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Lucas und Arthur Jussen gehören zu den gefragtesten Klavierduos der Gegenwart. Ein Gespräch über das Leben zwischen Flughäfen und Familienanrufen, strategische Repertoireplanung und die künstlerische Kraft von Migration.
Lucas und Arthur Jussen gehören zu den gefragtesten Klavierduos der Gegenwart. Ein Gespräch über das Leben zwischen Flughäfen und Familienanrufen, strategische Repertoireplanung und die künstlerische Kraft von Migration.
Sie gelten als das erfolgreichste Klavierduo ihrer Generation, dabei sind sie gerade erst 32 und 29 Jahre alt – und längst an einem Punkt, an dem Superlative eigentlich nicht mehr überraschen: Lucas und Arthur Jussen, die beiden Brüder aus den Niederlanden, stehen seit ihrer Kindheit auf den grossen Bühnen der Welt. Sie haben mit den renommiertesten Orchestern gespielt, bei Maria João Pires und Menahem Pressler studiert – und gelten spätestens seit ihren Alben bei Deutsche Grammophon als Ausnahmetalente mit Tiefgang.
Im Gespräch zeigen sie sich reflektiert, fokussiert – und nahbar. Sie sprechen über die emotionale Schule ihrer Lehrerinnen und Lehrer, über neue Veröffentlichungsformen, über die Frage, was Heimat heute überhaupt noch bedeuten kann. Und sie geben zu: Ohneeinander wäre vieles schwieriger.
«Wir haben von vielen Lehrerinnen und Lehrern sehr Unterschiedliches gelernt», sagt Arthur. «Maria João Pires zum Beispiel war sehr intuitiv. Sie hat selten erklärt, aber viel vorgespielt. Man hat durch das Zuhören verstanden, was sie meint. Andere waren sehr rational, sehr analytisch. Wir sagen oft: Was du mitnehmen kannst, nimm in deinen Rucksack – egal, ob es vom Lehrer kommt oder vom Nachbarn; Hauptsache, es hilft dir weiter.»
Lucas ergänzt: «Und am wichtigsten ist die Erfahrung auf der Bühne – das Kilometermachen. Verschiedene Flügel, verschiedene Säle, verschiedene Publika; das
kann dir niemand beibringen. Das musst du selbst erleben.»
Ihr aktuelles Projekt, eine musikalische Trilogie, beginnt mit dem Album «Rêve». Es folgt «Cantus», mit Werken von Bach, Brahms und Pärt. Der dritte Teil – mit skandinavischem Repertoire – erscheint Ende des Jahres. «Wir hatten viele kleinere Stücke, die wir lieben», sagt Lucas. «Aber die auf eine CD zu packen hätte konzeptuell nicht funktioniert. Also haben wir drei kompakte EPs geplant – jede mit klarem Fokus. Das ist für uns ein neues Format. Alles erscheint digital und auf Vinyl; keine klassische CD mehr.»
Was das Publikum davon hält? «Wir testen es gerade. Wir schauen, ob die Leute das mögen.» Und was ist mit dem Label «erfolgreichstes Klavierduo der Gegenwart»? Arthur winkt ab: «Wir wissen nicht, ob das stimmt. Aber wir freuen uns über jedes Kompliment. Und wir wissen: Es ist ein Privileg, dass wir für das, was wir lieben, Wertschätzung bekommen. Viele Menschen arbeiten sehr hart und bekommen nie Applaus.»
Klassische Musik als Geschäftsmodell – funktioniert das? «Es ist ein schwieriger Markt», sagt Arthur. «Wir haben Glück. Viele Kolleginnen und Kollegen kämpfen jeden Monat mit der Miete. Wir können von der Musik leben, und das ist wunderschön. Aber wir machen das nicht wegen des Geldes. Wir machen es, weil wir Musik lieben.»
Was du gebrauchen kannst, nimm mit – egal ob es vom Lehrer kommt oder vom Nachbarn. Hauptsache, es bringt dich weiter!
Lucas Jussen
Lucas ergänzt: «Im besten Fall stimmen Anspruch und Publikum überein. Wir spielen nur Werke, von denen wir überzeugt sind. Und bisher hat das funktioniert: volle Säle, ehrliche Musik. Wenn das so bleibt, sind wir sehr glücklich.»
Das Gstaad Menuhin Festival 2025 steht unter dem Motto «Migration». Für die Brüder ein zentraler Begriff: «Ohne Migration könnten wir unseren Beruf nicht ausüben. Wir reisen ständig. Aber auch in der Musikgeschichte ist Migration essenziell: Komponisten haben durch Reisen neue Einflüsse bekommen. Ohne Austausch kein Fortschritt.»
Und Heimat? Gibt es die noch? «Absolut», sagt Arthur. «Gerade weil wir so viel unterwegs sind. Wir telefonieren nach jedem Konzert mit unserer Familie. Lucas ist verheiratet, wir haben enge Bindungen. Viele Künstlerinnen und Künstler führen ein glamouröses Leben – aber sind einsam. Nach dem Applaus kommst du ins Hotel, allein. Wir sind dankbar, dass wir das zu zweit erleben können.»
Ausgleich finden die beiden in der Normalität: «Sport, kochen, einkaufen, zu Hause schlafen – das klingt banal, aber das ist das Schönste. Manchmal freuen wir uns einfach auf den Supermarkt und unser eigenes Bett.»
Lucas (*1993) und Arthur Jussen (*1996) sind ein niederländisches Klavierduo. Sie traten bereits als Kinder mit Orchestern wie dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam auf. Ihre Ausbildung erhielten sie unter anderem bei Maria João Pires und Menahem Pressler. Seit 2010 veröffentlichen sie regelmässig preisgekrönte Alben. Sie konzertieren weltweit – von der Elbphilharmonie bis zur Carnegie Hall.
Gabriela Montero: Pianistin, Komponistin, Aktivistin

Gabriela Montero gilt als Ausnahmeerscheinung – nicht nur am Klavier, sondern auch als Komponistin und politische Stimme. Die in Venezuela geborene Künstlerin gab ihr erstes Konzert im Alter von acht Jahren. Ein Stipendium führte sie an die Royal Academy of Music in London. Seit 2024 ist sie als Artist in Residence und Professorin am Cleveland Institute of Music tätig. Ihre jüngsten Debüts mit Orchestern wie dem Royal Concertgebouw Orchestra, der San Francisco Symphony oder dem Orchestre National de France unterstreichen ihre internationale Präsenz.
Parallel initiierte Montero zwei eigene Projekte: eine Konzertreihe im Prager Family Center for Arts in Maryland und das «Gabriela Montero Piano Lab», ein Mentoring-Programm mit der «OAcademy». Mit ihrem ersten Klavierkonzert «Latin» trat sie unter anderem beim Chicago Symphony Orchestra, in der Elbphilharmonie Hamburg und bei Festivals in Edinburgh und New York auf. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem mit dem Latin Grammy, zwei «ECHO Klassik»-Awards und dem Vaclav-Havel-Preis für kreativen Dissens.
Als Amnesty-International-Ehrenkonsulin und Rednerin am Weltwirtschaftsforum bleibt Montero auch jenseits der Musik eine öffentliche Stimme. Gabriela Montero tritt beim Gstaad Menuhin Festival am 9. August 2025 um 19.30 Uhr im Festivalzelt Gstaad im Rahmen des Konzerts «Aus der Neuen Welt – Nostalgia IV – Gstaad Festival Orchestra I» auf.
Mao Fujita: Vom Wunderkind zum international gefragten Pianisten

Geboren 1998 in Tokio fasste Mao Fujita früh Tasten ins Auge – im Alter von drei Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht, bereits 2010 folgte der erste internationale Preis bei der World Classic in Taiwan. In den folgenden Jahren sammelte er Auszeichnungen bei Wettbewerben wie der Rosario Marciano International Piano Competition in Wien (2013), der Zhuhai International Mozart Competition (2015) oder der Gina Bachauer International Young Artists Piano Competition (2016). Noch während seines Studiums am Tokyo College of Music gelang Fujita 2017 der internationale Durchbruch beim Concours International de Piano Clara Haskil in der Schweiz – mit dem ersten Preis, Publikumspreis sowie weiteren Sonderpreisen. Zwei Jahre später sicherte er sich die Silbermedaille beim renommierten Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau. Seitdem hat Fujita mit einer Reihe internationaler Spitzenorchester und Dirigenten gearbeitet – darunter Riccardo Chailly, Marek Janowski, Andris Nelsons oder Lahav Shani. Er trat mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem Lucerne Festival Orchestra, den Münchner Philharmonikern, dem Cleveland Orchestra und vielen weiteren auf.
2022 erschien bei Sony Classical sein Debütalbum mit Mozarts sämtlichen Klaviersonaten, ausgezeichnet mit dem «OPUS Klassik». 2024 folgte das Album «72 Preludes», eine Zusammenstellung von Präludien von Chopin, Skrjabin und der Ersteinspielung von Akio Yashiros «24 Preludes» – eine Veröffentlichung, die Fujitas Position als einer der vielversprechendsten Pianisten seiner Generation weiter festigt. Mao Fujita tritt beim Gstaad Menuhin Festival am 21. August 2025 um 19.30 Uhr in der Kirche Saanen im Rahmen des Konzerts «Ernster Humor – Inner Emigration VI» auf.
Víkingur Ólafsson: Mehr als ein Streaming-Phänomen

Über eine Milliarde Streams, drei «OPUS Klassik»-Auszeichnungen und der Titel «Artist of the Year» des Gramophone-Magazins: Der Isländer Víkingur Ólafsson, Jahrgang 1984, zählt zu den erfolgreichsten Pianisten der Gegenwart. Auch nationale Ehrungen blieben nicht aus: Er wurde mit dem Falkenorden und dem isländischen Export Award ausgezeichnet.
2023/24 konzentrierte sich Ólafsson ganz auf ein einziges Werk: Bachs «Goldberg-Variationen» – 88 Konzerte weltweit, gefeierte Kritiken und 2025 der erste Grammy, der Höhepunkt einer aussergewöhnlichen Spielzeit. In der Saison 2024/25 ist Ólafsson Artist in Residence beim Tonhalle-Orchester Zürich und bei der Königlichen Philharmonie Stockholm, darüber hinaus Fokuskünstler im Musikverein Wien. Er tourt mit dem Cleveland Orchestra und dem London Philharmonic Orchestra durch Europa, steht mit den Berliner Philharmonikern bei den «BBC Proms» auf der Bühne und kehrt zur New York Philharmonic zurück. Gemeinsam mit Yuja Wang spielt er Werke für zwei Klaviere. Im Januar 2025 folgte mit dem San Francisco Symphony Orchestra die Uraufführung von John Adams’ Klavierkonzert «After the Fall», das eigens für Ólafsson komponiert wurde.
Víkingur Ólafsson tritt beim Gstaad Menuhin Festival am 31. Juli 2025 um 19.30 Uhr in der Kirche Saanen im Rahmen des Konzerts «Inneres Ohr – Inner Emigration I» auf.
Alexandra Dovgan: Keine Wunderkind-Schablone

«Ihr Spiel ist wahrhaftig und konzentriert. Ich sage ihr eine grosse Zukunft voraus», sagt Grigory Sokolov über Alexandra Dovgan – eine Prognose, die sie mit jedem Auftritt bestätigt. 2007 in eine Musikerfamilie geboren begann sie mit vier Jahren, Klavier zu spielen. Bereits ein Jahr später wurde sie an der renommierten Zentralen Musikschule des Moskauer Staatskonservatoriums aufgenommen.
Trotz ihres jungen Alters hat Dovgan bereits auf den wichtigsten Bühnen Europas debütiert: Berliner Philharmonie, Concertgebouw Amsterdam, Théâtre des Champs-Élysées in Paris oder Wiener Konzerthaus. 2019 überzeugte sie bei den Salzburger Festspielen, 2021 folgte das Debüt mit Gustavo Dudamel und dem Mahler Chamber Orchestra, 2023 mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter Paavo Järvi. Abseits der Musik interessiert sie sich für Mathematik, Ballett und Skifahren – ein Ausgleich zu einer Karriere, die gerade erst begonnen hat. Die Süddeutsche Zeitung sprach schon 2022 von einer Künstlerin «am Anfang einer Weltkarriere». Alexandra Dovgan tritt beim Gstaad Menuhin Festival am 25. Juli 2025 um 19.30 Uhr in der Kirche Saanen im Rahmen des Konzerts «Mozarts Befreiung» auf.
Fotos: Anders Brogaard, Marco Borggreve, Irina Schymchak, Dovile Sermokas, Ari Magg