grammatik für alle

Als Dominik Klepek sein Unternehmen gründen wollte, war er 15 Jahre alt. Sechs Monate lang musste er sich mit dem deutschen Familiengericht herumschlagen, um die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit zu erhalten und gründen zu dürfen. Heute lernen mit seiner App Grammario rund 5.000 aktive Nutzer Deutsch – und Klepek möchte dieses Jahr seine erste Finanzierungsrunde angehen.

Eigentlich wollte Dominik ­Klepek eine Spieleentwicklungsfirma gründen. Mit acht Jahren brachte sich der Deutsche selbst das Programmieren bei, bald setzte er erste kleine Projekte um – nicht, weil er Aufträge hatte, sondern aus eigenem Interesse. „Das Spieleentwickeln fand ich immer cool, ich habe auch selbst Videospiele gespielt“, sagt Klepek im Videogespräch. Er trägt einen schwarzen Hoodie und grosse Kopfhörer, seine Haare sind hoch­gegelt. Sein virtueller Hintergrund ist ein grelles Blau, darauf sind Screenshots seiner App zu ­sehen, wie auch ihr Name.

Statt Videospielen hat Klepek Grammario entwickelt, eine Lern-App für die deutsche Sprache, und ein kleines Unternehmen um die App herum aufgebaut. Der Weg zur Unternehmensgründung war für ihn nicht leicht: Weil er noch nicht volljährig war, musste Klepek erst am Familiengericht vorbei. Heute hat Grammario 5.000 monatliche Nutzer überall auf der Welt, und Klepek möchte in den nächsten Monaten seine erste Finanzierungsrunde angehen.

Profitabel sei das Unter­nehmen, so ­Klepek, „noch nicht ganz“ – und der Markt der deutschen E-Learning-Plattformen ist ziemlich voll. Eine Umfrage aus dem Jahr 2023 listet die 20 bekanntesten Marken auf; nicht alle davon sind Sprachlern-Plattformen, aber ganz oben stehen Babbel (mit Abstand Platz eins) und Duolingo, beides Programme, die ihren Nutzern ­Sprachen beibringen wollen. Zugegebenermassen ist Grammario auch deutlich jünger als die Konkurrenz – aber wodurch möchte das Start-up herausstechen? Und wie möchte Klepek mit seiner App Geld ver­dienen?

Die Idee zu Grammario kam dem damals 15-jährigen Klepek durch seine Mutter, die aus ­Polen stammt. „Sie lebt schon viele Jahre in Deutschland und hat sich Deutsch selbst beigebracht“, so Klepek über seine Mutter, die in der IT-Branche arbeitet. „Aber die ­Feinheiten der deutschen Grammatik und Rechtschreibung belasten sie. Und das sehe ich auch bei vielen Muttersprachlern.“ Die Idee von Grammario ist, diese „Problemchen“ spielerisch zu beseitigen.

Der Under 30-Listmaker sieht seine App als eine ideale Ergänzung zu einem Deutschkurs: „Ein Sprachlehrer mit 20 Schülern kann nur schwer jeden individuell abholen. Deswegen macht hier eine digitale Lösung am meisten Sinn.“ Nutzern werden Übungen in den ­Bereichen vorgeschlagen, in denen sie die meisten Fehler machen. Ähnlich wie beim Konkurrenten Duolingo sind diese Übungen in Form von Mini­spielen aufgebaut.

Grammario kam im Jahr 2019 auf den Markt. Ende 2022 wurde die erste Smartphone-App gelauncht.

Klepek ging nebenbei noch zur Schule, während er in seiner Freizeit an der App bastelte. Um die App auch veröffent­lichen zu können, musste sich Klepek selbstständig machen. Seine Eltern hat das weniger gestört als das deutsche Familiengericht, wo er die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit beantragen musste. Klepek beschreibt gerne, wie aufwendig der Prozess war – in fast jedem ­Artikel über den Gründer liest man auch über seine Mühen mit der Bürokratie. Bei einer Anhörung wurde er „durchlöchert“, sagt der Jungunternehmer. Thema war: „Warum man denn jetzt hier solche Ambitionen hat – das darf man ja nicht haben, so jung. So ein bisschen fühlte sich das an.“ Nach sechs Monaten erlaubte das Gericht Klepek, seine Firma zu gründen.

Die erste Version von Grammario kam 2019 auf den Markt. ­Damals war das Programm nur eine Web-App. Klepek entwickelte die An­wendung weiter, im Dezember 2022 wurde die erste Smartphone-App gelauncht. Der Gründer hatte mittlerweile, gemeinsam mit Georg Reifferscheid, eine zweite Firma gegründet – diesmal eine Unternehmergesellschaft, damit das Team auch Investoren an Bord ­holen kann.

Den Unterschied zur Kon­kurrenz erklärt Klepek so: „Duolingo und Babbel sind darauf ausgerichtet, dass Nutzer eine ­Sprache sprechen lernen – also dass sie den Wortschatz lernen und Konversa­tionen haben können.“ ­Grammario hingegen sei – wenig ­überraschend – auf die Grammatik fokussiert. Die Aussprache und das Vokabellernen kommen zwar vor, stehen aber im Hintergrund. Anders als bei Duolingo und Babbel ist auch, dass Grammario nur für Deutsch verfügbar ist.

Die App wurde fast 40.000 Mal heruntergeladen, rund 5.000 Nutzer verwenden sie zumindest einmal im Monat. Viele der Funktionen sind gratis, für manche müssen Nutzer aber die Premium-Version kaufen, die zwischen 6,99 und 11,99 € pro Monat kostet. Zum Vergleich: Für Babbel zahlen Nutzer monatlich zwischen 6,99 und 9,99 €. Laut Klepek entscheiden sich rund 2 % der Grammario-Nutzer dafür, zu bezahlen. Um sein Unternehmen profi­tabel zu machen, möchte Klepek ­einerseits Nutzer mit billigeren Preisen anziehen und andererseits mehr von ihnen für die Premium-Features begeistern.

An Schulen richtet sich das Unternehmen noch nicht, auch wenn Klepek kürzlich über 1.000 Lizenzen an eine Schule verkauft hat. Er sagt: „Gerade ist der Fokus eher auf B2C. Wir wollen auch noch das ­Produkt verbessern und dann mit einem guten Modell an B2B-Insti­tutionen rangehen.“ Klepek und sein Mitgründer sind etwa im Gespräch mit einer „ziemlich grossen Deutschsprachschulkette“.

Bis jetzt habe Grammario rund 30.000 € aufgenommen, sagt Klepek, abgesehen davon ist das Unternehmen geboot­strappt. 2021 gewann er den Wettbewerb „Startup Teens“ und erhielt ein Preisgeld von 10.000 €, ausserdem erhielt das Start-up eine Förderung einer Stiftung, die sich mit der deutschen Sprache beschäftigt, und eine „kleinere Summe“ in Form eines Gründungsstipendiums des deutschen Bunds. Doch „das Thema Investoren wird gegen Ende des Jahres noch eine grössere Rolle spielen“, so Klepek. Ist die Finanzierungsrunde erfolgreich, möchte er sein Team erweitern (Grammario hatte bereits Angestellte, Klepek und sein Mitgründer mussten das Team aber wieder minimieren). Insbesondere möchte sich Klepek weniger auf die Entwicklung der App ­konzentrieren und mehr die klassische CEO-Rolle einnehmen. Vor allem aber möchte er die weitere Strategie von Grammario im Detail ausdefinieren – um in ­Zukunft noch mehr Menschen die ­Feinheiten der deutschen Grammatik näherzubringen.

Dominik Klepek brachte sich mit acht Jahren das Programmieren selbst bei. Als er 15 war, hatte er die Idee für Grammario, eine App, mit der Nutzer die Feinheiten der deutschen Sprache erlernen können. Heute ist Klepek 21 Jahre alt und studiert neben seinem Business Wirtschaftsinformatik.

Fotos: Grammario

Erik Fleischmann,
Redakteur

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