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Der deutsche Streamingdienst Pantaflix rund um CEO Stefan Langefeld will Amazon und Netflix vor allem bei Expats Konkurrenz machen.

Sie treten in gewisser Weise gegen Video-on-Demand-Plattformen (VoD) wie Netflix oder Amazon Prime an. Wie unterscheidet sich Pantaflix von diesen?
Wir kümmern uns um die vergessenen Kunden der Video-on-Demand-Dienste. Pantaflix richtet sich nicht ausschliesslich territorial an Kunden in bestimmten Ländern – wie es etwa Amazon mit den Briten in Grossbritannien macht. Vielmehr geht es uns um die Expats, also Leute, die sich ausserhalb ihres Heimatlandes aufhalten. Es ist schwer zu verstehen, dass wir im Jahr 2018 beispielsweise den „Tatort“ nicht in den USA schauen können. Das ist genau jene Lücke, die wir schliessen wollen – denn dabei handelt es sich um weltweit 250 Millionen Menschen. Diese Zahl wird in Zukunft noch weiter steigen, die Weltbank geht von 260 Millionen Expats in den kommenden Jahren aus.

Wie viele Menschen erreichen Sie mit Ihrer VoD-Plattform?
Wir veröffentlichen momentan noch keine genauen Zahlen. Generell geben Video-on-Demand-Anbieter nur wenige Informationen zu Umsätzen, o. Ä. heraus. Pantaflix hat jedenfalls weltweit Kundenzahlen im sechsstelligen Bereich und mehrere 10.000 Filme und Serien im Portfolio.

In wie vielen Ländern kann man Ihre Plattform nutzen?
Wir sind in insgesamt 45 Ländern weltweit aktiv. Gerade eben haben wir Kanada, Australien, Neuseeland sowie Südafrika dazu genommen und sind damit nun auf allen Kontinenten verfügbar. Im Herbst werden wir dann nach Lateinamerika expandieren.

In der deutschen Filmszene scheint Pantaflix bisher gut anzukommen. Dennoch fällt auf, dass das Unternehmen wenig Marketing betreibt. Woran liegt das?
Wir sind ein gutes Beispiel für Unternehmen, die nur auf digitales Marketing setzen. Pantaflix arbeitet sehr viel mit Performance-Marketing. Über die verschiedensten digitalen Kanäle versuchen wir, Expats zu erreichen. Soeben hatten wir eine grössere Kampagne für Expats in den USA, wo wir – vereinfacht gesagt – so werben: Sieh dir deine Filme doch einfach mal in deiner Muttersprache an (rund 20 Prozent aller US-Amerikaner sprechen im Haushalt eine andere Sprache als Englisch, Anm.).

Auf welche Kanäle setzen Sie?
Social Media ist natürlich sehr hilfreich. Aber viele User erreichen wir auch durch eine normale Internetsuche. Man gibt Suchbegriffe ein, etwa, dass man einen Film in einer gewissen Sprache streamen will. Hierbei können wir „Search Words“ nutzen und haben dann die Möglichkeit, die Leute entsprechend zu targeten und ihnen ein Angebot zu machen, um sie auf unsere Plattform zu holen.

Kommen wir zurück zu Netflix & Co. Wie will man Unternehmen mit einer derartigen Grösse (Marktkapitalisierung 170 Milliarden US-$, Anm.) die Stirn bieten?
Indem wir, vereinfacht gesagt, nicht in deren ursprünglichem Geschäftsmodell aktiv sind. Hätten wir dasselbe Angebot mit derselben Zielgruppe, wäre es schwer. Amazon interessiert sich – überspitzt gesagt – nicht für vier Millionen deutsche Expats weltweit, sondern eher dafür, die Prime-Kunden generell zufrieden zu stellen. Die USA haben einen Markt von 330 Millionen Menschen. Bei einem solch grossen Marktpotenzial sind 1,8 Millionen Deutsche auf den ersten Blick nicht unbedingt eine dringliche Priorität.

Dennoch steckt in dem Namen Pantaflix doch bereits ein gewisser Wettbewerbsgedanke.
Klar steckt da eine kleine Challenge drin. Wir sagen ja auch immer intern, dass wir uns – wie bereits erwähnt – um deren vergessene Kunden kümmern. Der Gründungsprozess des Unternehmens beschreibt es wohl am besten: als Dan Maag (bis April 2018 CEO der Pantaflix AG, Anm.) die Idee für Pantaflix hatte, hatte er ein konkretes Problem. Er wollte unsere Rechte, unter anderem an den Filmen mit Matthias Schweighöfer, die wir nach wie vor sehr erfolgreich produzieren, ins Ausland verkaufen. Doch keine der grossen Plattformen in den USA zeigte Interesse daran. Gleichzeitig gab es aber Fans von Matthias in den USA, die sagten, dass sie so gerne seine neuen Filme sehen würden. Das hat gezeigt, dass etwas falsch läuft. Die Art und Weise, wie Filmlizenzen gehandelt werden, hat sich seit dem Beginn der Branche nicht geändert. Man kauft einen Filmtitel lediglich für einen bestimmten Zeitraum und ein bestimmtes Territorium. In der Welt des Internets, die eigentlich keine Grenzen kennt, wurde das durch Geoblocking auch geschaffen. Man hat dem Internet sozusagen „beigebracht“, Ländergrenzen zu erkennen. Das System, dass jemand Filmrechte in Österreich kauft, aber nicht in der Schweiz oder Deutschland, hat sich durch Plattformen der ersten Generation in den vergangenen Jahren eher manifestiert. Was uns aber von anderen unterscheidet: Die haben Büros überall in der Welt, wir bringen die Welt in ein Büro in Berlin. Wir denken zuerst an die Polen im Ausland, und dann erst daran, in welchen Ländern sie sich aufhalten. Das ist eine grundsätzlich andere Herangehensweise an das Thema.

Ihr Angebot soll auch Vorteile für Filmproduzenten bringen. Wie können diese aussehen?
Auch dieses Thema ist weltweit gesehen ein Paradoxon. Bei den grossen Plattformen haben Produzenten einen limitierten direkten Zugang. Auch wenn Pantaflix als Filmproduktionsunternehmen kommerziell erfolgreich ist, bleibt es ein unabhängiges Produktionshaus. Für diese unabhängigen Produzenten, die keinen Zugang zu den grossen Plattformen haben, haben wir das Pantaflix Pro-System geschaffen: Einzelne Produzenten können sich mit nur einem Film registrieren, diesen hochladen und selbst entscheiden, in welchen Ländern dieser vertrieben werden soll – und zu welchem Preis. Das ist an und für sich schon eine Revolution. Der klassische Filmhandel funktioniert so, dass man einen Sales Agent – eine Art Immobilienmakler für Filme – engagiert und dieser Filme auf verschiedenen Filmmärkten verkauft. Dort muss er aber wiederum auf Interessenten treffen, die sich diese Filme auf ihrer Plattform oder bei einem TV-Sender vorstellen können. Somit hat man viele Zwischenhändler in dem Prozess, was die Chance limitiert, dass ein Film weltweit in alle Länder verkauft wird.

Wie ist das Verhältnis zwischen älteren Filmen und neuen von lokalen Produzenten?
Das lässt sich nicht so einfach beantworten, da es auch von der Definition abhängt, was „neu“ ist. Gilt ein Film, der nicht im Kino gelaufen ist, aber in unsere Plattform hochgeladen wird, als neu? Wir befüllen unsere Library von zwei Enden aus: Einerseits haben wir kommerzielle Deals mit Disney oder Studiocanal, andererseits gibt es jene von Produzenten, die selbst Filme hochladen. Das ist aber keinesfalls mit einem YouTube-System zu verwechseln. Die Filme werden von uns sehr genau gescreent, unter anderem aus Jugendschutz-Gründen. Die genannte Mischung ergibt dann eine vielfältige Library, die man für einen erfolgreichen VoD-Dienst braucht. Unseren Expats geht es darum, ein Heimatgefühl mitzubekommen, also ist es fast wichtiger für uns, wirkliche Klassiker aus dem jeweiligen Land im Portfolio zu haben. Wir nehmen uns immer zum Ziel, die Top-100-Filme einer Sprachgruppe oder Nationalität auf der Plattform anzubieten.

Inwiefern lebt Pantaflix nur vom Gesicht von Matthias Schweighöfer (dieser war 2009 Mitgründer von Pantaleon Films, der wie der Streamingdienst zur Holding Pantaflix AG gehört, Anm.)?
Natürlich ist er ein bekannter Star und wenn deutsche Medien von Pantaflix berichten, hat dies häufig auch mit Matthias zu tun. Im Ausland ist das dann schon anders, hier steht eher die Plattform und ihr Angebot im Vordergrund – obwohl Matthias durch unsere Serie „You are Wanted“ auf Amazon Prime eine weltweite Reputation aufbaut.

Warum wurde Pantaleon Entertainment 2017 eigentlich in Pantaflix umgewandelt?
2015 wurde das Unternehmen als Pantaleon Entertainment AG gegründet und vergangenes Jahr in Panatflix AG umbenannt. Insgesamt verfolgen wir drei Verticals: Mit Pantaleon Films produzieren wir eigene Serien und Filme, auch für Amazon. Die VoD-Plattform Pantaflix gehört uns ebenso zu 100 Prozent. Derzeit nutzen wir diese noch als B2C-Plattform, aber wir denken bereits darüber nach, diese auch anderen Unternehmen als eine B2B- oder Whitelabel-Lösung zur Verfügung zu stellen. Und als dritte Sparte sind die March & Friends GmbH und die Pantaflix-Beteiligung Creative Cosmos 15 für Marketing zuständig.

Wenn wir dies insgesamt betrachten, sind wir bereits ein klassischer Medienkonzern: Filmproduktion und -distribution kombiniert mit entsprechender Marketingkompetenz. Das Unternehmen entwickelt sich in Richtung eines vollintegrierten digitalen Medienkonzerns. Dabei haben wir uns überlegt, welche Brand am besten für das Digitale steht: daher war die Umbenennung in Pantaflix sowohl ein Zeichen nach innen als auch nach aussen.

Was sind die Ziele für 2018?
Davon gibt es einige. 2017 haben wir viel Zeit damit verbracht, das Ökosystem aufzubauen. Heute muss man auf jedem Device verfügbar sein. Es kann nicht sein, dass ein Kunde einen Samsung SmartTV kaufen muss, um Pantaflix zu schauen. Dieses Jahr geht es für uns darum, massiv Kunden aufzubauen – durch eine dreiteilige Marketingstrategie zu gewinnen: Zunächst steht die Neukundenakquisition im Mittelpunkt, gefolgt von der Kundenaktivierung und Kundenpflege. Aktuell konzentrieren wir uns auf drei Gruppen von Expats, bei denen wir ergründen, wie deren Kundenbedürfnisse sind: Polen, Deutsche und Türken im Ausland. Weiterhin benötigen wir, um das Geschäft erfolgreich betreiben zu können, eine globale On-Demand-Infrastruktur – diese bauen wir zurzeit auf, wird sind schon in 45 Ländern verfügbar. Im Herbst kommt noch Lateinamerika hinzu. So eine Internationalisierung ist komplex: Da geht es zum Beispiel darum, welche Steuern man in Brasilien bezahlen muss. Welche Art von Portugiesisch nutzen wir – aus Brasilien oder aus Portugal? Welche Marketingkanäle können wir mit welchen Partnern aussteuern? Brauchen wir zusätzliche Server, weil sonst unsere User Experience zu schlecht ist

Dieser Artikel ist in unserer Juli-Ausgabe 2018 „Wettbewerb“ erschienen.

Niklas Hintermayer,
Redakteur

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