MAGISCHE LINIEN

Was man alles erreichen kann, wenn man seinen Träumen folgt, zeigt Camillo Stepanek: Der Österreicher gab seine Karriere in der Wirtschaft auf und startete als Künstler durch. Mit Erfolg – sogar in New York.

„Ich will einmal auf mein Leben zurückschauen und sagen können: Ich habe New York künstlerisch mehr geprägt als New York mich“, ­antwortet der Österreicher ­Camillo Stepanek auf die Frage, was er mit seiner Kunst eigentlich erreichen möchte.

Dabei fing alles ganz anders an: New York war zu Beginn nur ein Fleck auf der Landkarte, Stepaneks Kunst nur ein Traum, den er bereits in seiner Kindheit begraben hatte: „In unserer Gesellschaft wird uns eingeredet, dass Träume nicht funktionieren. Dazu kam die Erwartungshaltung meiner Eltern bezüglich meiner beruflichen Karriere. Also habe ich Unternehmens­führung und Entrepreneurship studiert, sogar einen Master absolviert – obwohl ich bereits nach meinem Bachelor wusste, dass ich nicht weiter ignorieren kann, dass ich Künstler bin.“

Ein Kurzurlaub in New York habe ihn dann dazu bewegt, seinen Traum auszugraben, so Stepanek. Die Stadt sei extremer als andere Städte; jeder versuche, das Beste herauszuholen, was zu extrem viel Spannung führe. Gleichzeitig herrsche so aber auch viel Kreativität in der Metropole.

In New York nimmt Stepanek an zwei Kunstwettbewerben teil, kommt beide Male ins Finale. Zurück in Österreich findet er (scheinbar durch Zufall) seinen ganz eigenen Kunststil: Pop Art Nouveau – ein Stil, der Elemente aus Pop Art und Jugendstil kombiniert. „Ich habe damals in meinem Zimmer an die Holzdecke geschaut und war fasziniert von den magisch geschwungenen Linien der Natur – der Maserung des Holzes.“ Diese Linien sind bisher in all seinen Kunstwerken zu finden. Mit Schlagmetall legt er sie nach, Öl oder Acryl füllt die Zwischenräume.

Mittlerweile verkauft Stepanek seine Bilder um Summen im mittleren vier- oder fünfstelligen Bereich; 75 % der Werke über Vernissagen, einige fertigt er auch nach Aufträgen an. Der nächste Schritt ist eine Galerie in New York. „Ich denke, meine Bilder funktionieren in New York deshalb so gut, weil gerade New Yorker eine starke Sehnsucht nach Authentizität haben – was eben die Linien auf meinen Bildern ausmachen“, sagt Stepanek. Seine erste grössere Ausstellungsteilnahme fand jedoch nicht in New York statt, sondern im Hyatt Hotel im marokkanischen Agadir.

Mit einem Auto voller Kunstwerke fuhr er selbst mehrere Tage lang nach Marokko. Denn Logistikunternehmen wollten keine Kunst transportieren – schon gar nicht nach Afrika, so Stepanek. Seine erste ganz eigene Ausstellung fand in den Katakomben einer Kirche im New Yorker Stadtteil Soho statt. Eine Vernissage in einem Penthouse auf der Madison Avenue folgte.

Der Weg dorthin war jedoch alles andere als leicht. „Anfangs war es unheimlich schwer, ich wusste nicht, wie ich die Zeit überstehen soll, und ging – zumindest finanziell gesehen – auf volles Risiko. Ich hatte dabei das Urvertrauen, dass mich mein Traum tragen wird. Und das hat er“, erzählt Stepanek.

Auf seinem weiteren Weg möchte er sich innerhalb seines Kunststils weiterentwickeln. Der Faszination der magisch geformten Linien will er aber weiter treu bleiben.

Der Artikel ist in unserer Mai-Ausgabe 2019 „Europa“ erschienen.

Andrea Gläsemann,
Leitende Redakteurin

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