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Mit „Mehr Geschäft“ gründeten Pascal und Jérémy Feyh eines der heute am schnellsten wachsenden Beratungsunternehmen Deutschlands. Das Ziel: In der Onlinemarketingszene mit Gurus und leeren Versprechungen aufräumen und den Kunden „echtes, ehrliches Unternehmertum“ beibringen.
Dass die beiden Interviewpartner Brüder sind, ist unschwer zu erkennen. „In der Schule hat man mich ständig mit Pascal verwechselt – und das, obwohl er 16 Jahre älter ist als ich. Er hat dort wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, so Jérémy, der jüngere der beiden Feyh-Brüder. Doch nicht nur familiär, auch geschäftlich sind Jérémy und Pascal Feyh verbunden, nämlich als Geschäftsführer des Beratungshauses Mehr Geschäft.
Das Plädoyer und der Anspruch der beiden: Ein Unternehmen ist eine kommerzielle und profitable Organisation, die auch ohne einen selbst funktionieren muss. „So gesehen ist ein eigenes Unternehmen das beste Vehikel auf diesem Planeten, um ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Wer nicht für seinen eigenen Traum arbeitet, arbeitet automatisch für den Traum von anderen – und tauscht Woche für Woche lediglich Zeit gegen Geld“, sagt Jérémy Feyh.
Pascal Feyh ist Seriengründer, seine Expertise trug massgeblich dazu bei, den Entschluss zur Gründung von Mehr Geschäft zu fassen: „Uns war von Anfang an klar, dass wir das anders angehen müssen. Wir kommen aus der Praxis und können einen echten Track Record vorweisen. Schnell und hektisch Geld zu verdienen und entspannt vom Strand aus ein ganzes Unternehmen aufzubauen war nie unsere Devise – und wird sie auch nie sein.“ Damit meint er vor allem auch die Konkurrenz am deutschen Markt. „Inspiriert und getrieben vom amerikanischen Onlinemarketing sah ich mir irgendwann die deutsche Szene an – und war schockiert: Leute, die mit leeren Phrasen um sich werfen, vor gemieteten Ferraris stehen und den Menschen das schnelle Geld versprechen. Zeitgleich wurde ich immer häufiger als Speaker zu Konferenzen eingeladen und nach Coachingmöglichkeiten gefragt.“
Die Brüder Pascal und Jérémy Feyh
... sind Geschäftsführer der Unternehmensberatung Mehr Geschäft. Während Pascal Feyh zuvor bereits zahlreiche Unternehmen im Bereich E-Commerce gründete, war Jérémy Feyh als Experte für Onlinemarketing tätig.
www.mehr-geschaeft.com
Einen Unternehmensaufbau als ein Zuckerschlecken darzustellen ist für die Feyhs die völlig falsche Herangehensweise. Und tatsächlich: Der Deutsche Start-up Monitor zeigt, dass nur eines von zehn Start-ups erfolgreich wird. Als Hauptgründe für ein Scheitern gelten fehlende Nachfrage am Markt, Liquiditätsmängel und Probleme in der Teamkonstellation. Auch sank die Zahl der Neugründungen in den letzten Jahren verglichen mit den Nullerjahren beachtlich: 2018 etwa gab es 547.000 Gründer in Deutschland, 2006 waren es noch weit über eine Million. Zudem scheitern mehr als 80 % der Start-ups in den ersten drei Jahren.
Aus Sicht der Feyhs ist Onlinemarketing heute einer der fundamentalsten Grundpfeiler für Unternehmen, die erfolgreich sein wollen. Die Mittel der Digitalisierung und ihr Potenzial werden aber nach wie vor von vielen Gründern nicht voll ausgeschöpft. „Selbstständig zu sein bedeutet aus unserer Sicht heute keineswegs mehr ‚selbst und ständig‘ – dafür klar skalierbar, mit einem Unternehmen, das auch für dich arbeitet“, sagt Pascal Feyh. Zu den zentralen Dienstleistungen von Mehr Geschäft zählt ebendieses Automatisieren, Digitalisieren und Optimieren von Prozessen, um den Menschen dahinter grösstmögliche Autonomie zu gewähren.
Beim Geschäftsaufbau mit ihrem Produkt „Business Builder“ liegt der Fokus auf Coachingsessions mit den beiden erfahrenen Gründern. Von Dienstleistungs- bis zu E-Commerce-Unternehmen sowie Coaches und Beratern zählt ein breites Spektrum zu den Kunden. Das Portfolio der Feyhs bedient sowohl den Neuaufbau von Firmen als auch den Ausbau bestehender Unternehmen. „Für Interessenten gibt es aber einen Kennenlernprozess. Das heisst: Wir nehmen nicht jeden auf. Wir lehnen mehr Anfragen ab, als wir in unsere Kundenkartei aufnehmen. Vor allem das Mindset und die Erwartungshaltung müssen sich mit unseren decken“, so Jérémy Feyh.
Dass insbesondere der Coachingmarkt derzeit boomt, wissen die beiden und empfehlen Jungunternehmern ohne klare Vision darum auch diese Branche. Denn aufgrund des niedrigen Investitionskapitals, der eigenen Lernerfahrung und potenziell sehr hohen Gewinnmargen sei diese Branche ideal geeignet. Ihr Ratschlag ist zudem, das eigene Angebot hochpreisig zu bewerben – etwa ab einem Preis von 1.000 € für Coachingpakete –, um bei einer Gewinnmarge von 500 € aufwärts zu landen. Studien wie etwa die Marburger Coachingstudie bestätigen den Anstieg der Nachfrage: In Deutschland lag das Marktvolumen im Bereich Coaching 2017 bei 550 Millionen €, 2019 waren es bereits 580 Millionen €. Seit dem Ende der letzten Wirtschaftskrise 2010 verzeichnete der Markt ein durchschnittliches jährliches Wachstum von rund 10 %.
Ein Unternehmen ist das beste Vehikel, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Aufgewachsen in Wuppertal war für Pascal Feyh nach dem Abitur klar, dass er schnell ins Tun kommen will. „Ich wusste: Ich muss mir selber etwas aufbauen. Für mich gibt es keine vorgefertigte Form, in die ich passe oder in die ich passen will“, sagt er. Bereits mit 21 Jahren gründete Feyh sein erstes Unternehmen. Dass die ersten Versuche mit Pleiten und bezahltem Lehrgeld einhergingen, gibt der Unternehmer schamlos zu.
Feyh versuchte sich in verschiedenen Branchen: von einer Vermittlungsagentur für künftige Franchisenehmer – Feyhs erster Pleite – bis hin zur Inhaberschaft einer Beautystudiokette mit 28 Filialen. Die Finanzkrise 2008 verhalf ihm unerwartet zum ersten E-Commerce-Shop. „Dies war mehr ein Glück im Unglück für mich. Während ich in dieses Unternehmen nahezu all mein Geld investierte und die nun nicht mehr skalierten, ging einer unserer Zulieferer pleite. Das insolvente Unternehmen für professionelle Kosmetikprodukte haben mein Geschäftspartner und ich aufgekauft und innerhalb von sechs Jahren zum Marktführer für Kosmetikprodukte im deutschen Versandhandel transformiert – MAHA Cosmetics“, so Feyh. Er hatte Blut geleckt, und mit mittlerweile ausreichend Erfahrung im Bereich E-Commerce angereichert dockte er an weitere Projekte an und gründete schliesslich ein Beteiligungsunternehmen. Besonders eingestaubte, analoge Handelsunternehmen, bei denen zumeist die Nachfolgerschaft ein Problem darstellte, kaufte er auf und verschob sie auf den digitalen Marktplatz. Staubsaugerbeutel, Dessous, Wohndekor und Nahrungsergänzungsmittel – irgendwann war so ziemlich alles in Feyhs Portfolio vertreten. Zu Spitzenzeiten erzielte er einen Jahresumsatz von 50 Millionen € und beschäftigte rund 130 Mitarbeiter. Zeitgleich spürte er in sich ein immer stärkeres Bedürfnis für einen beruflichen Neuanfang: „2015 verkaufte ich meine Anteile und sass vor einem weissen Blatt Papier.“
Die Geschichte seines Bruders verlief parallel dazu etwas anders ab: Jérémy Feyh war damals dabei, sein Abitur abzuschliessen, aber bereits genauso Experte für SEO und Onlinemarketing. „Mit 14 Jahren schenkte Pascal mir eine Website, bundesliga-fussball.com, und sagte zu mir: ‚Wenn du diese Seite mit optimierten Texten aufbaust und ein hohes Ranking bei Google erzielst, kannst du dir mit 18 Jahren dein Traumauto kaufen!‘“, lacht Jérémy Feyh. Immerhin: Zwischen 20 und 200 € im Monat verdiente er damals über AdSense. Viel wichtiger war aber der Ansporn: Feyhs Wunsch, sich autodidaktisch im Werbetexten und bei der Lead-Generierung zu verbessern, führte dazu, dass ihn Unternehmen engagierten. Dies ermöglichte Jérémy Feyh nach der Hochschulreife ein stetiges Einkommen. Er entschied sich dafür, die Welt zu erkunden, und lebte in bzw. bereiste Neuseeland und Kanada. Dies tat Jérémy Feyh bis zum Juli 2015, als ihm sein älterer Bruder schrieb: „Haben ein neues Büro in Dormagen – mach gerne mit, wenn du Lust hast.“
Das Dormagener Industriegebiet liegt zwischen Köln und Düsseldorf. „Die Umgebung spiegelt den damaligen Appetit wider: etwas aus dem Boden stampfen, etwas komplett Neues kreieren“, so Feyh.
2019 wurde Mehr Geschäft von der britischen Zeitung Financial Times auf der Liste der 1000 am schnellsten wachsenden Unternehmen Europas geführt. Auf der Liste der Wachstumschampions des Magazins Focus belegten die Feyhs in der Branchenkategorie den ersten Platz. Unter „Heldengeschichten“ sind auf der Website von Mehr Geschäft zahlreiche Kunden zu finden, die von ihren Erfolgserlebnissen durch die beiden Coaches erzählen – so etwa ein B2B-Unternehmer im Bereich Kosmetik- und Friseurbedarf, der seinen Umsatz durch die Unterstützung von Mehr Geschäft innerhalb von zwei Jahren von 600.000 € auf drei Millionen € skalierte.
Neben den beiden Unternehmerbrüdern steckt hinter der Marke ein 15-köpfiges Team. Das Portfolio wird mit einem Blog, einem Podcast und einem Youtube-Kanal komplementiert. Auf der Videoplattform hat das Unternehmen fast 50.000 Abonnenten. Einnahmequellen sind die Kanäle aber nicht: „Wir machen das, da es uns Spass macht und wir den Content, den wir über Videos oder Podcasts vermitteln, nicht als limitierte Quellen sehen, bei denen es für uns zu Engpässen kommen kann. Jeder kann durch Google heute seine Informationen beziehen, da brauchen wir unsere Inhalte auch nicht vor kostenlosen Plattformen zurückhalten. Der tatsächliche Mehrwert liegt in der Begleitung und im Schaffen eines Systems, sprich dem Coaching“, erklärt Pascal Feyh und meint damit konkret den „Business Builder“ von Mehr Geschäft.
Ziele und Hausnummern für die Zukunft haben sich die beiden, wie zu erwarten, nicht gesetzt. Mit Mehr Geschäft in den US-Markt zu expandieren reize sie aber schon.
Text: Chloé Lau
Fotos: Tillmann Franzen