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Geboren in einer kleinen Hafenstadt in der nördlichen Türkei, wanderte Mustafa Karadeniz nach der Schule nach Deutschland aus. 40 Jahre später verwaltet der heute 61-Jährige ein Getränkeimperium mit siebenstelligen Umsätzen.
„Manche bezeichnen mich als Ayranpionier,“ sagt Mustafa Karadeniz lächelnd, „denn ich war weltweit der Erste, der Ayran industrialisiert hat.” Ayran, das türkische Erfrischungsgetränk aus Joghurt, Wasser und Salz, kann man heutzutage nicht nur bei jedem Imbissstand, sondern auch in vielen Supermärkten und Restaurants kaufen. Dafür ist Karadeniz verantwortlich. Denn der 61-jährige Türke wohnt seit 40 Jahren in Norddeutschland, wuchs aber in der Türkei auf. Dort findet man Ayran überall, nur wurde es nie industrialisiert. Jedes Lokal oder jeder Stand bereitete das Getränk selbst vor Ort zu: „Jeder hat Wasser mit Joghurt selbst im Eimer gemischt,“ erzählt Karadeniz. 1993 hatte er dann die Idee, Ayran in Bechern abzufüllen und damit den professionellen Vertrieb des Getränks zu ermöglichen. 28 Jahre später kann Karadeniz auf 120 Millionen verkaufte Ayran-Packungen und Vertriebspartner in ganz Europa zurückblicken. „Ich wollte die türkische Kultur weltweit bekannt machen. In Europa habe ich das jedenfalls geschafft,” so der Unternehmer nicht ohne Stolz.
Dabei waren die Anfänge bescheiden. Mit Anfang 30 hatte Karadeniz sich zwei Abfüllanlagen beschafft und erste Beziehungen zu Milchproduzenten aufgebaut. „Ich habe angefangen, Ayran selbst zu produzieren. Doch der Anfang war sehr schwierig – keiner wollte das Produkt kaufen,” erzählt er. „Die Türken machten ihr Joghurt sowie ihren Ayran schon immer selbst. Man war es also nicht gewohnt, fertig verpackten Ayran zu kaufen.“ Mit der Zeit gewöhnten sich die Kunden aber daran. Um seinem Produkt mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, eröffnete Karadeniz Verteilstationen in mehreren Städten – etwa München, Aachen und auch in den Niederlanden. So baute der Unternehmer sukzessive ein Direktvertriebsmodell auf – „wie ein Spinnennetz”, wie er es beschreibt. Er war damit vom Einzelhandel unabhängig: „Ich habe selbst abgefüllt und das Produkt dann zu Imbissständen, Restaurants und Cafés geliefert.”
„Ich wollte eine Kulturbrücke
zwischen meinen beiden Heimaten
schaffen und die türkische Kultur
mit nach Deutschland bringen.”
Mustafa Karadeniz, Unternehmer
Dass davor niemand Ayran als Fertigprodukt angeboten hatte, deutet auf eine grosse Marktlücke hin. Laut dem Deutschen Statistischen Bundesamt wohnen im Land rund 2,8 Millionen Menschen mit türkischer Abstammung. „Ich wollte eine Kulturbrücke zwischen meinen beiden Heimaten schaffen und die türkische Kultur mit nach Deutschland bringen,” sagt Karadeniz. Doch das Produkt fand auch bei Deutschen Anklang. „Zu jedem Imbissstand kommen genauso viele deutsche Kunden wie türkische, dadurch wurden wir auch bei der deutschen Kundschaft bekannt,” erklärt Karadeniz. Heute ist Ayyo in Deutschland so etabliert, dass die Getränke auch in rund 8.000 Schulen zur Jause oder zum Mittagessen angeboten werden. Dass Ayran an Popularität gewonnen hat, ist sicherlich auch dem erweiterten Sortiment zu danken – Ayyo produziert neben der klassischen Version auch Ayran-Sorten mit Geschmack, etwa mit Kirsche, Pfirsich, Erdbeere und seit kurzem auch Mango.
Vor der Coronavirus-Pandemie hat Karadeniz im Jahr 25 Millionen Becher Ayran verkauft. Mit den weltweiten Lockdowns sank auch sein Geschäft, er habe die Pandemie aber dennoch gut überstanden, meint er. Sein Ziel für 2021 sei es, wieder an die Spitze kommen: „Ich will, dass Ayyo wieder zur meistverkauften Ayran-Marke wird,“ sagt er. Denn seit der Gründung 1994 haben sich auch andere Marken in der Branche etabliert. Dass sein Ayran aber jedenfalls der beste am Markt sei – davon ist Karadeniz fest überzeugt.
Mustafa Karadeniz
kam als 19-jähriger nach Deutschland, industrialisierte als erster 1994 das türkische Nationalgetränk Ayran und baute mit den Marken Ayyo, Gazoz und Alibaba sukzessive ein Getränkeimperium auf. Seine Marken finden sich heute in über 45.000 Verkaufsstellen in ganz Europa
Mustafa Karadeniz wurde 1960 in der Türkei geboren. Aufgewachsen ist er mit seinem Grossvater in Tirebolu, einer kleinen Hafenstadt am schwarzen Meer mit rund 16.000 Einwohnern. „Mein Opa hat mir wirtschaftlich sehr viel beigebracht. Er war ein sehr guter Geschäftsmann. Denn er hat die erste Firma gegründet, die an de Schwarzmeerküste Fernseher verkauft hat,” erinnert sich Karadeniz. Seine Eltern waren zu dieser Zeit bereits nach Deutschland ausgewandert. Mit 19 Jahren folgte der Sohn ihnen gemeinsam mit seinem Cousin und kam nach Duisburg, um dort zu studieren: „Aber uns fehlte die Finanzierung. Mein Vater hat damals 1.500€ verdient und die Sprachschule kostete für uns beide schon 598€. Mehr konnten wir uns nicht leisten,” so Karadeniz. Mit 21 Jahren begann er daher ein Praktikum beim deutschen Industrieunternehmen Thyssen (heute ThyssenKrupp). Doch er wollte unbedingt selbstständig werden – und gründete 1994 in Essen die Ayyo GmbH.
1995 startete Karadeniz dann seine zweite Marke. Mit der Gründung von Gazoz erweiterte er sein Sortiment um Erfrischungsgetränke, dazu gehören Brausen sowie Eistees. Das war laut dem Unternehmer der logische nächste Schritt. „Wir hatten schon Beziehungen zu den Imbissen, wir haben sie ja beliefert. Mit neuen Angeboten, also anderen Produkten, konnten wir gleich die Kundschaft abfangen, die keinen Ayran trinken wollte,” erklärt er. Auch hier war Karadeniz ein Pionier: Zu der Zeit boten Imbissstände lediglich Kaffee und Tee an, wie er erzählt. Sobald er aber sein Sortiment erweiterte, stieg die Nachfrage. Im Unterschied zu Ayran, an dessen Geschmack sich manche erst gewöhnen mussten, ging der Umsatz von Gazoz gleich steil nach oben.
2006 startete Karadeniz dann mit einer weiteren Marke: Ali Baba. Um alle Unternehmen unter einem Dach zu vereinen, gründete er zeitgleich den Mutterkonzern Confeti GmbH in Köln. Unter dem neuen Dach betritt Karadeniz auch Neuland: Mit Ayyo Energie GmbH will er sich als Energielieferant für Industrie- und Gewerbekunden positionieren.
Doch auch abseits seines Berufes ist Karadeniz von seinem unternehmerischen Geist getrieben. Vor 15 Jahren gründete er den Leichtathletikverein Ayyo Team mit dem Ziel, durch Sport Kulturen zusammenzubringen. Jährlich veranstaltet er dazu den „Internationalen Atatürklauf“. Inspiriert vom ersten Präsidenten der Türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, soll der Lauf vor allem die Jugend zum Sport motivieren.
Text: Sophie Spiegelberger
Foto: Yavuz Aslan
Diese Advoice erschien in unserer türkischen Forbes Daily Ausgabe zum Thema „Wiener Wirtschaft“.