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Gemeinsam mit ihrer (sehr grossen) Familie will Karin Hettegger das Edelweiss Mountain Resort zu einem der führenden Luxushotels der Alpen machen. Mit weitsichtigen Investitionen und einer klaren Vision schafft die Unternehmerin den Spagat zwischen familiären Wurzeln und moderner Hotellerie. Doch sie ist noch lange nicht am Ziel angekommen.
Karin Hettegger sitzt auf einer Bank in der grosszügigen Lobby des Edelweiss Mountain Resort in Grossarl, umgeben von einem dekorativen Mix aus alpiner Eleganz und modernem Komfort, der sich durch das gesamte Haus zieht. Die Hettegger-Familie führt das Hotel in zweiter Generation, seit 2018 ist Karin (gemeinsam mit ihrem Mann Peter) das Gesicht hinter dem Edelweiss, das mittlerweile zu den führenden Resorts in Österreich zählt. «Ohne die Unterstützung der Familie wäre dieser Schritt nicht möglich gewesen», sagt Karin und lehnt sich zurück. Doch was leicht klingt, war ein Drahtseilakt zwischen Tradition und Moderne, denn die Herausforderungen eines Grossfamilienbetriebs, selbst eines mit Erfolg gesegneten, sind nicht zu unterschätzen.
Mit rund 200 Mitarbeitern und einer ganzjährigen Betriebsführung steht das Edelweiss für ein umfassendes Angebot an Luxus und Erlebnis für die ganze Familie. «Eines unserer Ziele war es und ist es immer noch, unser Angebot und das Produkt nach individuellen Gästebedürfnissen und Gästewünschen zu entwickeln; sodass der Gast im Hotel rundum verwöhnt wird», erklärt Hettegger. Tatsächlich ist das Resort ein Mikrokosmos für sich: Es gibt eine Beauty-Farm, einen Wasserrutschenpark, ein Haubenrestaurant, Steak- und Sushi-Lokale sowie eine eigene Weinbar. Das Konzept ist ungewöhnlich für die Region, aber perfekt zugeschnitten auf die Wünsche einer anspruchsvollen, internationalen Klientel. Die Renovierungen und Erweiterungen der letzten Jahre spiegeln diese Vision wider.
«Wir versuchen, den Gästen das Gefühl zu geben, dass sie schon vor ihrer Ankunft bei uns umsorgt werden.»
Karin Hettegger
Ein Familienunternehmen in der Grössenordnung des Edelweiss zu führen bedeutet, private und berufliche Grenzen verschwimmen zu lassen. Hettegger betont, wie eng der Austausch mit ihrem Schwiegervater war, der bis 2017 den Betrieb leitete. Diese Offenheit im Umgang mit grossen Veränderungen sei ein wesentlicher Teil des Erfolgs. «In die innovative Umsetzung des neuen und modernen Stils im Zuge der Renovierungen floss in erster Linie sehr viel Gespür und Vision für einen neuen Zeitgeist der Gastlichkeit unserer jungen Generation», sagt sie. Es ist eine stetige Balance zwischen der Wahrung traditioneller Werte und dem Mut, moderne Akzente zu setzen, die den Kern der Hettegger-Philosophie ausmacht.
Dass das alles nicht nur Lippenbekenntnisse sind, zeigt ein Rundgang mit der Hausherrin. Förmlich an jeder Ecke trifft sie auf ein weiteres Familienmitglied – wobei auch viele Gäste wie alte Bekannte begrüsst werden. Doch trotz aller Harmonie gibt es doch auch immer wieder Meinungsverschiedenheiten: Der Übergang vom traditionellen Familienhotel zum modernen Luxusresort war nicht nur für die ältere Generation, sondern auch für einige langjährige Stammgäste eine Umstellung. Doch nach anfänglicher Skepsis haben sich die meisten Gäste an die neuen Annehmlichkeiten gewöhnt, so Hettegger – obwohl der Preis natürlich gestiegen ist.
Die Herausforderung, diesen Spagat zwischen Luxus und Familientradition zu schaffen, ist auch auf persönlicher Ebene präsent. «Ich bin selbst Mutter und es ist oft nicht einfach, alles unter einen Hut zu bringen», gibt Karin zu. Während des Interviews entschuldigt sie sich dann auch kurz, um ihren Sohn zu verabschieden. Gerade in einem Betrieb, in dem familiäre Verpflichtungen und Geschäftsinteressen so eng miteinander verknüpft sind, ist der Druck oft enorm. Doch es gibt auch Vorteile: «Unser Sohn wächst mit dem Betrieb auf. Er sieht, was es heisst, Verantwortung zu tragen, und das ist eine wertvolle Lektion fürs Leben.»
„Wir haben in den letzten fünf Jahren insgesamt rund 80 Mio. € investiert.“
Karin Hettegger
Entstanden ist das Haus aufgrund der Sturheit von Karin Hetteggers Schwiegervater Peter Hettegger. Dessen Vater wollte, dass seine Kinder einen guten Beruf erlernen – eine Kochlehre zählte er nicht dazu. «Er wollte einen ‹ordentlichen Handwerksberuf›», erzählt Karin Hettegger. Somit machte Hettegger senior eine Elektrikerlehre, liess sich von seinem ursprünglichen Plan aber nicht abbringen und übernahm in jungen Jahren die damalige Pension Edelweiss. Das war 1979; das Haus hatte damals 14 Gästezimmer, bevor schrittweise auf 70 und dann 140 Betten erweitert wurde. Der erste grössere Umbau erfolgte 1998 – damals wurden eine Wellnessanlage und eine Saunalandschaft erbaut.
2018 übernahmen dann Peter junior und seine Frau Karin Hettegger die Führung – Vater Peter ist aber dennoch oft und regelmässig im Haus anwesend und steht als Ratgeber zur Seite. «Er hat uns mit viel Vertrauen die Zügel in die Hand gegeben, aber natürlich wird vieles in der Familie besprochen. Man kann hier nicht einfach Entscheidungen treffen, ohne die anderen miteinzubeziehen», so Karin. Still stand seit dem Generationenwechsel auch der Ausbau nicht: 2018/19 folgte der nächste grosse Umbau, für den rund 45 Mio. € investiert wurden. Schrittweise wurde im Edelweiss auch während und nach Covid ergänzt und ausgebaut. «Wir haben in den letzten fünf Jahren insgesamt rund 80 Mio. € investiert», so Hettegger. Mit rund 200 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 30 Mio. € ist das Edelweiss Mountain Resort nicht nur einer der grössten Arbeitgeber der Region, sondern auch ein Hotel, das einen beachtlichen wirtschaftlichen Einfluss hat.
Zu den grössten Projekten zählten der Ausbau des Wellnessbereichs sowie die Errichtung neuer Luxussuiten und Adults-only-Bereiche. Diese Investitionen spiegeln nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg des Hauses wider, sondern auch das Ziel, sich als exklusives Luxusresort zu etablieren. «Wir wollten unseren Gästen mehr bieten, als sie erwarten», sagt Hettegger und betont den Fokus auf Qualität und Innovation.
Während das Mountain Resort Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens ist, ist es weitaus nicht das einzige Standbein im «Edelweiss-Imperium»: In Berchtesgaden gibt es ein weiteres Hotel, es wird von Martina Hettegger, Schwester von Peter und Schwägerin von Karin Hettegger, geleitet. Zudem betreiben die Hetteggers auch die Kieserlbahn-Bergbahn in Grossarl, die erst auf Initiative von Peter Hettegger senior entstanden war. Auch die Pizzeria Inferno in der Talstation der Bergbahn sowie das Panoramarestaurant Wolke 7 nahe der Bergstation betreiben die Hetteggers.
Auch in Zukunft wird das Edelweiss seinen Fokus auf Exklusivität und Qualität legen. «Unser Ziel ist es, weiterhin mit den Details zu punkten», so Karin. Dazu gehören vermeintliche Kleinigkeiten: Das Edelweiss-Team ruft etwa jeden Gast vor der Anreise persönlich an, um auf individuelle Wünsche reagieren zu können – «wir versuchen, den Gästen das Gefühl zu geben, dass sie schon vor ihrer Ankunft von uns umsorgt werden».
Bisher gelingt dem Edelweiss der Balanceakt zwischen familiärer Atmosphäre, internationaler Klientel und zukunftsgerichteten Investitionen gut. Fest steht für die Zukunft nur, dass für Karin Hettegger und das Familienunternehmen nur eines völlig ausgeschlossen ist – nämlich Stillstand.
Fotos: Edelweiss-Mountain Resort, Matthias Dengler