Top Creator mit Biss

Durch seine Satire-Webseite Swissmeme erlangte Zeki Bulgurcu Bekanntheit, später etablierte sich der Basler mit seinen Sketchen als beliebter Comedian. Im Mai eröffnete das Multitalent nun sein eigenes Döner-Restaurant Zekisworld in Zürich – und er strebt den Durchbruch als Filmschauspieler an. Forbes hat das Schweizer Internetphänomen genauer unter die Lupe genommen.

Das Konzept von Swissmeme war genauso einfach wie genial: Als der Meme-Hype im Jahr 2013 von den USA nach Europa schwappte, ­begann Zeki Bulgurcu, bekannte Motive mit lustigen schweizer­deutschen Texten zu versehen und hochzuladen. Zuvor waren Memes nur in eng­lischer Sprache zu finden. Seine satirischen und massentauglichen Inhalte fanden grossen Anklang, was zu einem ­schnellen Wachstum seiner Community führte, die damals hauptsächlich auf Facebook aktiv war. Viele von Bulgurcus Gag-Bildern wurden ­tausendfach geteilt und ­bekamen Hunderttausende Likes.

Drei Jahre später entdeckte er das nächste grosse Potenzial und fing an, Videos zu drehen. Bewegtbild gewann in den sozialen Netzwerken zunehmend an Bedeutung und Bulgurcu traf erneut den Nerv der Zeit und der Eidgenossen: Seine Sketche greifen humorvoll Schweizer Klischees auf, wie die extreme Pünktlichkeit, den Reichtum und die Vorstellung von sauberen, geordneten Alpenlandschaften. Dem stellte er eine andere Realität der Schweiz gegenüber, in der nicht alles glänzt und jodelt. In einem Sketch mit ­seiner Lebensgefährtin Yuliya Benza sitzen sie in einem Restaurant. Seine Begleitung fragt ihn: „Oh, du kommst aus der Schweiz?“ Es werden ein ­luxuriöser Pool, ein elegantes Hotel und beeindruckende Berge eingeblendet. Bulgurcu antwortet: „Ja, genau, aus der Schweiz.“ Dann werden weniger glamouröse Bilder eingeblendet – die graue, ungeschönte Realität mit Baustellen und Armut.

Der Content Creator hat die Schweiz in all ihren Facetten kennengelernt, vom sozialen Brennpunkt bis zur exklusiven Elite. Seine Familie stammt ursprünglich aus der Türkei. Als er drei Jahre alt war, zog sie nach Basel. „Wir lebten zu viert in einer Zweieinhalbzimmer-Wohnung in Kleinhüningen, das in der Region auch Klein-Istanbul genannt wird. Dort wuchs ich zehn Jahre lang mit Portugiesen, Italienern, Tamilen und Türken auf. Ein echtes Multikultiviertel – der Einzige, der anfangs Schweizerdeutsch konnte, war der Lehrer“, erzählt Bulgurcu und lächelt. Die Eltern legten zwar Wert auf den Sprach­erwerb, wollten aber keine zu starke Assimilation – im Gegenteil, sie ­unterstützten die Bewahrung der heimatlichen Werte. „Sie haben gesagt: ‚Vergiss deine Wurzeln nicht und bleib auch deiner Muttersprache treu.‘ Jetzt spreche ich mittlerweile besser Schweizerdeutsch als Türkisch. Viele aus meinem Umfeld, besonders andere Secondos (ein Sammelbegriff für Kinder von Migranten, die in der Schweiz geboren wurden oder seit vielen Jahren in der Schweiz leben; Anm.), kennen das sicherlich auch“, sagt er. Damit er und die anderen Secondos aus aller Welt sich auf den Strassen von Kleinhüningen unterhalten konnten, war Schweizerdeutsch absolut notwendig. Als Teenager zog er mit der Familie aus der Stadt in ein Dorf im Baselbiet, wie der Kanton Basel-Land genannt wird.

Ohne festen Arbeitsort düst der Swissmeme-Erfinder in Luxusautos von Termin zu Termin, immer begleitet von seinem iPhone und seinem Macbook.

Bulgurcu lässt seine unterschiedlichen Lebenserfahrungen in seine humorvolle Arbeit einfliessen. „Ich liebe es, Kontraste zu zeigen, gesellschaftsrelevante Themen, die ich mit einem Augenzwinkern visualisiere. Dadurch rege ich die Masse auch zu wichtigen Diskussionen an“, erklärt er. Wie gut sein Content im Netz ankommt, belegen die Zahlen, die der Forbes-­Datenpartner „influence.vision“ erhoben hat: Insgesamt 1,9 Millionen Menschen folgen ihm auf den angesagten Plattformen Tiktok, Youtube und Instagram. Die Engagement Rate (diese gibt an, wie aktiv die Follower mit den Inhalten interagieren, z. B. durch Likes, Kommentare oder Shares) liegt auf Tiktok am höchsten (mit 7,88 %), gefolgt von Instagram (5,77 %) und Youtube (4,16 %). Durch seine offene Art hat Bulgurcu die Gelegenheit gehabt, ­internationale Stars wie Dwayne „The Rock“ Johnson und Kevin Hart persönlich zu treffen.

Im Vergleich zu anderen ­Comedy-Creators im deutsch­sprachigen Raum sticht Bulgurcu durch seinen hohen Qualitäts­anspruch hervor, was sich auch in seiner Bereitschaft zeigt, recht viel Geld für seine Inhalte auszugeben. Ein Beispiel dafür ist sein Titanic-Sketch, für den er 6.000 CHF in Produktionskosten investierte, um ihn im Kino zu präsentieren. „Der finanzielle Gewinn war gering, aber ich wollte den Sketch im Kino zeigen, um zu demonstrieren, dass ich in meine Leidenschaft investiere und grossen Wert auf ­Qualität lege“, resümiert er.

Dass man für den grossen finanziellen Erfolg nicht nur auf Videos und Postings setzen kann, sondern auch unternehmerische Partnerschaften braucht, wurde Bulgurcu früh klar. Er schloss als Jugend­licher eine Ausbildung zum Detailhandelskaufmann ab, schmiss den Sicherheitsjob aber aufgrund erster Erfolge mit Swissmeme hin. „Ich wollte ausbrechen, weil ich wusste, dass ich irgendwie eine lustige Ader habe. Also habe ich gekündigt und alles auf die Karte Social Media gesetzt“, so Bulgurcu.

Bei einem Praktikum bei ­einem Social-Media-Onlinemagazin erlangte er Einsicht, wie man in den sozialen Medien wirklich Geld verdienen kann: Grosse Marken streben danach, durch Influencer in jüngeren Zielgruppen sichtbar zu werden. Immer wieder gelang es Bulgurcu in den letzten Jahren, ­lukrative Kollaborationen an Land zu ziehen. Er befestigte einen Batman-Aufkleber auf dem Mercedes-Stern seines mattschwarzen Mercedes-AMG C63 S Coupé und wurde so zum wohl bekanntesten Markenbotschafter des Landes. Er wird zunehmend von Institutionen angefragt, um Jugendliche zu erreichen: Ein Beispiel dafür ist seine Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Basel-Stadt zum Thema Autoposer, die erfolgreich war. Zeki kennt die Thematik gut, da er selbst bei Verkehrskontrollen grundlos verdächtigt wurde, sein „Batmobil“ illegal getunt zu haben. Ausserdem ist er seit 2020 das Werbegesicht der Digitalversicherung Smile und regelmässig in TV-Spots zu sehen.

Fest steht, dass seine Einkünfte aus unterschiedlichen Quellen stammen und bei Weitem nicht nur aus Werbung bestehen. Seinen Fans bietet er Merchandise-Artikel an, die auf der Webseite seines Onlineshops als „Schwiizer Memes und Bünzli-Produkte (Bünzli bedeutet Spiessbürger; Anm.) wie Socken, Kissen, Patches, Taschen und vieles mehr“ beschrieben werden. Zusätzlich bestehen Partnerschaften mit den Onlinehändlern Galaxus und Digitec.

Ein weiteres Standbein von Bulgurcu ist das Lebensmittelgeschäft: Seit 2019 verkauft er Snackwürstchen, Energydrinks sowie türkische Sucuk-Würste unter dem Namen „Zekis Original“. Die Rohwurst-­Spezialität in den Varianten Classic und Spicy ist bei den Supermarktketten Migros und Aldi Suisse erhältlich. Sein Lieblingsessen hat er in der Schweiz bekannter gemacht, indem er seinen Sucuk-Song veröffentlichte, der über 100.000 Views erzielte.

Um Bulgurcu persönlich zu treffen, genügt es, am Wochenende sein Dönerlokal Zekisworld in Oerlikon zu besuchen. Der gesellige Gastronom tauscht sich gerne mit seinen Gästen aus; kurze Blicke auf sein Handy sind seinem Beruf geschuldet.

Im Mai dieses Jahres erfüllte sich der Sibesiech (der schweizerische Begriff für Tausendsassa; Anm.) den lang gehegten Traum vom ­eigenen Gastronomie­betrieb: Zur Eröffnung seines Döner-Restaurants Zekisworld im Zürcher Quartier Oerlikon stürmten zahlreiche Fans das Lokal, um sich als Erste den neuen Kebab zu sichern. Bulgurcus Leidenschaft für ­Döner garantiert, dass Qualität an erster Stelle steht und der Betrieb nicht bloss als Marketingtrick erscheint: „Wir backen das Brot selbst, machen die Saucen und lassen das Fleisch nach haus­eigenem Rezept von unserer eigenen Metzgerei zubereiten. Sogar den ­Ayran mischen wir selbst und zapfen ihn frisch. Alles, was wir handgemacht anbieten können, stellen wir selbst her, von Börek bis zu den Saucen. Zekisworld steht für echte Handarbeit – keine Fertigprodukte oder indus­triell gefertigte Zutaten“, stellt der Neo-Gastronom klar.

Auch wenn der Betrieb durch eingespielte Strukturen seiner Geschäftspartner mittlerweile quasi von selbst läuft, weiss Bulgurcu seine Strahlkraft durch regelmässige Besuche zu nutzen. „Meistens bin ich am Wochenende da und organisiere auch Events, was das Marketing ­vorantreibt. Ich bin quasi das Aushängeschild“, sagt er.

Für die Zukunft hat der 34-Jährige, wie man es erwarten würde, vielseitige Pläne. Nachdem sich der Schnellimbiss etabliert hat, arbeitet Bulgurcu an einem À-la-carte-Konzept mit hochwertiger türkischer Küche. Da sich das Projekt erst in der Planungsphase befindet, möchte er noch keine genauen Informationen preisgeben; nur so viel: „Es geht darum, ein türkisches Restaurant mit handgemachten Gerichten zu schaffen, die wie bei Mama zu Hause schmecken. Der Fokus liegt auf einfachen, authentischen Speisen und dem Gefühl von Zuhause, ohne es künstlich aufzublasen.“

Neben seinen Gastro-Plänen möchte er auch in der Schauspielerei Fuss fassen. Seit zwei Jahren ist Bulgurcu dabei, seinen ersten Kino­film zu planen, wobei er als Neuling in der Filmbranche immer wieder auf Schwierigkeiten stösst. Über die Ursachen der Verzögerungen möchte er nicht reden – durch seine positive Art neigt er dazu, immer optimistisch zu sprechen: „Ich plane, im nächsten Jahr den nächsten Schritt auf die grosse Leinwand zu machen. Dazu werde ich Schauspielunterricht nehmen und mit professionellen Schauspielern ar­beiten. Unser Ziel ist es, keinen Influencer-Film zu produzieren, sondern einen echten 90-minütigen Spielfilm mit professionellem Casting und echten Schauspielern.“

Zeki Bulgurcu, der Gründer der Meme-Seite Swissmeme, erreicht in den sozialen Netzwerken Tiktok, Youtube und Instagram insgesamt 1,9 Millionen Menschen. In diesem Jahr ist der Basler Entertainer auf der Forbes-Liste der Top Creators vertreten.

Fotos: Sören Funk

Paul Resetarits,
Redakteur

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