Angela Pernsteiner

Am Anfang ein Kunde, am Ende der Eigentümer: So die Kurzversion der jüngsten Geschichte des Yachtenbauers Dominator und seiner neuen Eigentümerfamilie mit Angela Pernsteiner an der Unternehmensspitze.

Während andere sich im Kreis drehen, fährt Angela Pernsteiner ein Dreieck ab – Fano, Vaduz, Wien. Oder wie die 29-Jährige selbst sagt, die „Hausstrecke“. Die Reisen zu Bootsmessen und zu Kunden werden extra gezählt. „Vor drei Wochen war ich zum Beispiel in Kiew, in Genf und in Texas.“ Wenn der Kunde danach verlange, packe sie ihr Designteam und alle Präsentationsmaterialien ein und sitze im nächsten Flieger. Einmal die Woche aber schaue sie, dass sie zu ihrer Familie und zu ihrem Partner komme – „wenn es geht“.

Seit 2015 ist Angela Pernsteiner Geschäftsführerin der Dominator Illumen AG. Der italienisch-österreichische Yachtenbauer mit Geschäftssitz in Vaduz zählt zwar zu den kleineren auf dem internationalen Markt, schlägt aber mit seinem Angebot der individuellen Fertigung ausschliesslich auf Anfrage hohe Wellen in der Branche. Im Juni soll die erste Yacht der neuen Serie vorgestellt werden, so Pernsteiner. Da alle Yachten nach Kundenwunsch gefertigt werden, ist ihre Stückzahl auf vier bis fünf im Jahr begrenzt. Beim Preis hingegen gibt es kein Limit: ­Beginnend in der kleinsten Grösse (28 Meter) bei sieben Millionen € wird von einer Obergrenze nicht gesprochen. Nur so viel: „The Sky is the Limit.“ Ihre Kunden sind anspruchsvoll: Gefragt ist viel Platz in der Kabine, nebst Komfort und Luxus, für den der Luxus-Laie ein gerüttelt Mass an Fantasie braucht, um ihn sich überhaupt vorstellen zu können. Dieser Grad an individuellen Wünschen aber erfordere häufig auch Änderungen am Rumpf, der ebenso individuell auf seine Sicherheit geprüft ­werden will. Modernste nautische ­Technik, wenig Schadstoffemissionen und möglichst geringer Wartungsaufwand werden vorausgesetzt. „Wir decken eine Nische ab. Die hohe Fertigungstiefe bedingt die Kostenintensität.“

Es ist ein Geschäft, in das Angela Pernsteiner über ihre Familie hineinfand. 2009 kaufte Angelas Vater Wolfgang Pernsteiner, selbst Familienunternehmer und u. a. am Feld des Korrosionsschutzes für Drahtseile erfolgreich tätig, die wie so viele andere in die Finanzkrise geschlitterte Dominator-Werft im italienischen Fano. Ursprünglich, erzählt Pernsteiner, sei die Familie mit ihrer Dominator-Yacht Kunde der Werft gewesen. „Und plötzlich hatten wir eine Werft“, lacht die 29-Jährige.

Ich spreche mit vielen aus der zweiten oder dritten generation von familienunternehmen, deren väter das zepter nicht aus der hand geben wollen. Bei uns war es genau das gegenteil.

Gemeinsam wurde die gesamte Unternehmung restrukturiert – Angela selbst begann im Bereich der strategischen Kommunikation und des Markenaufbaus. „Damals standen vertrauensbildende Massnahmen im Vordergrund. Es war wichtig, unserem Umfeld zu zeigen und auch in den Markt zu kommunizieren, dass hinter der Werft eine ­Familie steht und kein anonymer Investor.“ Ihr Bruder, mit dem sie sich die Geschäftsführung anfangs teilte, zog sich aus dem Yachten-Business zurück. „Ihm ist das weniger gelegen als mir“, sagt Pernsteiner dazu. Heute steht sie einem Kernteam aus Inge­nieuren, Qualitätsmanagern und Designern vor und koordiniert die ­gesamte Wertschöpfungskette via Subunternehmen. In Spitzenzeiten, sagt sie, arbeiten zwischen 80 und 90 Leute an einer Yacht. Diese Struktur helfe dabei, die Fixkosten in überschaubaren Massen zu halten.

Das unternehmerische Talent habe sie von ihrem Vater mitbekommen; sie sieht sich in einer privilegierten Rolle: „Ich spreche mit vielen Menschen aus der zweiten und dritten Generation von Familienunternehmen. Und deren Väter – meistens sind es nach wie vor Väter – wollen das Zepter nicht aus der Hand geben. Bei uns war es das genaue Gegenteil.“

Einige Male sei sie ins kalte Wasser gesprungen – geworfen, sagt sie, wurde sie nie –, war oft überfordert, aber – mit einem humorvollen Blick auf sich selbst: „Man wächst mit den Aufgaben.“ Disziplin sei eine ihrer herausragenden Eigenschaften, so Pernsteiner; auch Ehrgeiz, der ihr ­zuweilen in Form eines Überperfek­tionismus auch mal im Weg stehe. Ihr „Mühlviertler Sitzfleisch“ aber belohnte sie dennoch oft mit Erfolg. Auf die Frage, was dieses „Mühlviertler Sitzfleisch“ überhaupt sei, sagt Pernsteiner mit entwaffnendem Lachen: „Enormes Durchhaltevermögen. Stur und hart wie Mühlviertler Granit – so sagt man das bei uns.“

Die akademische Karriere, mit der sie ursprünglich geliebäugelt habe, wurde spätestens 2015 von Dominator Yachts – im wahrsten Sinne – durchkreuzt. Nach ihrem BWL-­Studium an der JKU in Linz, das sie in einer Rekordzeit von sechs Semestern – parallel mit einer Summer School in St. Gallen („Spaziergang war das keiner“) – durchzog, sollte 2011 noch ein Doktorats­studium in St. Gallen folgen. Dieser Spagat sei sich nicht mehr ausgegangen, sagt sie rückblickend, aber ohne Wehmut. Der Abschluss steht noch auf Pernsteiners Agenda. Das gewählte Thema – „Neuroökonomie“ und die Prozesse im Gehirn von Menschen, wenn sie finanzielle Entscheidungen treffen – fasziniere sie nämlich immer noch. Und wieder ­lachend im Nachsatz: „Jedenfalls habe ich daraus gelernt, dass nicht alle Entscheidungen, die ich treffe, exotisch sein müssen.“

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Fotos: Jiri Turek & Jana Jaburkova

 

Heidi Aichinger,
Herausgeberin

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