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In den Kundengesprächen von Banken dominieren bis heute oft stereotype Rollenbilder. Die Münchener Privatbank Merck Finck will mit der Initiative „FORHER“ gezielt eine weibliche Kundschaft ansprechen und über verschiedene Formate das nötige Wissen vermitteln, selbstbewusste Finanzentscheidungen zu treffen. Wie das geht und was schon passiert ist, erzählt Kundenberaterin Marie Steenbock, die die Initiative gemeinsam mit Martina Uchtmann bei Merck Finck verantworten.
Die Zahlen sind relativ eindeutig: 13 % weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen bekommen Frauen in der Europäischen Union laut Eurostat für die gleiche Arbeit. Das wirkt sich direkt auf den Gender Pension Gap aus: Die OECD hat errechnet, dass Frauen 30 % weniger Rente als Männer erhalten. Und auch in Sachen Investieren sind Frauen hintennach, denn sie investieren in der Regel seltener und wenn, weniger Geld als Männer. 67 % der Frauen haben laut dem US-Finanzdienstleister Fidelity das Gefühl, nicht genug über Geldanlagen zu wissen – zudem sind Frauen von Natur aus risikoaverser und kritischer, ihr Geld in Finanzmärkte oder sonstige Assetklassen zu investieren.
Dabei zeigt sich, dass Frauen, wenn sie investieren, dies sogar besser machen als Männer. Je nach Studie erzielen von Frauen verwaltete Portfolios bis zu 2 % mehr Rendite – das ist doch sehr signifikant. Dass die eigene Kundschaft mehrheitlich männlich ist, fiel auch Marie Steenbock, Kundenberaterin bei Merck Finck, auf. „Man merkt in Beratungsgesprächen häufig, dass das Rollenbild festgelegt ist – der Mann hat den überwiegenden Gesprächsanteil, die Frau sitzt oft still daneben“, so Steenbock. Sie erkannte, gemeinsam mit einigen Kolleginnen, dass das ein grosses Potenzial für die Münchener Privatbank biete. Doch um für vermögende Frauen auch wirklich als Bank interessant zu sein, musste man sich mehr einfallen lassen als nur einen Werbespot.
Also gründete Steenbock mit einigen Kolleginnen die Initiative „FORHER“, die mithilfe von Events und exklusiven Treffen Finanzwissen vermittelt, um so nicht nur Kundinnen anzusprechen, sondern auch einen Beitrag zur Aufklärung von Frauen zu leisten. Steenbock: „Wir wollen das Finanzwissen von Frauen stärken und sie zu selbstbestimmten Entscheidungen ermutigen“, erklärt sie. FORHER setzt daher auf eine Kombination aus Finanzbildung und Networking, um Frauen für Finanzthemen zu begeistern und ihnen das nötige Wissen an die Hand zu geben.
Die Initiative ist Teil eines grösseren Wandels bei Merck Finck, die Teil der paneuropäischen Privatbankgruppe Quintet Private Bank ist. Der Anteil der Frauen bei Merck Finck liegt heute bereits bei knapp 50 %, auch wenn sich das auf Managementebene noch nicht zu 100 % widerspiegelt. Bei den Kunden liegt der Schnitt hingegen eher bei 70 % zu 30 % (Männer zu Frauen). Doch manche Standorte haben noch weniger Kundinnen. „In Hamburg, wo ich meine Kunden berate, sind nur rund 20 Prozent unserer Kundschaft weiblich“, sagt die Beraterin. Doch nachdem zahlreiche Unternehmerinnen, Anwältinnen, Ärztinnen oder auch Erbinnen verstärkt Interesse daran zeigen, ihr Vermögen optimal zu verwalten, will Merck Finck auch auf Kundenebene zumindest Parität schaffen.
Unsere Erfahrung zeigt, dass Frauen sehr wohl interessiert sind – sie brauchen nur die richtigen Informationen.
Marie Steenbock
Das Bankhaus bleibt seinen bewährten Prinzipien treu und legt weiterhin grossen Wert darauf, auch weibliche Kunden ab einem liquiden Vermögen von einer Million Euro vollumfänglich zu beraten. Ab dieser Schwelle kann Merck Finck massgeschneiderte Strategien entwickeln und einen signifikanten Mehrwert bieten. Gerade Frauen, die in Führungspositionen oder als Unternehmerinnen tätig sind, verfügen oft über diese Mittel und haben den Wunsch zu investieren und dabei mit ihrem Geld auch etwas zu bewirken. „Leider erleben wir immer wieder, dass Frauen in Finanzgesprächen zu wenig eingebunden werden, obwohl sie grosses Interesse zeigen“, erklärt die Beraterin.
Im Anlageverhalten zeigen sich aber durchaus Unterschiede zu Männern, erzählt Steenbock aus ihrer Beobachtung, die sich mit Studien zu dem Thema weitgehend deckt. Frauen seien langfristiger orientiert und weniger auf Einzeltitel fokussiert, so Steenbock. „Sie wollen wissen, was sie mit ihrem Geld schaffen, welchen Impact sie erzielen können.“ Dabei bestätigen Ausnahmen aber die Regel, wie die Bankerin betont: Natürlich gibt es auch Frauen, die vorrangig an Einzeltiteln interessiert sind und auch mal spekulieren wollen. Die Mehrheit sei das aber aktuell nicht.
Ein wichtiger Faktor ist die Partnerschaft mit BlackRock, einem der weltweit grössten Vermögensverwalter. Durch diese Kooperation hat Merck Fink Zugang zu nachhaltigen ETFs, die den wachsenden Bedürfnissen weiblicher Kundinnen gerecht werden. „Frauen legen besonderen Wert auf nachhaltige und impactorientierte Investments, und das können wir durch diese Kooperation optimal abdecken“, so die Beraterin.
Die entscheidende Frage bleibt: Wie erreicht man Frauen, die bisher wenig Berührungspunkte mit dem Thema Finanzen hatten? FORHER setzt gezielt auf Wissenstransfer. „Unsere Erfahrung zeigt, dass das Interesse an Finanzthemen bei Frauen da ist, sobald sie die nötigen Informationen haben“, betont die Beraterin. Zu den Networking-Events werden aber nicht nur Kundinnen eingeladen. Steenbock: „Wir laden sowohl bestehende Kundinnen als auch neue Interessentinnen ein, um einen offenen Austausch zu ermöglichen“, betont die Beraterin.
Die thematische Bandbreite reicht von Immobilien, über Start-up-Investments hin zu Vorsorgeplanung für Frauen. Ein Beispiel ist etwa das kürzlich abgehaltene Female Leadership Event, das in Kooperation mit BMW stattfand und von Personalvorständin Ilka Horstmeier gehostet wurde. Hier kamen 35 Teilnehmerinnen zusammen, darunter führende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. „Solche Events bieten nicht nur Raum für Wissensaustausch, sondern schaffen auch eine Plattform für weibliche Führungskräfte, um sich untereinander zu vernetzen“, betont die Beraterin.
Steenbock selbst erlebte aus erster Hand, wie männlich geprägt die Finanzwelt auch heute ist. „Ich habe ganz klassisch einen Wertpapier-Sparplan zum 18. Geburtstag bekommen und mich dann damit auseinandergesetzt, was eigentlich hinter diesem Fonds steckt. So bin ich auf das Thema erst aufmerksam geworden.“
Steenbock absolvierte eine Ausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation, bevor sie zur Direktbank comdirect ging. Sie wechselte 2018 zu Berenberg, bevor sie 2020 bei Merck Finck an Bord kam, wo sie seither am Hamburger Standort als Kundenberaterin tätig ist. Sie ist zertifizierte Börsenhändlerin und Anlageberaterin. Ein Grund war auch, dass Merck Finck genau dem Thema, dem sich Steenbock heute widmet, bereits damals eine gewisse Aufmerksamkeit schenkte. „Ich habe natürlich schon bei vorherigen Adressen erlebt, dass meine Gesprächspartner und Kunden häufig männlich sind. Ich habe dann festgestellt, dass die Aufmerksamkeit daher hier bei Merck Finck noch mal ganz anders gelebt wird.“
Trotz des Erfolgs bleibt die Frage, wie tiefgreifend die Veränderungen tatsächlich sind. „Es gibt bei uns im Haus durchaus einige männliche Kollegen, die anfangs skeptisch waren“, gibt die Beraterin offen zu. Doch mit den ersten Erfolgen und der positiven Resonanz, sowohl extern als auch intern, habe sich die Einstellung geändert. Auch das Management stehe voll hinter der Initiative. Das sei auch der Fall, da die Initiative tatsächlich „bottom-up“ passiert sei, also aus der (weiblichen) Belegschaft entstanden, mit einer klaren Idee – und natürlich auch einem Mehrwert für das Unternehmen selbst, denn welche Privatbank würde nicht gerne Kunden gewinnen?
Für die Zukunft soll FORHER weiter als Plattform dienen, um interessierte Frauen zusammenzubringen, zu informieren und gleichzeitig bestehende Strukturen zu hinterfragen. Denn die Nachfrage sei unbestritten gegeben, so Steenbock. „Unsere Erfahrung zeigt, dass Frauen sehr wohl interessiert sind – sie brauchen nur die richtigen Informationen“, betont die Beraterin.
Marie Steenbock absolvierte die Ausbildung zur Bürokauffrau und startete ihre Karriere in der Finanzbranche 2016. Seit 2020 ist sie als Kundenberaterin für Merck Finck am Standort in Hamburg tätig.
Fotos: Merck Finck