FLUGLINIEN

Eine Branche mit vielen Fragezeichen.

Kürzlich wollte ich von Wien nach Zürich fliegen. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, keine Ein-Tages-Reisen mehr zu machen, aber es ging in dem Fall nicht anders, und so musste ich mein Versprechen brechen und doch wieder am Morgen in die Schweiz und abends zurück. Ich habe einige Jahre in Zürich gelebt und kenne die Strecke daher gut. Vor der Pandemie kosteten die Tickets rund 200 €; als Air Berlin pleiteging, rund 300 € bis maximal 400 €.

Als ich nun erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder Flüge checkte, zeigte der Preiszettel jedoch 920 € – für einen einstündigen Flug von Wien nach Zürich. Nun kann man sagen, dass Fluglinien endlich verstanden haben, dass sie jahrelang zu billige Tickets verkauft und damit nicht nur ihren Wettbewerb zerstört, sondern auch die Umwelt beschädigt haben – doch eine weitere Recherche auf Drittplatt­formen zeigte, dass die Preispolitik der Fluglinien nicht nur völlig intransparent geworden ist, sondern auch vollkommen schwachsinnig.

Denn auf dieser Drittplattform kostete ein Flug von Wien nach Zürich nur 420 €. Der Clou dahinter: Hidden City-Hack. Dabei buchen Drittplattformen Flüge, die über die gewünschte Destination als Zwischenstopp in eine dritte Stadt führen – und der Passagier steigt auf halbem Weg einfach aus. In meinem konkreten Fall hiess das: Ich könnte von Wien nach Zürich und dann weiter nach Palma buchen und in Zürich aus­steigen; zurück würde der Flug dann von Zürich über Wien nach London gehen. Wieso ein solcher Flug weniger als die Hälfte eines Direktflugs kosten soll, ist mir bis heute rätselhaft.

Auch die Besetzung von Flugzeugen funktioniert nicht immer reibungslos. Fluglinien überbuchen Maschinen nämlich systematisch und wetten darauf, dass ein gewisser Anteil der Passagiere nicht auftaucht. Wenn dann plötzlich alle kommen, werden eben Sitze versteigert. Mir wäre das grundsätzlich egal, wenn Fluglinien nicht so wahnsinnig viel Steuergeld bekommen hätten, um die Corona­virus-Pandemie zu überstehen. Und wenn die Situation so weitergeht, wie es bisher aussieht – wo Flüge aufgrund von Unwettern, Streiks etc. ausfallen –, wird es nicht die letzte Finanzspritze gewesen sein, die wir (also der Staat) Austrian Airlines oder Lufthansa geben müssen. Ich halte das generell für einen Fehler, aber wenn schon, dann mit entsprechenden Gegenleistungen; etwa weitreichenden Investitionen in die eigene Flotte, in die Entwicklung von Biofuels oder elektrischen Antrieben etc. Doch vor allem braucht es ein massives Umdenken, was die Preissetzung angeht. Während Ryanair-Chef Michael O’Leary über kostenlose Flüge nachdenkt (er will von den Flughäfen am Umsatz beteiligt werden), kosten Kurzstreckenflüge bei anderen Linien dreimal so viel wie vor der Pandemie. Während man für 17 € von Berlin nach Paris fliegen kann, zahlen andere im gleichen Flieger das 200-Fache davon.

Es wird höchste Zeit, dass die Flugbranche erkennt, dass umweltschädliches Verhalten, fehlendes strategisches Denken und völlige Intransparenz bei Preisen keine grosse Zukunft haben. Dass das die Staaten noch nicht erkannt haben, okay – die brauchen manchmal ein biss­chen länger. Aber auch sie werden es begreifen (müssen). So geht es nämlich nicht weiter.

Klaus Fiala
...ist Chefredakteur der deutschsprachigen Ausgabe von Forbes.

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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