstiefe von 80 bis 85 % am Standort. Wir fördern ganz bewusst lokale Lieferanten und Partnerunternehmen. Von allen europäischen Unternehmen, die uns aktuell beliefern, stammen 70 % aus Österreich; lediglich ein sehr kleiner Prozentsatz ist ausserhalb Europas angesiedelt. Als die globalen Lieferketten während der Covid-Pandemie unter Druck gerieten, hat uns das somit nur am Rande berührt, da unsere Lieferkette eben sehr lokal aufgestellt ist.
TW: Wir profitieren von der Nähe, den kurzen Transportwegen und der daraus entstehenden Dynamik in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern. Gleichzeitig wollen wir wirtschaftlich nachhaltiges Wachstum im Land fördern.
Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Produktionsziel, sondern auch ein Kommunikationsinstrument. Wie kommen die Initiativen bei Ihren Kunden und Partnern an?
MS: Das Konsumentenverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Wir haben eine Bewegung in den digitalen Raum erlebt, mittlerweile spielt auch der nachhaltige Konsum eine immer wichtigere Rolle. Die Menschen erwarten Antworten von uns – nicht nur von der Politik, sondern auch von den Unternehmen.
TW: Bis vor Kurzem wurden Betriebe hauptsächlich als Wirtschaftstreiber wahrgenommen, das grösste Ziel war die Gewinnmaximierung. Heute geht es darum, einen positiven und starken Beitrag für eine lebenswerte Zukunft zu leisten. Wir wollen und müssen der Transparenz, die unsere Kunden von uns einfordern, nachkommen.
Design trifft bei der Silhouette Group auf Ökologie. Wie vereinen Sie kreative Innovation mit umweltbewussten Praktiken?
MS: Unsere Designmaxime lautet: Minimalismus und Leichtigkeit. Wir lieben Minimalismus aber eben auch, wenn es um den Konsum geht. Daher versuchen wir in allen Produktlinien unserer drei Marken Silhouette, evil eye und NEUBAU EYEWEAR, so wenig Material wie möglich einzusetzen und die Prozesse im Sinne einer effizienten Abfallvermeidung laufend zu verbessern. Dabei machen wir trotzdem nie Abstriche bei Qualität und Tragekomfort. Auch das Thema Recycling hat einen hohen Stellenwert: Wir versuchen, den Einsatz von Klebstoff zu vermeiden, um eine sortenreine Trennung der einzelnen Brillenbestandteile zu ermöglichen.
Da wir weiterhin die Grenzen des Möglichen verschieben, wenn es um Brillendesigns geht, sind die kommenden Kollektionen ein Beispiel für unser kontinuierliches Bestreben, unseren Kunden stilvolle Brillen von höchster Qualität anzubieten, aber gleichzeitig auch Entscheidungen zu treffen, die mit ihren Werten übereinstimmen und zu einer nachhaltigeren Welt beitragen.
Wenn Sie in die Zukunft blicken: Welche neuen Kapitel können wir von der Silhouette Group erwarten?
TW: Was wir schon verraten haben, ist unsere angestrebte CO2-Neutralität in der Brillenproduktion bis 2027 ohne externe Kompensation; und auch, dass unsere Produktpalette hinsichtlich nachhaltiger Materialien stetig weiter ausgebaut wird. Es stehen zudem Pläne im Bereich Brillenpräsentation am Point of Sale an. Ausserdem gibt es noch vieles mehr, das wir aktuell aber noch nicht verraten dürfen und möchten. Es bleibt spannend!
Wir sehen nachhaltiges Wirtschaften als Reise, die nie zu Ende sein wird. Deshalb ruhen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren aus, sondern setzen uns immer neue Ziele – für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.
Michael Schmied ist CMO der Silhouette Group. Er steht den Bereichen Design, Unternehmens-PR & Kommunikation sowie Digital Business vor. Zusätzlich trägt er die globale Verantwortung für die Marken Silhouette und evil eye. Als Enkel der Firmengründer verkörpert er die dritte Generation der Familie Schmied.
Thomas Windischbauer verantwortet als COO die Bereiche Technik, Produktion, Supply-Chain-Management, Forschung und Entwicklung, Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit. Zusätzlich ist er für die Marke NEUBAU EYEWEAR zuständig.
Fotos: Gianmaria Gava