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Die Coronapandemie sorgte für 79 % Investitionszuwachs im Segment Digital Health. Die Branche boomt – und gewiefte Anleger reiben sich die Hände ob der sprudelnden Gewinne.
Kein Schatten ohne Licht – das gilt auch für die Coronakrise. Und während die einen unter Maske-auf-Maske-runter-Lockdown-oder-vielleicht-jetzt-doch-nicht-Arabesken der Politiker ächzen, finden wache Investoren so manches Pflänzchen, das es zu hegen lohnt.
Denn in der Krise floss und fliesst das grosse Geld: Laut dem aktuellem M&A-Marktreport von Hampleton Partners sorgt die Coronapandemie, deren Auswirkungen Unzulänglichkeiten im Gesundheitswesen offengelegt haben, nämlich für einen heftigen Investitionsschub an Risiko- und Wachstumskapital im Sektor Healthtech: Insgesamt 57,2 Milliarden Dollar an Finanzmitteln wurden im Jahr 2021 aufgebracht, was gegenüber 2020 einem Anstieg von satten 79 % entspricht.
Die gesamte Gesundheitsbranche verzeichnete im Vorjahr in Summe 601 Unternehmensübernahmen, das waren 13 % mehr als 2020 und gar 40 % mehr als 2019. Dabei überstiegen zehn Healthtech-Deals 2021 die Marke von einer Milliarde US-$. Die Auswirkungen der Pandemie auf die individuelle psychische Gesundheit sind weltweit zu spüren – und das lässt Gelder sprudeln: Die Investitionen in Technologien in diesem Bereich beliefen sich entsprechend im Jahr 2021 auf 5,5 Milliarden US-$ und sind damit seit 2020 um saftige 139 % gestiegen.
Die Pandemie hat nicht nur das normale Leben aller Bürger, sondern auch die herkömmliche Durchführung klinischer Studien massiv gestört und damit die Entwicklung von Arzneimitteln ordentlich ins Stocken gebracht. Das wiederum hat einen Innovationsbedarf im Bereich der klinischen Studien hervorgerufen, und wache Investoren haben umgehend darauf reagiert, indem sie auf Technologien zur Verbesserung der Rekrutierung und der Teilnahme an klinischen Studien gesetzt haben. In diesem Teilsektor gab es einen Anstieg der Investitionen um 53 % von 1,8 Milliarden US-$ im Jahr 2020 auf 2,7 Milliarden Dollar im
Jahr 2021.
Die Aussichten bleiben rosig, ist man bei Hampleton Partners überzeugt: Die aktuellen Umstände haben zu einer zunehmend bedeutenden Kapitalbeschaffung und M-&-A-Konsolidierung geführt, zumal allein der Markt für Enterprise Healthtech bis 2025 ein Volumen von 1,3 Billionen US-$ erreichen soll und keine Anzeichen einer Verlangsamung zeigt.
Zeichen einer Verlangsamung zeigt hingegen die Aktie von Biontech – aber das ist Jammern auf höchstem Niveau: Das Papier des Herstellers eines der wichtigsten und effektivsten Covid-19-Impfstoffe befindet sich seit fast einem Jahr in einer starken Korrekturbewegung und fiel dabei vom Allzeithoch bei 464 US-$ auf ein Tief bei 117,08 US-$. Zum Vergleich: Die Erstnotiz lag bei 16,50 US-$. Die Zulassung des Impfstoffes mit dem sperrigen Namen Comirnaty hatte erwartungsgemäss einen entscheidenden Einfluss auf den Börsenkurs. Daraufhin avancierte der Biontech-Anteilsschein 2021 zu einer der erfolgreichsten Biotech-Aktien.
Die Aktie des Biotechnologieunternehmens mit Sitz in Mainz unterläuft charttechnisch den Versuch einer Bodenbildung – eine Korrektur war allgemein erwartet worden –, aber die Luft ist noch lange nicht raus: Im Jahr 2008 von Ugur Sahin, Özlem Türeci und Christoph Huber gegründet, setzt man aktuell auf den Ausbau der Produktionsstätten sogar bis nach Afrika.
Hohes Potenzial orten auch Analysten: Die Schweizer Grossbank UBS hat die Einstufung für Biontech nach einem Forschungs- und Entwicklungstag auf „Neutral“ mit einem Kursziel von 168 US-$ belassen. Der Corona-Impfstoffpionier habe Einblick in seine wissenschaftlichen Bemühungen verschafft, meinte Analystin Eliana Merle. In der Pipeline gebe es Projekte mit langfristigen Aussichten, aber vorerst stehe der Omikron-Booster im Fokus. Der Kurs lag zum Redaktionsschluss bei rund 160 US-$.
Deutlich mehr Luft nach oben sehen Experten von der anderen Seite des „Grossen Teichs“: Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat das Kursziel für Biontech von 206 auf 209 US-$ angehoben, die Einstufung aber auf „Neutral“ belassen. Analyst Chris Shibutani passte seine Schätzungen und das Kursziel mit Blick auf die jüngste Bestellung der USA von weiteren Mengen des Corona-Vakzins an. Die Order sei positiv und bringe zusätzliche Umsätze bereits im zweiten Halbjahr. Hat Shibutani mit seiner Prognose recht, wären für Anleger mehr als 25 % Kursgewinn drin.
Ein weiterer Liebling gleichwohl von Analysten und Anlegern ist das Biotechnologieunternehmen Amgen: 1980 als AMGen (Applied Molecular Genetics) gegründet, ist man mit rund 21.000 Mitarbeitern einer der wichtigsten Player in diesem Bereich mit einem Jahresumsatz 2021 von 25,98 Milliarden US-$.
Als weltweit grösstes Biotechnologieunternehmen hat das Unternehmen mit Sitz im kalifornischen Thousand Oaks zahlreiche monoklonale Antikörper in der klinischen Entwicklung. Der Konsens der 27 Analysten, die Amgen bewerten, liegt bei „Halten“.
Wenn Bullen ihre Chance nutzen, um die Konsolidierung nach oben zu verlassen, läge das erste Kursziel im Bereich der Hochs von April/Juni bei 258 US-$. Hier wird sich dann entscheiden, ob die Bullen genug Kraft haben, auch das Rekordhoch aus 2021 bei 276 US-$ zu erreichen oder sogar zu überschreiten. Das Kursziel am oberen Ende der Preisspanne sehen Analysten bei 295 US-$; zum Redaktionsschluss lag der Amgen-Kurs bei knapp unter 250 US-$. Während der letzten drei Jahre legte das Papier um fast 60 % an Wert zu.
Zuletzt heftig gebeutelt, aber noch immer im Fokus der Anleger ist die bayrische Morphosys: Das 1992 gegründete biopharmazeutische Unternehmen mit Sitz in Planegg in der Nähe von München verfügt über verschiedene Antikörper-, Protein- und Peptid-Technologien, die es zur Erforschung und Entwicklung sowohl eigener als auch verpartnerter Arzneimittelkandidaten einsetzt.
Man hat mehr als 100 Medikamente in der Pipeline, die für die Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten untersucht werden. Während viele davon in Partnerschaften mit Pharma- und Biotech-Unternehmen entwickelt werden, verfügt Morphosys auch über einen firmeneigenen Krebs-Schwerpunkt. Zur Gesellschaft, die im Vorjahr einen kräftigen Umsatzeinbruch von 327 Millionen auf knapp 180 Millionen € hinnehmen musste, gehört eine hundertprozentige Tochtergesellschaft in Boston im US-Bundesstaat Massachusetts.
Die Aktie schwankte zuletzt heftig und verlor während der letzten zwölf Monate heftige 60 % und sackte auf aktuell 20 € ab. Doch Experten orten Chancen für die Bayern: Das Top-Kursziel wird bei 38 € gesehen, das wäre ein Anstieg zum aktuellen Kurs von 86 %.
Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für Morphosys auf „Neutral“ mit einem Kursziel von immerhin 34 € belassen. Analyst James Gordon sieht die Lizenzvereinbarung mit Human Immunology Biosciences positiv. Der deutsche Antikörperspezialist erhält für den Vertragsabschluss mit Human Immunology Biosciences eine Vorauszahlung von 15 Millionen US-$ für die Krebstherapie MOR210.
Illustration: Valentin Berger