Eine wie Hannah

Die Gamerszene mit einem für und von Frauen entwickelten Computerspiel zum Umdenken animieren will das deutsche Videospiel-Start-up Fein Games. Co-Gründerin und Co-CEO Franziska Zeiner spricht über ihr ambitioniertes Vorhaben und erzählt, was eigentlich hinter dem ersten Spiel von Fein Games, „Finding Hannah“, steckt.

„Hannah ist eine Frau wie viele andere auch, man soll sie ver­stehen können und sich selbst in ihr wiedererkennen“, so Fein-Games-Co-Gründerin und Co-CEO Fran­ziska Zeiner im Zoom-Interview mit Forbes DA. Gleichzeitig ist Hannah aber auch eine ungewöhnliche Vi­deospielprotagonistin: „Das Spiel ist vielmehr ein Gefühl. Es geht um eine Frau, die alles hat, eine teure Kaffeemaschine und einen guten Job – aber trotzdem nicht glücklich ist“, erzählt Zeiner, die in der Ver­gangenheit – wie Hannah auch – in ihrem Angestelltenverhältnis mit moralischen Fragen zu kämpfen hatte. Das Spiel wurde mithilfe geübter Designer entwickelt und sieht dementsprechend mehr aus wie ein Kunstwerk als ein Com­puterspiel, denn Zeiner vertritt die Meinung, dass auch Computerspiele Kunstwerke sein können, obwohl sie in der Gesellschaft vielfach nur als „nerdig“ wahrgenommen werden.

„Finding Hannah“ ist das erste Spiel von Fein Games und ist am 8. Februar für die Betriebssysteme iOS und Android erschienen. Das Spiel ist ein sogenanntes „Hidden-Objects-Game“; ein Wimmelbild-Spiel, wie man wohl auf Deutsch sagen würde. Dabei kann es einfach zwischendurch am Handy gespielt werden, ohne dass man eine Konsole oder einen leistungsstarken PC braucht. „Finding Hannah“ fällt somit in eine Spielekategorie, die statistisch gesehen gerne von Frauen gespielt wird. Fast 70 Prozent aller Puzzle- oder „Matching“-Spieler sind weiblich. Zeiner liefert eine mögliche Erklärung dafür: „Wenn ich spiele, dann will ich mich nicht un­bedingt stundenlang irgendwo hinsetzen, ich spiele einfach gerne beim Warten oder in der U-Bahn.“ Das geht laut Statistiken vielen Frauen so. So sind vor allem Puzzle-, aber auch Lebens- und Landwirtschafts-Simulationsspiele bei Frauen besonders beliebt. Bei Sportspielen wie „FIFA“ oder Ego-Shootern wie „Counter-Strike“ sieht das anders aus: Hier sind nur 2 % beziehungsweise 7 % der Spieler weiblich.

Die gebürtige Stuttgarterin Zeiner würde sich trotz ihres Berufsbilds nicht als „richtige Gamerin“ bezeichnen. „Früher habe ich sehr viel ‚Die Sims‘ gespielt, mittlerweile will ich eigentlich nur lesen, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, Podcasts hören oder mir eine Serie anschauen. Eigentlich alles ausser Videospiele spielen!“, erzählt sie lachend. Zeiner wohnt mittlerweile in Berlin, wo sie zu­sammen mit ihrer Kollegin Lea Schönfelder vor drei Jahren Fein Games gegründet hat. Ursprünglich studierte Zeiner Politikwissenschaft und Volkswirtschaft. „Ich habe aber sehr schnell bemerkt, dass alle Berufe, die man später mit meinem Studium machen kann, nicht wirk­lich spannend für mich sind“, so Zeiner. Also zog sie für ein Prak­tikum bei einer Werbeagentur nach New York. „Das war ein riesiger Zufall – mich haben damals weder die USA noch New York noch die Werbebranche interessiert“, erzählt die Gründerin. Dennoch kam Zeiner durch ihr Praktikum in New York erstmals mit dem Entwickeln von Computerspielen in Kontakt. Damals wurde in den USA Gamification gross – Zeiner erklärt dazu: „Die Amerikanerin Jane McGonigal hat dazu das Buch ‚Reality is Broken‘ geschrieben, in dem es darum geht, wie Computerspiele die Welt ver­bessern können – ein Thema, das mich wahnsinnig interessierte.“ Daraufhin beschloss sie, einen Master in Game Design an der NYU (New York University) zu machen. Später zog sie nach Berlin, wo sie eine Zeit lang in der Gamingbranche arbeitete, bevor sie und Lea Schönfelder Fein Games gründeten. „Ich hatte als Angestellte öfter den Ge­danken, als ‚Chefin‘ alles anders machen zu wollen“, erzählt Zeiner.

„Game-Development ist ein sehr männerdominierter Beruf“, so Franziska Zeiner.

Mittlerweile haben die bei­den ihren Traum verwirklicht und ihr eigenes Unternehmen mit insge­samt neun Mitarbeitern auf­gebaut. „Finding Hannah“ haben sie gemeinsam mit Designern und Programmiern entworfen – das Spiel wurde mehrheitlich von Frauen für Frauen entwickelt. „Game-Development ist ein sehr männerdominierter Beruf, obwohl es genug Frauen gibt, die sich dafür interessieren“, erklärt Zeiner. Laut ihr sind fast 50 % aller Spieler weiblich, aber nur 20 % aller Spieleentwickler. Zeiner und ihre Mit­gründerin wollten dies ändern und haben es mittlerweile geschafft, auf eine Mitarbeiterinnenquote von 80 % zu kommen.

„Finding Hannah“ ist für die ersten Levels gratis, später, wenn man weiterspielen will, gibt es eine Paywall. „Keiner kauft sich heutzu­tage ein Handyspiel, wenn man es zuvor noch nicht gespielt hat, und ständig Werbung zu zeigen würde einfach nicht zu ‚Finding Hannah‘ passen“, so Zeiner. In der Zukunft wird sich Fein Games dennoch etwas von Wimmelbild-Spielen distanzieren. Laut Zeiner ist der Markt dafür einfach gesättigt und die Konkurrenz zu gross. Das nächste Spiel soll ein sogenanntes „Cozy Game“ werden – ein Spiel, das für Entspannung sorgen soll und dem Spieler erlaubt, den Kopf abzu­schalten.

„Solche Spiele sind quasi das Gegenteil von Ego-Shootern“, sagt Zeiner. Die Zukunft von Fein Games wird also zumindest auf dem Bildschirm ganz entspannt – in der Realität hat das Team aber ehr­geizigere Ziele, nämlich viele neue Investoren ins Boot zu holen.

Franziska Zeiner ist gebürtige Stuttgarterin sowie Co-Founderin und Co-CEO des Berliner Gaming-Start-ups Fein Games. Ihr erstes Spiel namens „Finding Hannah“ erschien Anfang Februar 2023.

Fotos: Kristina Kast

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Redakteurin

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