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accent ist der Hightech-Inkubator in Niederösterreich und unterstützt mit Leidenschaft und Kompetenz erfolgversprechende Start-ups aus Niederösterreich beim Aufbau ihres Unternehmens. Mit seinen Standorten in Schwechat, Krems, Tulln und Wiener Neustadt ist accent breit aufgestellt.
Der niederösterreichische Hightech-Inkubator accent unterstützt unter der Geschäftsführung von Michael Moll Start-ups in ihrer Entwicklung. Ensemo, Agrobiogel, Lignovations und Beetle Fortech zählen zu den Erfolgsbeispielen des Inkubators.
Neben Business Development und IP-Strategie unterstützt der niederösterreichische Hightech-Inkubator accent seine Start-ups auch bei der Finanzierung und stellt Zugang zu Business Angels her. Mit seinem weltweit einzigartigen Makerspace am Standort Tulln kann accent seinen Jungunternehmern nicht nur wichtiges Know-how, sondern auch Raum und Ressourcen zur Entfaltung ihrer Ideen bieten. Der Makerspace befindet sich in einer ehemaligen Landwirtschaftsschule und bietet den Start-ups unter anderem Laborräumlichkeiten, Werkstätten, Glashäuser, Büros und Feldflächen. Vier seiner vielversprechendsten Start-ups stellt accent Forbes DA vor.
Im Interview erzählen Gibson Nyanhongo, Gründer von Agrobiogel, Birgit Mitter, Mitgründerin von Ensemo, Martin Miltner, Mitgründer von Lignovations, und Sebastian Vogler, Mitgründer von Beetle Fortech, von ihren Unternehmen.
Was ist die Idee hinter Ihrem Start-up?
Agrobiogel: Agrbiogel hat ein Hydrogel aus natürlichen Rohstoffen entwickelt, das in den Boden gespritzt wird und die Bodenqualität in der Landwirtschaft deutlich verbessert. Das Hydrogel absorbiert Wasser und setzt es langsam wieder in seiner Umgebung frei. Das Hydrogel dient so nicht nur zur Bewässerung, sondern auch als Dünger. Agrobiogel wird ausserdem aus Holz gewonnen und zersetzt sich langfristig zu Humus.
Ensemo: Wir entwickeln ein Verfahren, bei dem wir versuchen, Mikroorganismen in Pflanzensamen zu integrieren. Mikroorganismen haben ein grosses Potenzial und sind wie beim Menschen auch bei Pflanzen wichtig für das Überleben und die gesunde Entwicklung. Die Samen werden maschinell aufgeschnitten, die Mikroorganismen hineingespritzt und anschliessend wird das Ganze wieder verklebt. Unser Ziel ist es, die Mikroorganismen als Alternative für chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu verwenden, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten.
Lignovations: Wir haben eine patentierte Technologie zur Herstellung einer biobasierten Materialplattform entwickelt, die viele schädliche chemische Inhaltsstoffe ersetzen kann. So wollen wir die chemische Industrie nachhaltiger machen. Dabei fokussieren wir uns vor allem auf Produkte, die direkt beim Verbraucher landen und negative Auswirkungen auf Mensch und Natur haben. Konkret beschäftigen wir uns damit, UV-Filter in Sonnenschutz zu ersetzen.
Beetle Fortech: Unser Ziel ist es, die Holzbranche zu digitalisieren und nachhaltiger zu gestalten. Wir entwickeln deshalb ein globales Netz zur Rückverfolgung von Holz, um die Herkunft der Ressourcen zu sichern und eine Lösung für eine einfachere Einhaltung der Vorschriften einer nachhaltigen Forstwirtschaft zu schaffen. Dazu haben wir eine Software entwickelt, die verschiedene Sorgfaltspflichten und Auflagen für den Handel automatisiert. Nach Anfragen der Industrie haben wir ausserdem begonnen, ein System zu entwickeln, das Holzstücke bis zum exakten Ursprungsort zurückverfolgen kann.
Wieso ist Ihr Thema aktuell relevant?
Agrobiogel: Die globale Landwirtschaft verbraucht 70 % des Süsswassers, gleichzeitig werden durch den Klimawandel Dürreperioden in vielen Gegenden immer häufiger. Agrobiogel speichert 95 % des Wassers und sorgt so dafür, dass bis zu 40 % weniger Bewässerung notwendig ist. Das Agrobiogel unterstützt Bauern ausserdem dabei, besonders heisse und niederschlagsarme Perioden zu überdauern. Während bei der Zersetzung herkömmlicher Düngemittel CO2 freigesetzt wird, ist Agrobiogel zu 100 % biologisch abbaubar.
Ensemo: Es gibt bereits ein grosses Interesse in der Biotechnologie daran, mit Mikroorganismen Pflanzen zu unterstützen. Das Problem ist allerdings, dass die aktuellen Unterstützungsmethoden für Chemikalien entwickelt wurden und bei Mikroorganismen nicht funktionieren. Wenn wir die Mikroorganismen aber in den Samen einbringen, sind sie geschützt und können überleben.
Lignovations: Die schädlichen chemischen Inhaltsstoffe, die wir ersetzen möchten, wie zum Beispiel UV-Filter, Emulgatoren oder antimikrobielle Wirkstoffe, sind von Kosmetikprodukten bis zu Verpackungssystemen überall vorhanden. UV-Filter haben in letzter Zeit besonders viel Aufmerksamkeit erhalten: Diese sind nicht nur für Ökosysteme schädlich – wenn sie beispielsweise im Meer landen –, sondern dringen auch in den menschlichen Organismus ein und können Allergien, Hormonstörungen und Krebs verursachen. Mit unserem Produkt können wir hier eine tolle Alternative bieten.
Beetle Fortech: Dank der European Timber Regulation müssen Holzherkünfte überprüft werden, wenn ein grösseres Unternehmen Holz bezieht. Dadurch will man verhindern, dass die Rohstoffe aus illegalen Quellen kommen oder mafiöse Strukturen gefördert werden. Diese Regelung ist allerdings sehr jung. Wir wollen den Handel bei der Einhaltung unterstützen, aber durch die Entwicklung unseres globalen Netzwerks auch Sichtbarkeit in der Branche schaffen.
Wie kam es zur Gründung?
Agrobiogel: Die Möglichkeiten des Hydrogels habe ich bereits vor sechs Jahren in meiner Arbeit an der Boku Wien erkannt, mir fehlten allerdings die finanziellen Mittel. Gemeinsam mit meinem Kollegen Johannes Schwarz, der bereits zuvor im Hydrogel-Sektor tätig war, gingen wir zu accent.
Ensemo: Nikolaus Pfaffenbichler und ich haben gemeinsam am Austrian Institute of Technology gearbeitet und dort unsere Technologie entwickelt. Zuerst wollten wir unser Verfahren an grosse Konzerne wie Bayer oder Monsanto verkaufen; es hat sich aber herausgestellt, dass diese nicht agil genug sind, um unsere Technologie zu implementieren. Kurzerhand haben wir uns dann entschieden, aus der Idee ein Start-up zu machen.
Lignovations: Die technischen Gründer sind meine Frau Angela Miltner, unser Kollege Stefan Beisl und ich. Wir haben uns 2015 auf der TU Wien kennengelernt und sind schnell gemeinsam draufgekommen, dass Lignin, aus dem wir unsere Materialien gewinnen, ein sehr spannendes Molekül ist und nicht ausreichend genutzt wird. Diese Marktlücke wollten wir füllen.
Beetle Fortech: Als ich für meinen Master zurück an die Boku Wien ging, hat sich dort im Zuge eines Ideenwettbewerbs unser Team zusammengefunden. Aus dem Gründungsteam von vier Personen sind wir mittlerweile auf neun angewachsen.
Wo stehen Sie heute?
Agrobiogel: Im Oktober 2021 erhielten wir in unserer Seed-Runde 600.000 € und im Zuge des European Innovation Council Accelerator Program (EIC, Anm) zusätzlich eine siebenstellige Förderung. Nun befinden wir uns mitten im Prozess,
eine industrielle Produktion zu planen.
Ensemo: Wir stecken momentan tief in der Entwicklung einer industrietauglichen Maschine. Ein Marktstart ist für 2025 geplant.
Lignovations: Wir haben bereits zwei nationale Förderungen erhalten und parallel dazu sechs Business Angels für uns gewinnen können. Ende dieses Jahres wollen wir unser Produkt bereits verkaufen können.
Beetle Fortech: Unsere Software soll im zweiten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen. Der zweite Schritt ist die Entwicklung unserer Stammkodierungstechnologie, die wir gerade patentieren lassen.
Wie hat sich der Umstand, Teil eines Start-up-Inkubators zu sein, für Sie ausgewirkt ?
Agrobiogel: accent stellte uns einerseits die nötigen Büroräumlichkeiten zur Verfügung und unterstützte uns andererseits durch Coaching. Nach einem intensiven Bootcamp konnten wir unseren Businessplan aufstellen und uns für die Finanzierung bewerben.
Ensemo: Obwohl wir bereits ein Alumnus von accent sind, dürfen wir weiterhin den Makerspace zu einem sehr günstigen Preis verwenden. Das hilft uns natürlich sehr.
Lignovations: accent hat uns ein sehr wichtiges Netzwerk zur Verfügung gestellt. Den Makerspace in Tulln nutzen zu können, wo wir unsere Anlage provisorisch aufbauen konnten, um einen Prototyp herzustellen, war ausserdem besonders hilfreich für uns.
Beetle Fortech: accent war für uns sehr wertvoll. Wir hatten vorher alle keine unternehmerische Erfahrung, nur sehr viele Produktideen. Diese Ideen in einen finanzierbaren Raster hineinzupressen und weiter auszuformen war sehr lehrreich für uns.
Welche Herausforderungen stehen Ihnen bevor?
Agrobiogel: Wir sind der erste Anbieter, der ein zugelassenes, leistbares und funktionsfähiges Produkt dieser Art anbietet. Die einzige Herausforderung, die ich deshalb momentan für uns sehe, ist Druck, der auf unseren Schultern liegt. Es gibt so viel Nachfrage, dass es schwierig werden könnte, mit der Produktion nachzukommen.
Ensemo: Unsere grösste Challenge
ist es, den Durchsatz unserer Maschine auf 4.000 Stück pro Sekunde zu steigern. Prinzipiell wird die Verfügbarkeit von Düngern aber immer schwieriger und Mikroorganismen werden immer wichtiger. Davon profitieren wir natürlich.
Lignovations: Unser Verfahren zu skalieren wird wahrscheinlich unsere grösste Herausforderung sein. Wir haben ein sehr hochwertiges Produkt entwickelt und müssen nun unsere Produktion hochskalieren.
Beetle Fortech: Neben der Produktentwicklung ist die grösste Herausforderung vor allem die globale Ausrollung. Unser System ist darauf ausgelegt, grossflächig verwendet zu werden.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Agrobiogel: In fünf Jahren werden wir laut unserer eigenen Prognose 100.000 Tonnen produzieren können. Unser Ziel ist es, Bauern auch im globalen Süden erreichen zu können. Dafür müssen wir unser Produkt günstiger machen.
Ensemo: In fünf Jahren haben wir idealerweise unseren ersten Industrieprototyp entwickelt, unsere Technologie wurde vom Markt gut angenommen und wir haben das Tor geöffnet, um Mikroorganismen grossflächig in der Landwirtschaft anwenden zu können.
Lignovations: In fünf Jahren wird Lignovations eine grosse Produktionsanlage in Betrieb genommen haben und wir werden unsere Produkte einer breiten Palette von Herstellern anbieten können. Diese Skalierung wird es uns auch erlauben, die Produkte wirtschaftlich zu vertreiben.
Beetle Fortech: In fünf Jahren haben wir idealerweise einen bestimmten grossen schwedischen Möbelhersteller dazu gebracht, sein Holz volltransparent zu beziehen. Damit wäre einiges geschafft.
Text: Sophie Ströbizer
Fotos: Keith Nyanhongo, Ensemo, Lignovations, Elias Wassner
Dieser Advoice erschien in unserer Ausgabe 2–22 zum Thema „Innovation & Forschung“.