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Das Start-up Nomoko erschafft mit ihrer selbst entwickelten Kameratechnologie Simulationen von Städten. Nach dreijähriger Entwicklungsphase steht nun der Markteintritt bevor.
Begonnen hatte alles mit einem besseren Fotoapparat – einem viel besseren Fotoapparat. 1.000 Megapixel sollte die Kamera haben, mit der Nilson Kufus detaillierte Bilder schiessen wollte. Zum Vergleich: Heutige Profi-Kameras haben maximal 50 Megapixel.
Die Idee dazu kam Kufus 2014 während seines Studiums „Liberal Arts & Science“ in Maastricht, ein Jahr später startete er bereits mit der Entwicklung. 2015 gründete der 31-Jährige gemeinsam mit Kevin Mersch, den er an der ETH Zürich kennenlernte, das Zürcher Start-up Nomoko – um die Vision auf ein festes Fundament zu stellen. Mersch brachte dabei seinen Schulfreund Vincent Pedrini mit ein, der der dritte Mitgründer wurde. Anfang 2017 erfolgte schliesslich die technische Umsetzung – und auch die Anwendungsbereiche der Kamera sind mittlerweile geklärt: Noch heuer will Nomoko mit seinen Kameras über die Städte Europas fliegen, um anhand millimetergenauer Drohnen-Aufnahmen realistische 3D-Modelle zu erstellen. Nomoko nennt sie „digitale Zwillinge“. In der Kombination mit beispielsweise Wetter- oder Verkehrsdaten entstehen zielgerichtete Simulationen riesiger urbaner Gebiete.
Gründer Kufus arbeitet mit seinen beiden Co-Foundern Mersch und Pedrini sowie einem inzwischen 25-köpfigen Team an der Realisierung von Anwendungsfällen in drei Bereichen: autonome Transportmittel, Augmented sowie Virtual Reality (AR/VR) und Stadtentwicklung.
Die Software selbstfahrender Autos soll in Nomokos digitalen Städten trainiert und so auf die Strassen im realen Stadtverkehr vorbereitet werden. Ausserdem sollen Nomokos Kunden Transportmitteln in Zukunft örtlich genaue Anweisungen geben können – um etwa selbstfliegende Paketdrohnen direkt auf den Balkon bestellen zu können.
In den Bereichen Augmented und Virtual Reality sollen digitale Inhalte mit realen Örtlichkeiten verschmolzen werden: Computerspielwelten basieren dann auf extrem detaillierten Modellen von realen Städten, Filmstudios produzieren ihre Action-Filme in der virtuellen Welt des Start-ups.
Auch die Stadtentwicklung könnte mit Nomoko einen grossen Sprung nach vorne machen. Die Integration unterschiedlichster Daten – etwa jenen von vernetzten Geräten (basierend auf dem Internet of Things, IoT), dem Verkehr oder Fussgängerströmen – soll komplexe Smart-City-Projekte digital planbar machen. Architekten könnte man ermöglichen, ihre Modelle in die digitalen „Zwillingsstädte“ einzubinden, um diese besser entwerfen und präsentieren zu können.
Erste Kundenprojekte gibt es laut Kufus bereits in allen drei Bereichen, aufgrund von Verschwiegenheitserklärungen könne das Start-up dazu allerdings keine konkreteren Auskünfte geben.
Obwohl die 3D-Modelle von Nomoko aus extrem detaillierten Bildern realer Städte bestehen, hat das Unternehmen laut den Gründern kein Problem mit dem Datenschutz. Alle aufgenommenen Bildinformationen werden von sämtlichen personenbezogenen Daten befreit, so Kufus: „Wir konstruieren quasi eine leere Stadt, die dann mit dynamischen Elementen wie Verkehr wiederbelebt wird.“
Mit seiner Kerntechnologie hat Nomoko keine Konkurrenz – behauptet man zumindest. „Was das Produkt betrifft, kann derzeit niemand mit uns mithalten“, sagt Bara Caldová, die für die Produkt-Strategie verantwortlich ist. Auch wenn man den Einsatz der Kamera-Technologie ausserhalb der Nomoko-Anwendungsgebiete – etwa in Form von Industrie-Kooperationen, nicht ausschliesst – ein Markt-Release der reinen Hardware ist nicht geplant.
Obwohl Kufus den späteren Nomoko-CTO Mersch auf einem Event der ETH Zürich kennenlernte, ist Nomoko kein Spin-off einer Schweizer Universität. Dennoch fühlt sich Kufus in Zürich gut aufgehoben: „Es gab verschiedene Gründe, die für Zürich gesprochen haben: Ich bin dort aufgewachsen, kenne die Stadt gut und habe ein gutes Netzwerk. Für mich war es der beste Ort, um Experten für maschinelles Sehen (Forschungsgebiet, das Robotern bzw. Computern das Sehvermögen beizubringen versucht, Anm.) und weitere technische Profile zu finden, die es für solche Themen braucht.“ Der dritte Mitgründer, Vincent Pedrini, war wiederum ein ehemaliger Schukollege von Kevin Mersch. Pedrini leitete vor seiner Tätigkeit bei Nomoko das Start-up-Programm von PwC Luxembourg. Als CFO verantwortet er heute die Entwicklung des Geschäftsmodells.
Doch nicht nur Zürich, auch den Standort in der Schweiz sieht Kufus positiv. Und das, obwohl „der Drang zum Markt“ oft fehle – was für Kufus aber ein grundsätzlich europäisches Problem ist. Dennoch habe die Schweiz Unternehmen mit extrem hoher Qualität in Sachen Technologie und Engineering zu bieten. Was es noch dringend brauche, seien Start-ups, die Vorbildfunktion haben – Kufus nennt das Beispiel Israel – mehr Mentoren und ein lokales Ökosystem, das auf globalem Niveau handelt.
Diesen September soll eine Finanzierungsrunde Investorengelder bringen und den internationalen Markteintritt ermöglichen. In den darauffolgenden zwölf Monaten soll eine weitere Investmentrunde für Wachstum folgen. „Hier wird es um viel Geld gehen, denn wir wollen ganze Städte vorweg aufnehmen.“ Wie viel an Geldern Nomoko genau einstreichen wird, kann Kufus heute aber noch nicht sagen.
Text: Johannes Felder
Dieser Artikel ist in unserer Sommer-Ausgabe 2018 „Stadt – Land – Berg“ erschienen.