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Youtuberin, erfolgreichste Rapperin Deutschlands – und jetzt Unternehmerin und Geschäftsfrau: Shirin David scheint alles zu gelingen. Mit eigenen Marken, darunter ein Relaunch ihres Eistees sowie eine neue Kosmetiklinie, will die 29-Jährige sich nun ihr «Imperium» aufbauen. Doch auch für die Ausnahmekönnerin bringt der Wandel zur Unternehmerin Herausforderungen mit sich.
Wer an die erfolgreichste Rapperin Deutschlands denkt, dem kommen volle Konzerthallen, spätabendliche Sessions im Tonstudio sowie zahlreiche Partynächte in den Sinn – und tatsächlich ist all das Teil des Lebens von Shirin David, die mit mittlerweile sieben Nummer-eins-Hits in den deutschen Singlecharts ausreichend musikalisches Können bewiesen hat. Doch im Interview mit Forbes erzählt die Künstlerin, die mit bürgerlichem Namen Barbara Shirin Davidavicius heisst, dass sie einen Grossteil ihrer Zeit ganz woanders verbringt: an ihrem Schreibtisch. Dort, mit Blick auf den Fernsehturm, das Berliner Wahrzeichen, arbeitet sie aktuell mehr als an jedem anderen Ort.
«Ich zeige diese Seite meines Lebens nicht so oft, aber ich verbringe dort viel Zeit. 60 % meiner Zeit entfallen tatsächlich auf Office-Aufgaben: Zoom-Calls, Meetings, Absprachen in unserer Whatsapp-Gruppe – das ist mein Alltag», so David. Es ist eines von vielen Zeichen eines Wandels, der sich bei der Musikerin, die es 2020 auf die Forbes Under 30-Liste schaffte, schon seit mehreren Jahren zeigt – denn neben ihrer Musikkarriere ist die Künstlerin zunehmend auch unternehmerisch aktiv. Und das braucht eben auch mal ein Zoom-Meeting, statt Texte zu schreiben. «Viele denken, ich mache nur Musikvideos und poste ab und zu auf Instagram, aber die Realität sieht anders aus. Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass ich 24/7 arbeite. Ob es nun um Musik, Produkte oder mein Team geht – ich bin immer involviert und habe keinen klassischen Nine-to-five-Job. Bei mir ist es eher ‹Nine-to-five plus›», so David grinsend.
Ihre Whatsapp-Gruppe teilt sie sich mit ihrem zweiköpfigen Management, das auch in die geschäftlichen Entscheidungen von David eingebunden ist. Das Unternehmenskonstrukt umfasst heute eine Holdinggesellschaft (Shirin David Holding GmbH), die alle Rechte verwaltet und für jeden Geschäftszweig ein Unternehmen hält. Das umfasst die Eisteemarke, die in der Dirtea GmbH angesiedelt ist; das Plattenlabel Juicy Money Records GmbH; das Social-Media-Geschäft sitzt in der Shirin David Management GmbH. Und nun kommt noch ein weiteres Unternehmen dazu: die Shirin Beauty GmbH, die bereits gegründet ist und zu 50 % im Eigentum von Shirin David steht (über die SD Cosmetics GmbH) sowie zu 50 % den Eigentümern von Katjes, Tobias Bachmüller und Bastian Fassin, gehört. Unter ihrem Dach soll im Frühjahr eine eigene Kosmetiklinie starten.
Dass der Wandel vom Content Creator zur Musikerin zur Unternehmerin aber nicht nur einfach ist, gibt David auch zu. So musste sie etwa die Herstellung ihrer populären Eisteemarke aufgrund von Produktionsmängeln zwischenzeitlich auf Eis legen. Nächstes Jahr soll die Marke mit einem neuen Partner erneut auf den Markt kommen. Und auch in ihrer Musik verarbeitet sie Erfahrungen, dass sie – auch in der Geschäftswelt – als blonde junge Frau nicht immer ganz für voll genommen wurde: Anfang 2025 steht Davids drittes Studioalbum an, das den Titel «Schlau, aber blond» tragen wird.
«Das ist ironisch zu verstehen, so nach dem Motto: Wir sind alle eigentlich sehr junge, intelligente Frauen, aber im Endeffekt sind wir doch nur blond.» David beschreibt das Album als «ironischer, lustiger und ein bisschen kommerzieller und leichter». Einen Vorgeschmack haben Fans schon mit der Single «Bauch, Beine, Po» bekommen: Die Single wurde heftig diskutiert, Kritikerinnen warfen David Bodyshaming vor – die Hörerschaft nahm den Song aber sehr positiv auf, die Single stand sechs Wochen lang auf Platz eins der deutschen Charts und wurde zum Sommerhit 2024. Dass David heute aber auch als Unternehmerin denkt, wird schnell klar: «Ich erreiche mit der Musik auch eine neue Zielgruppe, die viel jünger ist als bisher. Das ist neu.»
Für David ist die Musik also weiterhin ein Kern ihres geschäftlichen Handelns. Und doch sagt sie, dass sie mittlerweile ganz anders darüber nachdenkt als früher – mehr Geschäftsfrau, weniger Künstlerin: «Ich habe mich nie besonders für die Zahlen interessiert. Für mich ging es immer nur darum, genug Geld zu haben, um das nächste coole Musikvideo zu drehen oder eine Tour zu finanzieren. Aber in den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich mehr will. Jetzt interessiere ich mich dafür, wie ich meine Gewinne optimieren und strategisch kluge Entscheidungen treffen kann.»
Doch was genau plant David mit ihren unternehmerischen Projekten? Wie viel Geld hat sie mit ihrer Musik sowie als Unternehmerin bisher verdient, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Und wie lassen sich das Leben der erfolgreichsten deutschen Rapperin und jenes der zuverlässigen Geschäftsfrau in Einklang bringen?
Im August 2023 wurden erstmals Zahlen kommuniziert: 65 Mio. Dosen hatte die von Shirin David ins Leben gerufene Eisteemarke Dirtea verkauft. Der Standardpreis betrug 1,29 € und wurde später auf 1,49 € erhöht; das ergibt Umsätze von fast 90 Mio. €. Man könnte von einem vollen Erfolg sprechen – in einem Markt, der auch aufgrund von zu viel Angebot zuletzt eher rückläufige Verkäufe erleiden musste.
Doch für David war der Launch letztendlich eine harte Lektion in Sachen Unternehmertum: «Leider lief das nicht wie geplant. Es gab Probleme mit der Produktion, die Produktqualität stimmte nicht, und ich konnte das einfach nicht vertreten. Für mich ist es wichtig, hinter jedem Produkt zu stehen, das meinen Namen trägt. Da habe ich dann auch die Reissleine gezogen und gesagt: ‹Nein, so geht das nicht›.»
«Gerade nach meiner letzten Tour haben viele gemerkt, dass da mehr ist als nur ein hübsches Gesicht.»
Shirin David
Die Zusammenarbeit mit der Krombacher-Brauerei-Gruppe wurde beendet und das gemeinsame Unternehmen aufgelöst. Die Marke bleibt jedoch bestehen, ein neuer Partner wurde bereits gefunden – doch David hält sich diesbezüglich noch bedeckt. In «trockenen Tüchern» ist hingegen ein anderer Deal, der die Expansion in ein ganz neues Feld ermöglicht: Beauty und Kosmetik. Denn mit der Shirin David Beauty GmbH wird im April 2025 eine neue Linie an Beauty-Care-Produkten gelauncht – in Kooperation mit Bübchen, einer Tochter von Katjes, die 2020 im Zuge eines Zukaufs ins Unternehmen integriert wurde und für Baby- und Kinderpflegemarken bekannt ist. Expertise in puncto Logistik und bezüglich der Zusammenarbeit mit Drogeriemärkten ist also vorhanden.
«Der Deal ist ganz frisch und wurde gerade erst im Handelsregister eingetragen – Breaking News, quasi. Es geht hauptsächlich um Body Care, die hochwertig sein soll, aber trotzdem zu Drogeriepreisen angeboten wird», so David. Dass das zu ihr passt, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Bevor sie Rapperin war, war sie nämlich bereits ein Youtube-Star – und sprach in ihren Videos vor allem auch über Make-up. «Ich möchte ein nachhaltiges Produkt, das einfach gut funktioniert und hinter dem ich voll stehen kann.»
Shirin David wurde 1995 als Barbara Schirin Davidavicius in Hamburg als Tochter einer Litauerin und eines Persers geboren. Der Vater verliess die Familie früh, David wuchs mit ihrer Mutter und ihrer jüngeren Schwester Pati Valpati in einfachen Verhältnissen auf. Trotz der begrenzten Mittel war Hochkultur im Haushalt allgegenwärtig; David nahm klassischen Gesangsunterricht und an Ballettstunden teil. «Meine Mutter hat immer darauf geachtet, dass es uns an nichts fehlt», so David heute. «Ich habe lange gar nicht gewusst, wie arm wir eigentlich sind.»
Mit 19 Jahren startet sie einen Youtube-Kanal, der schnell wächst – und heute 2,6 Mio. Follower umfasst. Sie spricht in ihren Videos über Make-up, Mode oder Datingthemen, die Musik bleibt aber steter Begleiter. 2017 ist sie Teil der Jury von «Deutschland sucht den Superstar» (DSDS), der endgültige Durchbruch kommt 2019 mit der Single «Gib ihm», die Platz eins der deutschen Charts erreicht. Ab da geht es steil bergauf – mit sieben Nummer-eins-Singles ist David heute die erfolgreichste Rapperin des Landes.
Das zeigte auch die erste Tour, die 2023 über die Bühne ging: 125.000 Tickets gingen in den insgesamt zehn Arenen weg, der Einheitspreis lag bei 60 € pro Stück, was einen Bruttoumsatz von etwa 7,5 Mio. € bedeutet. Geld verdiente David aber keines – nach eigenen Angaben zahlte sie für die Tour sogar rund eine Mio. € drauf. Doch das war bis zu einem gewissen Grad auch Kalkül: «Wir wollten den Ticketpreis so ansetzen, dass wirklich alle kommen können.» Und: «Es war die erste Tour, wir wollten erst mal beweisen, dass die Show das Geld auch wert ist», so David.
Überhaupt sagt David, dass sie mit der Musik nicht wahnsinnig viel verdient. Dabei sind die Einnahmen durchaus ordentlich: Insgesamt kommt sie auf über eine Milliarde Streams, der Youtube-Kanal steht bei rund 600 Mio. Klicks. Auf Basis handelsüblicher Preise bedeutet das Einnahmen für David von rund 5,4 Mio. € für Streams und rund 600.000 € für die Youtube-Klicks, insgesamt also sechs Mio. €. Markenkooperationen sind dabei noch nicht berücksichtigt; Merchandise erwirtschaftete auf der Tour rund 500.000 €.
Dass sie sich um Geld aktuell aber keine allzu grossen Sorgen machen muss, ist auch klar. Und: Sie wusste bereits, wie sie den Erfolg vergolden will. «Ich habe meiner Mama die erste Wohnung gekauft, das ist auf jeden Fall ein Meilenstein für mich. Und sie hat auch ein Auto bekommen – wie meine Schwester. Ich habe mir selbst keines gekauft, aber es war für mich klar, dass meine Familie zuerst kommt.» In Sachen Geldanlage fängt David gerade erst an, sich intensiv Gedanken zu machen. Die Wohnung der Mutter war einer der ersten Schritte in den Kauf von Immobilien, den die Künstlerin jetzt angehen will. Denn bisher habe sie so ziemlich alles, was sie verdient hat, reinvestiert. Nun sollen ihre Aktivitäten aber auch Geld abwerfen, das sie für morgen und übermorgen anlegen möchte.
Neben einer neuen wirtschaftlichen Dimension hat 2024 – mit der Tour sowie dem Sommerhit «Bauch, Beine, Po» – David auf das nächste Level gehoben. In der Vergangenheit wurde sie oft unterschätzt, das sei jetzt vorbei: «Gerade nach meiner letzten Tour haben viele gemerkt, dass da mehr ist als nur ein hübsches Gesicht.»
Die Balance zu behalten ist nicht leicht. Auf der einen Seite steht die Musikerin, die bis spätnachts Menschenmassen mit ihrer Musik unterhält – auf der anderen Seite die Unternehmerin, die am nächsten Tag frühmorgens in Abstimmungscalls voll da sein muss. Wie gut funktioniert das? «Das ist der Punkt, wo ich aktuell am meisten struggle. Wenn ich nur mit Logistik und Organisation beschäftigt bin, habe ich keine Zeit, kreativ zu sein.» David sagt offen, dass ihr nicht ganz klar ist, welchen Hut sie wie oft tragen soll. «Das ist mein innerer Kampf: Bin ich Unternehmerin, verlässlich und um 10 Uhr 30 in meinen Jour-fixe-Calls? Oder bin ich zwei Wochen offline, weil ich im Studio bin und mein Album aufnehme?»
Aktuell geniesst David jedenfalls ihre Rolle als Musikerin und ist voller Vorfreude auf ihr drittes Studioalbum. «Mein drittes Album kommt nächstes Jahr, und ich freue mich darauf. Ausserdem launche ich im April meine neue Kosmetiklinie. Ich bin unglaublich gespannt, wie das ankommen wird. Und dann hoffe ich, im Januar ein bisschen Urlaub zu machen – das wäre dringend nötig!», sagt sie lachend.
Für die Zukunft könnte sich die Priorität aber noch stärker in Richtung ihrer unternehmerischen Projekte verschieben. Dabei will sie zunehmend auch daran arbeiten, das Geschäft weniger stark von sich selbst abhängig zu machen. «Ich will mir ein Imperium aufbauen – es gibt noch so viele Bereiche, die ich erobern möchte. Aber ich bin realistisch: Das braucht Zeit. Ich möchte die nächsten fünf Jahre operativ noch sehr dabei sein, aber langfristig hoffe ich, dass ich ein Team aufbaue, das vieles selbstständig regeln kann.» An Ideen für neue Puzzlesteine im Imperium mangelt es nicht, auch wenn sich David dazu noch bedeckt hält: «Dazu kann ich noch nichts sagen. Nur so viel: Es sind auf jeden Fall noch ein paar verrückte Ideen dabei!»
Shirin David wurde in Hamburg geboren. Im Alter von 18 Jahren startete sie ihren Youtube-Kanal, wenig später fing sie an, professionell Musik zu machen. Heute ist sie mit sieben Nummer-eins-Singles Deutschlands erfolgreichste Rapperin und zudem als Unternehmerin tätig.
Fotos: Peter Rigaud