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Die Prodinger Gruppe zählt zu den führenden Steuer- und Unternehmensberatungen in Westösterreich. Obwohl Unternehmenschef Lukas Prodinger noch keinen Rücktritt plant, bereitet sich das Team der Spezialisten für Betriebsübergaben bereits auf die eigene vor, denn Sohn Arthur übernimmt schrittweise wichtige Aufgaben im Unternehmen – und lernt dabei aus erster Hand, womit seine Kunden am häufigsten kämpfen.
Der erste Forbes Money Summit in Wien im Juni dieses Jahres war geprägt von spannenden Geschichten, neuen Perspektiven und frischen Ideen zu den Themen „Purpose & Profits“. Auch Lukas Prodinger, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Prodinger, sowie sein Sohn Arthur, der aktuell Berufsanwärter als Steuerberater ist, waren als Speaker vor Ort – sie diskutierten zum Thema Nachfolge und Übergabe, denn die Unternehmensgruppe Prodinger ist mit Kompetenzen in Steuer- und Unternehmensberatung nicht nur renommierter Ansprechpartner für Betriebsübergaben, sie steckt auch selbst gerade mittendrin in diesem Prozess. Während also Lukas Prodinger weiterhin aktiv ist, bereitet sich Sohn Arthur, seit eineinhalb Jahren im Familienunternehmen tätig, langsam, aber sicher auf die Führung des Unternehmens vor.
Bei ihrem Auftritt gaben sich die Prodingers authentisch und recht offen; sie räumten etwa ein, dass in einem Familienbetrieb nicht immer eitel Wonne herrscht, dass Konflikte aber durchaus auch Vorteile mit sich bringen können. „Man muss auch streiten können. Ehrliche Kommunikation ist das Um und Auf“, so Arthur Prodinger beim Event. Auch bei persönlichen Fragen blieb er entspannt: Ursprünglich wollte er Pilot werden, doch Sehtests zeigten in seiner Jugend, dass er dafür nicht geeignet war. Heute ist er froh, sich für Plan B entschieden zu haben: ein Jusstudium und den Einstieg ins Familienunternehmen.
Rund zwei Monate später trafen wir Arthur Prodinger zum Interview, um mehr über die Sichtweise des Nachfolgers in der Geschäftsleitung zu erfahren. Doch Prodinger will als Berufsanwärter nicht von einer formellen Übergabe sprechen, da sein Vater weiterhin aktiv im Betrieb tätig ist; vielmehr freut ihn, dass er überhaupt in Erwägung gezogen wird. „Ich finde es wirklich toll, dass mir diese Verantwortung zugetraut wird, das ist die schöne Seite. Auf der anderen Seite bedeutet es natürlich viel Druck für mich, weil ich überall mitmische. Das ist Fluch und Segen im Familienunternehmen – man ist für alles zuständig“, sagt Prodinger.
Die Vorgehensweise der Gruppe, um die nächste Generation auf ihre Aufgabe vorzubereiten, ist holistisch: Als Jurist soll Arthur Prodinger auch in anderen wichtigen Bereichen wie Finanzen, Management und Unternehmensstrategie Kenntnisse erwerben. Er setzt dabei auch auf das Trial-and-Error-Prinzip. „Ich bekomme Freiräume, kann Dinge ausprobieren und darf manchmal sogar scheitern. Das ist grundsätzlich etwas Wertvolles, denn darin liegt enormes Lernpotenzial“, sagt er. Dass diese Zeit überhaupt da ist, liegt an einem gemeinsamen Verständnis über den Prozess der Übergabe: „Wir haben entschieden, dass der Übergabeprozess nicht über Nacht, sondern schrittweise erfolgen soll. Das ist nur möglich, weil mein Vater und ich uns verstehen und respektieren. Auch die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen, ist wichtig. Ohne diese Voraussetzungen würde diese langsame Übergabe nicht funktionieren“, erklärt Prodinger.
Aus seiner Beratungserfahrung weiss der Jungmanager nur zu gut, dass eine so langsame und gründliche Betriebsübergabe eher selten ist. Die österreichische Wirtschaft ist stark von Familienunternehmen geprägt: Laut KMU Forschung Austria sind 51 % der Unternehmen in Österreich Familienbetriebe (Ein-Personen-Unternehmen nicht mitgerechnet); in manchen Bereichen, etwa dem Tourismus, wo auch Prodinger stark verankert ist, sind es sogar fast 70 %. Laut einer Erhebung der Jungen Wirtschaft steht bei über 50.000 Unternehmen in den nächsten Jahren eine Übergabe an – und das Beratungshaus EY und die Bank LGT Österreich haben erforscht, dass rund 60 % der Unternehmen noch keinen Plan punkto Nachfolge haben. Prodinger: „Übergaben geschehen selten rechtzeitig – meistens erst dann, wenn die ältere Generation bereits ans Aufhören denkt. Oft treten die Leute erst dann an uns heran, wenn der Wunsch zur Übergabe bereits reif ist und sie sich zurückziehen möchten.“
Und: Dass eine Übergabe überhaupt stattfindet, ist nicht selbstverständlich. Laut der Studie „Unternehmensnachfolge 2023“ der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) erwägt in Deutschland ein Viertel der über 60-jährigen Unternehmer, den eigenen Betrieb vorzeitig zu schliessen, was in den nächsten fünf Jahren etwa 250.000 Unternehmen betreffen könnte. Es gibt mehr Angebote als Interessenten, die Covid-Pandemie hat die Zahl der potenziellen Nachfolger seit der Pandemie zusätzlich gesenkt. Ursachen sind demografische Veränderungen, wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Kosten. Kein Wunder, denn das Risiko ist hoch: Laut Schätzungen von Lars Schweizer, Wirtschaftswissenschaftler an der Goethe-Universität Frankfurt, scheitert mindestens jede zweite Unternehmensübernahme, wobei die Misserfolgsquote je nach Messmethode bis zu 70 % betragen kann.
Daher suchen sich die meisten Betroffenen Hilfe: Laut KMU Forschung Austria nehmen rund zwei Drittel im Zuge der Übergabe eine externe Beratungsleistung in Anspruch. Am beliebtesten waren dabei Steuerberatungen, die auch die besten Bewertungen erhielten: 46 % der Befragten waren sehr zufrieden, 47 % gaben an, teilweise von der Beratung profitiert zu haben.
Übergaben geschehen selten rechtzeitig – meistens erst dann, wenn die ältere Generation bereits ans Aufhören denkt. Oft treten die Leute erst dann an uns heran, wenn der Wunsch zur Übergabe bereits reif ist und sie sich zurückziehen möchten.
Arthur Prodinger
Genau das will auch Prodinger seinen Kunden liefern. Doch Berater können nur bis zu einem gewissen Grad wirken – letztendlich liegt es an den Protagonisten selbst, die Übergabe zum Erfolg zu machen. Dafür hat Prodinger einen Ratschlag, der sinngemäss lautet: Man muss das Rad nicht neu erfinden. „Wir raten, nicht zu abrupt vorzugehen. Es ist wichtig, dass Konzepte angepasst werden, Veränderungen aber kontinuierlich und allmählich umgesetzt werden“, rät Prodinger. Ein Tipp an die neue Unternehmergeneration lautet etwa: „Es ist besser, sich nicht mit der bestehenden Organisation im Betrieb anzulegen. Diese hat oft mehr Einfluss, als man denkt. Nur weil man beispielsweise der Sohn des Chefs ist, bedeutet das nicht, dass man den Betrieb nach Belieben umgestalten sollte. Unternehmen sind meist über lange Zeit gewachsene Systeme, in denen eben auch ineffiziente Strukturen bestehen.“
Dass gerade in Familienunternehmen auch die Emotionen eine grosse Rolle spielen, weiss Prodinger aus eigener Erfahrung: Konflikte hinsichtlich der Rollenverständnisse, der Weitergabe von Familienwerten und rund um Einmischung durch den Übergeber oder die Übergeberin kommen immer wieder vor. „Die Emotionalität der beteiligten Parteien ist eine der grössten Herausforderungen bei Betriebsübergaben. Unsere Arbeit hat auch eine psychologische Komponente“, meint Prodinger. Ob die zwischenmenschliche Ebene nach dem Change-Prozess noch intakt ist, zeigt sich spätestens beim „Beweisbild“: Bei Prodinger ist es Tradition, nach dem erfolgreichen Abschluss einer Betriebsübergabe ein Foto zu machen, das die alte und die neue Führung zeigt. „Ziel ist es, dass dabei alle glücklich aussehen“, so Prodinger schmunzelnd – dieses Foto wird den Klienten dann auf einer Leinwand übergeben, um den Abschluss der Übergabe und den Neuanfang für die Nachfolger zu symbolisieren. „Es ist uns besonders wichtig, dass alle Beteiligten mit einem guten Gefühl aus dem Prozess gehen.“
Auch für Arthur Prodinger ist es wichtig, dass das gute Gefühl in seiner Beratungsarbeit erhalten bleibt. „Ich bin noch mitten im Lernprozess – auch dazu, wie ich am besten einen Ausgleich im Privatleben finden kann“, sagt er. Im Sport hat er bereits Möglichkeiten gefunden, am liebsten beim Joggen und Segeln. Seit einigen Monaten verfolgt er zudem einen Kindheitstraum: Er hat mit der Ausbildung für den Flugschein begonnen und dabei festgestellt, dass er doch flugtauglich ist. „Es war damals eine Fehleinschätzung. Aber ich trauere dem nicht nach, sondern freue mich, dass ich jetzt beides, die Steuerberatung und die Fliegerei, gemeinsam ausüben kann.“
Arthur Prodinger, vierte Generation der Familie, hat sein Jus-Studium in Salzburg erfolgreich abgeschlossen und bereitet sich als Berufsanwärter auf die Übernahme der Prodinger Gruppe vor.
Fotos: Prodinger Gruppe