IDENTITÄTSCHECK

Delia König war früh klar, dass sie in der Techbranche landen würde. Beim Berliner Fintech Solaris Bank ist König heute für die „Identity Unit“ zuständig.

Wir kommen jetzt gerade in eine super­spannende Phase“, sagt ­Delia König begeistert, als wir sie nach der aktuellen Situation in ihrem Job fragen. Und tatsächlich ist Königs Arbeitgeber, das in Berlin ansässige Fintech Solaris Bank, gerade dabei, den nächsten grossen Schritt zu machen. Denn drei Jahre nach dem Erhalt der eigenen Banklizenz wurde das Unternehmen kürzlich im grossen Stil umstrukturiert, um auch bei wachsender Grösse innovativ und agil bleiben zu können. König: „Jetzt ist nämlich die Phase, wo wir richtig wachsen und skalieren.“

2016 gegründet, bietet die ­Solaris Bank eine neuartige Form des Bankings an, nämlich Banking as a Platform (BaaP). Somit können Partnerunternehmen sich die ­Produkte des Fintechs als „modulare Bausteine“ zukaufen und sie dann für die eigenen Geschäfte nutzen. Dabei will die Solaris Bank ­bessere Produkte anbieten, die insbesondere ­digitale Finanzdienstleistungen abdecken und einfach in das Port­folio bzw. in Webseiten und Apps der Banken ­integriert werden.

Das Besondere dabei: Potenziell jedes Unternehmen weltweit kann so zu einem Finanzdienstleister gemacht werden – so zumindest die Vision der Solaris Bank. Die Idee kommt an: Bisher sammelte das Berliner Start-up über 95 Millionen € von Investoren ein (darunter der in Zürich ansässige Venture-Capital-­Fonds Lakestar oder der US-KreditkartenrieseVisa).

Die Solaris Bank selbst unterteilt sich nach der Umstrukturierung in fünf Business Units, die allesamt crossfunktional agieren und an Produkten ausgerichtet sind. Dazu gehören Digital Banking, Payments, Balance Sheet, Blockchain Factory und Identity. Als ­Managing Director leitet Delia König Letzteres – und verantwortet damit jene Einheit, die sich vor allem mit dem bei Banken hochaktuellen Thema KYC („Know Your Customer“) beschäftigt.

Darunter wird eine für Kredit­institute verpflichtende Legitimationsprüfung von Neukunden verstanden, um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu ver­hindern. So mussten Neukunden bisher etwa Personendaten oder Geschäftsdaten persönlich in der Bankfiliale offenlegen, wenn sie ein Bankkonto eröffnen wollten.

Ziel des Ende 2018 gegründeten Identity-Bereichs der Solaris Bank ist es, diesen Identifizierungs­prozess zu vereinfachen und zu beschleunigen. Als erstes Produkt hat das Berliner Fintech eine digitale KYC-Plattform erstellt: Damit können Unternehmen eine Vielzahl von Komponenten als White-Label-­Lösung für die digitale Identifi­kation von Geschäfts- und Privatkunden erwerben. Die Prüfungen sollen in ein paar Minuten abgeschlossen sein und rechtliche Konformität mit dem (deutschen) Geldwäschegesetz bieten.

Kürzlich konnte König etwa vier Institute der Volksbanken-­Gruppe als neue Kunden gewinnen. Dabei ist die Solaris Bank ­insofern ein Einzelfall, als man KYC als eigen­ständiges Produkt anbietet. König: „In der Regel ­konkurrieren wir mit dem Onboarding-­Prozess der traditionellen Banken. Als Stand-alone-Produkt bieten gar nicht so viele Unternehmen Iden­tifikationslösungen an.“

Einer der Partner für die KYC-Lösungen im Geschäfts­kundensegment ist das Start-up ­Penta. Dieses befindet sich ebenso wie die Solaris Bank im Port­folio der Fintech-Plattform Finleap. Das selbst ernannte „führende Fintech-Ökosystem Europas“ konnte ­bisher 16 Start-ups aufbauen.

Delia König, Solaris Bank 2

Delia König
... wuchs in Essen auf, bevor sie an die Universität Münster ging, um Informationssysteme zu studieren. Sie absolvierte einen Master in Digital Banking in den USA und startete ihre Karriere beim Beratungshaus Zeb Consulting. Seit 2016 ist sie bei der Solaris Bank tätig, seit 2018 als Managing Director der Identity Unit.

800 Be­schäftigte arbeiten in der Finleap-­Gruppe, 14 Fin- und ­Insurtechs befinden sich derzeit im Portfolio. Penta wurde Anfang ­April von Finleap zugekauft. Eine Verbindung zwischen Penta und der Solaris Bank gibt es noch in einem weiteren Punkt: Anfang Juni wurde Marko Wenthin zum ­neuen Chef von Penta bestellt, also einer der ehemaligen Mitgründer der Solaris Bank. Wenthin war vergangenes Jahr bei der Solaris Bank ausgeschieden.

Die Grösse und Maturität der Solaris Bank bringt für Königs Arbeit Vor- und Nachteile: „Dass wir eine deutsche Bankenlizenz haben, schafft bei unseren Partnern viel Vertrauen, da sie wissen, dass wir stark reguliert sind. Es bringt aber auch Herausforderungen mit sich, denn im europäischen Ausland herrschen teilweise vereinfachte Anforderungen an Kundenidentifikationen. Damit haben die deutschen Banken einen gewissen Nachteil ­gegenüber anderen europäischen Anbietern“, sagt König. Überhaupt liegt die grösste Hürde auf der Ebene der Nationalstaaten, denn Kundendaten können im EU-Raum in den meisten Fällen weder grenzüberschreitend noch digital einheitlich erfasst und verwendet werden. Dies werde durch bislang unterschiedliche nationale Vorschriften und Standards verhindert, wie Andreas Krautscheid, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, 2018 kritisierte.

Die Anforderungen an die ­Veri­fizierung und Wiederverwendbarkeit der zu erhebenden Daten ­seien unterschiedlich ausgestaltet. Dies habe zur Folge, dass jedes Mal, wenn eine neue Geschäftsbeziehung eingegangen werden soll, der Betreffende den gesamten KYC-Prozess neu durchlaufen müsse. Als Beispiel: In Deutschland kann ein Führerschein nicht zur Identifizierung ­einer Person im Rahmen des Geldwäschegesetzes herangezogen ­werden, in Österreich und Gross­britannien hingegen schon. ­König sieht diese Komplexität aber auch als Chance: „Die Regulatorik in ­diesem ­Bereich ist wahnsinnig ­komplex. Wir ­haben ein Produkt geschaffen, das aus ­dieser Komplexität einen ­einfachen Prozess macht, der ­compliant ist und Mehrwert für die Nutzer ­bietet“, sagt König.

Dass sie in einem Tech-­Unternehmen gelandet ist, ist für König nicht allzu überraschend: „Technik und IT waren immer schon mein Steckenpferd.“ Nach dem Studium der Informations­systeme in Münster – geboren und aufgewachsen ist König in Essen – ging sie ans Stevens Institute of Technology in New York, um den Master in Digital Banking zu absolvieren. Sie startete ihre berufliche ­Karriere als IT-Beraterin bei der auf Finanzinstitute fokussierten Unternehmensberatung Zeb Consulting in München. Danach wurde sie selbst unternehmerisch tätig und ­gründete 2013 Contelligence – mit Anfang 20. Nach zwei Jahren wechselte sie dann zu Bergfürst, dem damals ersten deutschen Start-up mit einer Banklizenz, als Produktmanagerin. Ende 2016 wechselte sie zur Solaris Bank, im September 2018 stieg sie zum Managing Director der Identity Unit auf. In ihrer Einheit sind rund 15 Mitarbeiter tätig, zudem ist König ­Mitglied der erweiterten Geschäfts­führung des Fintechs, das insgesamt rund 240 Mitarbeiter beschäftigt. In ihrer Unit will König zum grösseren Erfolg beitragen, denn bereits nächstes Jahr, 2020, will die Solaris Bank schwarze Zahlen schreiben.

König wünscht sich eine ­en­gere Zusammenarbeit zwischen Banken, Regulatoren und Start-ups; auch, weil die technologischen Herausforderungen die Komplexität erhöhen dürften, Stichwort Blockchain. Die Technologie wird als nächster Schritt für KYC-Prozesse gesehen. König: „Blockchain ist eine Technologie, die wir in Zukunft sicher in ganz vielen Bereichen sehen werden. Das Angebot und das regulatorische Umfeld sind aber noch nicht an einem Punkt, an dem wir über ­digitale Identitäten im Bankenwesen nachdenken können. Da kommen wir hoffentlich hin, aber da sind wir noch nicht.“

Delia König ist ein Mitglied der Forbes DACH 30 Under 30-Liste 2019. Mehr über Delia König lesen.

Der Artikel ist in unserer Juni-Ausgabe 2019 „30 Under 30“ erschienen.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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