Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.
Für Furio Pietribiasi, CEO von Mediolanum International Funds, und David Whitehead, Fondsmanager bei derselben Vermögensverwaltung, ist der Schlüssel zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem klar: eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Mit dem Circular-Economy-Opportunities-Fonds investiert die irische Vermögensverwaltung deshalb in den Wandel.
Diesen Monat, Februar, wurde in Deutschland der Circular-Economy- Opportunities-Fonds von Mediolanum International Funds gelauncht. In Italien ist er bereits seit Anfang des Jahres aktiv, wie Furio Pietribiasi erklärt; er ist seit 2008 CEO der aus Italien stammenden Fondsgesellschaft. In Irland beschäftigt Mediolanum 150 Mitarbeiter und verwaltet 51 Mrd. US-$ in Assets. Mit dabei beim Interview ist auch David Whitehead, Equity Portfolio Manager im Multi-Manager-Team von Mediolanum. Whitehead verwaltet und beaufsichtigt den Fonds und kontrolliert, dass seine Nachhaltigkeitsziele mit Fokus auf Kreislaufwirtschaft eingehalten werden.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für Sie persönlich?
Furio Pietribiasi (FP): Nachhaltigkeit ist für uns alle extrem wichtig. Das spiegelt sich auch in unserem alltäglichen Leben wider. Dazu gehört es, E-Auto zu fahren und privat erneuerbare Energien zu nutzen. Wenn wir Veränderungen bewirken wollen, ist es wichtig, dass jeder seinen Teil dazu beiträgt. Nachhaltigkeit geht mittlerweile weit über unser Alltagsverhalten hinaus, es geht nicht mehr nur darum, keinen Müll in die Umwelt zu werfen; wir müssen Verantwortung für die zukünftigen Generationen übernehmen, indem wir unser Wirtschaftssystem grundlegend verändern.
Was genau muss sich verändern, damit von einem nachhaltigen Wirtschaftssystem gesprochen werden kann?
David Whitehead (DW): Wir müssen versuchen, von einer linearen Wirtschaft, also dem Ansatz „Take, make, dispose“ („Nehmen, machen, wegwerfen“, Anm.), wegzukommen. Dabei werden Rohstoffe gesammelt, in Produkte umgewandelt, und wenn sie fertig benutzt sind, werden sie weggeworfen. In einer Kreislaufwirtschaft hingegen verfolgen wir den Ansatz „Reduce, re-use, recycle“ („Reduzieren, wiederverwenden, wiederverwerten“, Anm.): Wir versuchen, den Ressourceneinsatz zu minimieren, und legen die Produkte darauf aus, wiederverwendet werden zu können und am Ende ihrer Laufzeit wiederverwertbar zu sein. Kreislaufwirtschaft bietet uns einen völlig neuen Blickwinkel darauf, wie wir konsumieren können. Mit dieser neuen Perspektive können wir die Funktionsweise unserer Wirtschaft neu gestalten.
Also Kreislaufwirtschaft als Schlüsselbegriff für nachhaltiges Wirtschaften?
DW: Genau. Es sind genau diese Unternehmen, die das Zeug dazu haben, über lange Zeit hinweg zu überleben und sich zu entwickeln. Sie werden nicht durch den Klimawandel oder zukünftige politische Regulierungen eingeschränkt werden und sind somit besonders interessant für Investoren.
Warum ist genau das so interessant für Investoren?
FP: Sie können die Welt zu einem besseren Ort machen und gleichzeitig von einer Kapitalwertsteigerung profitieren. Wir spekulieren nicht oder bieten kurzfristige unüberlegte Chancen, sondern legen langfristig strukturiert an. Durch unsere Strategie vermeiden wir automatisch diejenigen, die zu spät auf den Wandel umstellen.
In welche Art von Unternehmen investieren Sie konkret mit dem Circular-Economy-Opportunities-Fonds?
DW: Wir investieren in Unternehmen, die man grob in drei Kategorien aufteilen kann: Erstens jene, die direkt der Kreislaufwirtschaft ausgesetzt sind, etwa die Müllverwertungs- oder Energieerzeugungsbranche – hier entscheiden wir uns für Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial. Das heisst, dass deren Erfindungen stets adaptiert werden können.
Die zweite Kategorie bilden die „Verbindungsteile“: Das sind Unternehmen, die sich mithilfe von Technologien und Erfindungen hin zur Nachhaltigkeit entwickeln wollen. Und die Dritten sind die Begünstigten, also jene Unternehmen, die vom Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft profitieren werden; Unternehmen, die Alternativen zu Materialien anbieten, die nicht recycelt werden können. Alle drei Kategorien sind gleich wichtig, und jede leistet einen anderen Beitrag
zur Gesellschaft.
„Wir verwandeln uns in eine nachhaltige Gesellschaft – das spielt den Unternehmen, in die wir investieren, in die Karten.“
David Whitehead
Wie sieht das Nachhaltigkeitsrating dieser Unternehmen aus?
FP: Unternehmen, in die wir investieren, haben tatsächlich teilweise kein hohes ESG-Rating (ESG = Environment, Social, Governance; zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung; Anm.), sondern sogar ein ziemlich niedriges. Es kommt aber nicht auf ihr aktuelles Rating an, sondern darauf, dass sie es mit der Zeit verbessern. Wenn wir nur in Unternehmen mit einem sehr hohen ESG-Rating investieren würden, hätte das sogar negative Auswirkungen: Viele Unternehmen würden bankrott gehen, weil ihnen die Investoren fehlen; somit würden Menschen um ihren Arbeitsplatz gebracht.
Wie finden Sie überhaupt passende Unternehmen?
DW: Wir setzen bereits einen Schritt früher an: Wir finden nicht die passenden Unternehmen, sondern die Manager, die dann die entsprechenden nachhaltigen Unternehmen aufspüren.
FP: Wir investieren also nicht in ein Produkt oder ein Unternehmen, nur weil es gerade irgendwelche Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Unsere Manager bauen eine langfristige Erfolgsbilanz auf, indem sie die Nachhaltigkeit in den Unternehmen fördern. Dazu brauchen wir die besten Manager überhaupt. Wir wollen die beste Praxis und wir wollen langfristige Erfolgsbilanzen. Das ist der Grund, warum wir so intensiv auf externe Manager zurückgreifen – wir wollen nur solche, die die ESG-Anlagekriterien lange Zeit glaubwürdig in sich verankert haben.
Wie kontrollieren Sie, dass wirklich nachhaltig investiert wird?
DW: Die Unternehmen brauchen klare Meilensteine. Falls sie die Ziele nicht erreichen, entscheiden wir uns, ob wir weiter in sie investieren. So gehen wir nicht nur mit den Unternehmen vor, sondern auch mit unseren Managern.
Diese Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit ist messbar. Der Circular-Economy-Opportunities-Fonds ist ein Artikel-9-Fonds, wir verpflichten uns einem nachhaltigen Anlageziel. Nur etwa 3,9 % der europäischen Fonds sind so klassifiziert. Wir sind in Kontakt mit unseren Managern, und die wiederum sind in Kontakt mit den Unternehmen. Sie kontrollieren, dass die Unternehmen ihren Plänen auch folgen.
Was unterscheidet Ihren Fonds von anderen nachhaltigen Fonds?
FP: Kurz gesagt: Wir investieren nicht in jene Unternehmen, die aktuell an der Nachhaltigkeitsspitze stehen, sondern in solche, die durch ihre Technologien Veränderung an sich herbeiführen. Dadurch können wir extrem erfolgreiche Unternehmen aufbauen.
Dauert es nicht zu lange, erfolgreiche Unternehmen aufzubauen?
FP: Amazon mit 20 Jahren und Tesla mit 15 Jahren sind Beispiele dafür, wie schnell Unternehmen Marktkapitalisierung im Milliardenbereich erhalten können. Im Nachhaltigkeitsbereich liegt enormes Potenzial – Unternehmen, die heute noch privat sind, können in kürzester Zeit in die Milliarden schiessen. Warum? Weil die Entwicklung hin zur Nachhaltigkeit auf einem Weltlevel koordiniert passiert. Zwar in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, wenn man sich die verschiedenen Länder anschaut, aber schlussendlich kommt niemand drum herum. Das Tempo, in dem das passiert, ist grossartig für Investoren.
„Unternehmen, in die wir investieren, haben kein hohes ESG-Rating. Es kommt aber nur darauf an, wie sie es mit der Zeit verbessern.“
Furio Pietribiasi
Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf die Unternehmen, die für den Fonds interessant sind?
DW: Die Pandemie hat Menschen angeregt, globaler zu denken, und sie dazu gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, was sie überhaupt tun. Den Menschen ist bewusst geworden, wie schnell wir natürliche Ressourcen verbrauchen und wie wichtig das Miteinander und die Fürsorge für andere Menschen sind. Darüber hinaus hat die Pandemie die Menschen an ihre Nachbarn erinnert. Wir verwandeln uns in eine nachhaltigere Gesellschaft – das spielt den Unternehmen, in die wir durch unseren Fonds investieren, in die Karten.
MIFL stammt aus Italien und hat seinen Sitz in Irland. Wo sitzen Ihre Investoren?
FP: Unsere Fokusländer sind ganz klar Deutschland, Italien und Spanien. Wir glauben, dass für unsere Kunden das beste Ergebnis durch professionelle Finanzplanung herauskommt, kombiniert mit qualitativ hochwertigen Produkten. Damit wir auf die individuellen Bedürfnisse unserer Investoren eingehen können, brauchen wir Berater, die sich extrem gut in ihrem Feld auskennen. Alles ist massgeschneidert auf die Erfahrungen und den Hintergrund der Kunden. Die genaue Anpassung an unsere Kunden erfordert ein hohes Mass an Ressourcen und Zeit. Deshalb konzentrieren wir uns auf diese drei Länder.
Und wo liegt der Investitionsfokus in Ihrem eigenen Unternehmen?
FP: Unser Fokus liegt ganz klar auf dem Team – und das wird auch so bleiben. Nichtsdestotrotz kann man sich, wenn man ein Unternehmen erfolgreich machen will, nicht ausschliesslich auf das Team konzentrieren, deshalb wollen wir dieses Jahr mehr in Technologie investieren. Die wird in unserem Bereich immer relevanter, um die Skalierbarkeit zu gewährleisten, aber auch, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Furio Pietribiasi
...studierte Economics and Finance an der Universität Triest. 1996 kam der Italiener zu Mediolanum, seit 2008 ist er CEO der Tochtergesellschaft Mediolanum International Funds und lebt seit mittlerweile 24 Jahren in Dublin.
David Whitehead
...stammt aus Dublin und schloss am University College in Dublin seinen Master in Strategic Management & Planning, Business, Management, Marketing and Related Support Services ab. Daraufhin arbeitete er knapp 15 Jahre als Investmentanalyst, bis er 2020 bei Mediolanum International Funds als Equity Portfolio Manager anfing.
Text: Juli Sixl
Fotos: Stuart McNamara
Dieser Advoice erschien in unserer Ausgabe 1–22 zum Thema „Ressourcen“.