„WIR SIND ECHTE BAUERN“

Nicht alle Tage sieht man ein Berliner Model als Landwirtin einen steirischen Bauernhof umkrempeln – Cheyenne Ochsenknecht hat genau das gemacht. Mit ihrem Mann Nino Sifkovits führt sie den Chianinahof in Dobl südlich von Graz. Gemeinsam bringen die beiden neuen Schwung in die österreichische Landwirtschaftsszene.

Südlich von Graz, in der beschaulichen Südsteiermark, liegt der Chianinahof. Über 60 Chianina-Rinder, 60 Mastschweine und ungefähr 70 Schafe sind auf dem Biobauernhof zu Hause. Ausgerechnet ein ehemaliges Model – Cheyenne Ochsenknecht, die Tochter des deutschen Schauspielers Uwe Ochsenknecht – hilft hier beim Ausmisten, beim Kalben und der Fütterung von fast 200 Tieren. Die junge Mutter hat sich bewusst gegen das Jetset-Leben als Model entschieden und entdeckte in der Steiermark ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft. Ganz bescheiden, im Blaumann und mit Mistgabel in der Hand, nimmt sie auch die Zuseher der Sky-Serie „Unser Hof“ oder „Diese Ochsenknechts“ mit in ihr Leben als Bäuerin. Dass sie irgendwann als Landwirtin in der Steiermark landen würde, war nicht zuletzt auch für sie eine Überraschung.

Als jüngstes der drei Kinder von Uwe und Natascha Ochsenknecht stand Cheyenne bereits im Kindesalter vor der Kamera; das erste Mal im Alter von fünf Jahren gemeinsam mit ihren Brüdern Jimi Blue und Wilson Gonzalez im Film „Die wilden Kerle 2“. 2016, im Alter von 16 Jahren, startete sie für das Modelabel Riani auf der Berliner Fashion Week ihre Modelkarriere. Noch im selben Jahr war Ochsenknecht auf dem Cover der deutschen Grazia zu sehen, ein Jahr später lief sie über die Laufstege der Pariser Fashion Week. Im Jahr 2019 nahm Cheyenne Ochsenknechts Leben eine Wendung: Sie lernte in Berlin Nino Sifovits, der damals als DJ tätig war, kennen. Ein Jahr später zogen die beiden in seinen Heimatort Dobl zu Sifovits’ Familie. 2021 kam das erste gemeinsame Kind zur Welt.

Mit der jungen Berlinerin sollte fortan frischer Wind durch den steirischen Traditionsbetrieb wehen. Ochsenknecht ist mit ihren 600.000 Followern auf Instagram völlig zu Recht als Social-Media-Star zu bezeichnen und nutzt ihre Publicity geschickt für das Markenmanagement des Chianinahofs. „Instagram ist heutzutage wie deine persönliche Visitenkarte“, meint die 23-Jährige dazu.

Doch nicht nur die eigene Instagram-Seite macht den Chianinahof zu einem durchaus ungewöhnlichen Bauernhof. „Was den Hof so besonders macht, soll Nino beantworten. Das ist eine Frage für ihn!“, so Ochsenknecht lachend und übergibt an ihren Mann. Anders als seine Frau ist Sifovits in der österreichischen Landwirtschaft gross geworden. Seine Eltern züchteten auf dem Chianinahof schon in seiner Kindheit die seltene Rinderrasse. Mit einer Widerristhöhe von 2,05 Metern und einem Gewicht von bis zu 1,8 Tonnen sind die toskanischen Chianina-Rinder die grössten Rinder der Welt, und mit einer globalen Stückzahl von ungefähr 44.000 noch dazu eine der seltensten Rassen. 60 dieser Rinder sind nun bei Sifovits und Ochsenknecht untergebracht – eine Rarität, die es entsprechend zu vermarkten gelte, so das Paar.

„Der Ansatz, wie wir unsere Produkte vermarkten und wie wir unsere Marke aufauen, hat eigentlich wenig mit der klassischen Landwirtschaft zu tun“, erklärt Sifovits. Die beiden Landwirte nehmen ihre Follower auf Instagram und Tiktok mit in ihren Alltag. Ihr Bauernhof zählt immerhin 26.000 bzw. 10.000 Follower – ungewöhnlich für einen landwirtschaftlichen Betrieb, allerdings nicht für die junge Generation. Sowohl für Ochsenknecht als auch für Sifovits sind die sozialen Plattformen ein notwendiges Mittel, um sich einen Namen als Landwirte zu machen. „Die meisten Bauern verstecken sich hinter ihren Produkten, das heisst, man weiss nicht wirklich, von wo genau das Fleisch oder die Eier herkommen. Wir nehmen die Leute mit hinter die Kulissen und vermarkten unsere Produkte mit unserem Design und Logo“, erklärt der Landwirt. Das Rind- und Schweinefleisch sowie der hausgemachte Gin des Chianinahofs lassen sich nur auf der eigenen Website vorbestellen; hier profitiere man sehr vom Social-Media-Marketing, so das Paar. Das sei quasi die moderne Form des Ab-Hof-Verkaufs.

Als Biobauern legen die beiden grossen Wert auf das Wohlbefinden der Tiere. „Sowohl den Tieren als auch den Menschen soll es bei uns gut gehen“, erklärt Ochsenknecht. Kürzlich wurde ein hochmoderner Rinderlaufstall mit befestigtem Aussenbereich für die Wintermonate gebaut – eine grosse Investition für die junge Familie, erklärt Sifovits: „Wir investieren viel Geld und Arbeit in die Qualität unserer Produkte und somit auch in das Wohlbefinden unserer Tiere. Viele glauben, unser Erfolg ist nur auf die Reality-Serie und Cheyennes Namen zurückzuführen, doch eigentlich steckt so viel mehr dahinter.“ Rund 0,5 Mio. € kostete laut Sifovits besagter Tierwohl-Stall, doch es ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines professionellen landwirtschaftlichen Betriebs. Denn nicht nur die Familie ist gewachsen, sondern auch der Hof: Im Gegensatz zu anderen Agrarbetrieben in der Umgebung, die schliessen oder kleiner werden, kamen beim Chianinahof zur reinen Rinderhaltung in kurzer Zeit Schweine und Schafe hinzu.

Ich denke auch, dass jeder, der Fleisch isst, kein Problem damit haben sollte, bei einer Schlachtung dabei zu sein.

Cheyenne Ochsenknecht

Tatsächlich kämpfen viele österreichische landwirtschaftliche Betriebe derzeit um ihre Existenz. So gab es 2022 im Vergleich zum Vorjahr mehr als 1.000 Rinderbetriebe weniger (Quelle: Statistik Austria). „Wir können live beobachten, wie rund um uns herum Betriebe eingehen und zusperren müssen“, so Sifovits. Während Anfang des Jahres die deutschen Bauern wegen Kürzungen der Diesel subventionen aufgrund eines Budgetlochs eine Woche lang auf die Strasse gingen, blieb es in Österreich ruhig. Doch auch hier hat man mit strukturellen Problemen zu kämpfen: Schwankende Preise für die Produkte am Weltmarkt und der ständige Konkurrenzdruck von Importprodukten aus dem Ausland zwängen die Bauern auch hierzulande in Richtung „Quantität über Qualität“, so der junge Landwirt. „Vielen Bauern ist es einfach nur wichtig, dass sie ihre 400.000 Liter Milch jährlich liefern können, und ihnen ist egal, wie die Milch eigentlich schmeckt“, so Sifovits.

Ein Umdenken scheint allerdings in Gang gekommen zu sein – denn die Anzahl der Biobetriebe in Österreich nahm zu. So gab es 2022 in Österreich 25.081 Biobetriebe, 183 mehr als im Vorjahr. Das sind rund 23% aller landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich. Das heisst auch, dass sich der Anteil der Bioprodukte ebenfalls langsam in die Höhe schraubt: Der durchschnittliche Bioanteil bei Rindern lag 2022 bei 23 %, wobei hier die Anzahl an Mutterkühen von 42% um einiges höher ist als der Anteil der Milchkühe, der bei 23% liegt. (Quelle: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft). „Am Ende hat immer noch der Kunde in der Hand, was passiert. Alle wollen mehr Tierwohl, aber niemand ist bereit, dafür zu zahlen“, so Sifovits.

Neben dem Chianinahof konnten sich Ochsenknecht und Sifovits ein weiteres Standbein aufauen: Seit 2022 drehen sie „Diese Ochsenknechts“ und das dazugehörige Spin-off „Unser Hof“. In Kürze erscheint die dritte Staffel der Reality-Dokumentation „Diese Ochsenknechts“ ausschliesslich auf Sky. „Wir sind vorsichtig an die Sache mit der Realityshow rangegangen, weil wir natürlich nicht wirklich wussten, wie das ankommen wird. Das Landwirtschafts- und vor allem das Fleischthema ist ja nicht etwas für jedermann. Aber wir freuen uns natürlich über die durchwegs positiven Rückmeldungen“, so Ochsenknecht.

Das „Fleischthema“ spielt auch für die junge Familie eine wichtige Rolle, schliesslich sind Ochsenknecht und Sifovits als Landwirte, die von ihrem Fleischverkauf leben, abhängig von  der Nachfrage und vor allem von der aktuellen Entwicklung der Lifestyle-Trends Veganismus und Vegetarismus. 2022 gab es laut einer Schätzung der VGÖ (Vegane Gesellschaft Österreich) in Österreich rund 840.000 Vegetarier und rund 4,6 Millionen Flexitarier – Tendenz steigend. „Ich glaube, dass sich der Veganismus nicht zu 100% durchsetzen wird. Gerade jetzt ist es natürlich auch ein Thema, dass sich Menschen Fleisch einfach wirtschaftlich nicht mehr leisten können; aber ich denke, dass es immer eine Zielgruppe geben wird, die sich qualitativ hochwertiges Fleisch leisten kann und auch will“, so Sifovits. Ochsenknecht fügt hinzu: „Ich denke auch, dass jeder, der Fleisch isst, kein Problem damit haben sollte, bei einer Schlachtung dabei zu sein.“ Sie selbst sei auch immer dabei, wenn die Rinder und Schweine zum Schlachter kommen, sagt sie.

Nach vier Jahren in der Steiermark sieht sich die zweifache Mutter mittlerweile als Herzblut-Landwirtin – so besucht sie neben ihrer Arbeit am Hof und bei den Dreharbeiten rund um die Reality-Doku-Serien regelmässig eine Landwirtschaftsschule. Gemeinsam mit ihrem Mann will sie zeigen, dass Landwirtschaft auch etwas für junge Leute sein kann und das Leben am  Hof viele positive Seiten hat. „Überall schliessen Betriebe und alle wollen ihre Tiere loswerden.

Das ist natürlich schade, weil die Landwirtschaft so ein schöner Beruf ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn mehr junge Leute wie wir mit neuen Ideen in die Landwirtschaft einsteigen“, erklärt die 23-Jährige. Vielleicht, so hoft sie, wird es ja in Zukunft noch mehr Leute geben, die sich wie sie gegen den Alltag in der Stadt und für ein Leben am Bauernhof entscheiden. Der österreichischen Landwirtschaft würde dies vermutlich guttun.

Nach vier Jahren in der Steiermark sieht sich die zweifache Mutter Cheyenne Ochsenknecht mittlerweile als Herzblut-Landwirtin.

Cheyenne Savannah Ochsenknecht wurde 2000 in München geboren. Als Model lief sie unter anderem für das Modelabel Riani und auf der Pariser Fashion Week. Heute ist die zweifache Mutter als Landwirtin in der Steiermark tätig und betreibt dort gemeinsam mit ihrem Mann den Chianinahof. Ausserdem sind die beiden in der Sky-Reality-Show „Diese Ochsenknechts“ und dem dazugehörigen Spin-off „Unser Hof“ zu sehen. Nino Sifkovits ist Landwirt und ausgebildeter Fleischsommelier. Er wuchs in einem landwirtschaftlichen Betrieb auf. Heute züchtet er mit seiner Familie die aus Italien stammenden Chianina-Rinder.

Fotos: Sky
Infografik: Valentin Berger, Emin Hamdi

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Redakteurin

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