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Die technologische Entwicklung schreitet in atemberaubendem Tempo voran. Nicht nur die künstliche Intelligenz leistet ihren Beitrag dazu. Für wache Investoren eröffnen sich interessante Anlagemöglichkeiten auch bei etablierten Unternehmen.
Der Kampf um die technologische Vorherrschaft ist längst eröffnet, und die Gewinner sind jene Unternehmen, die den anderen um eine Nasenlänge voraus sind. Bei den Zukunftstechnologien nehmen die Vereinigten Staaten mit 2.116 Weltklassepatenten noch in fast allen Bereichen die Spitzenposition ein. Japan reichte 1.083 Patente ein, Deutschland 569 und die Schweiz 128, wie eine Studie der Bertelsmann Stiftung über die Entwicklung, Grösse und Stärke nationaler Patentportfolios in Zukunftstechnologien zeigt. Trotzdem schaffen es europäische Unternehmen immer wieder, sich an die Spitze zu setzen – sehr zur Freude ihrer Aktionäre.
Ein perfektes Beispiel dafür ist Deutz. Der Name wird wohl vielen von den gleichnamigen Traktoren geläufig sein. Das 1864 vom Autodidakten Nicolaus August Otto und dem Zuckerfabrikanten Eugen Langen gegründete Kölner Unternehmen reüssierte drei Jahre nach seiner Gründung mit dem ersten atmosphärischen Motor, auch Flugkolbenmotor genannt.
In der Vergangenheit firmierte Deutz unter verschiedenen Namen –wie der Abkürzung KHD, die für Klöckner-Humboldt-Deutz stand –, heute machen die Kölner mit knapp 5.000 Mitarbeitern, verteilt auf fünf Produktionsstandorte, und 13 Vertriebsgesellschaften mehr als 1,8 Milliarden € Umsatz mit der bestehenden Produktion von luft-, wasser- und ölgekühlten Dieselmotoren. In der Vergangenheit beschäftigte sich das Unternehmen auch mit dem Bau von Ottomotoren, Lokomotiven, Kraftfahrzeugen und Nutzfahrzeugen (wie Lastkraftwagen und Omnibussen) sowie jenem von Bau- und Landmaschinen und mit dem Anlagenbau.
Deutz sieht sich als unabhängiger Anbieter von Diesel-, Gas- und elektrifizierten Antrieben im Leistungsbereich bis 620 kW. Man entwickelt Zukunftstechnologien, die den immer strengeren regulatorischen Anforderungen entsprechen, und will Vorreiter für qualitativ hochwertige, umweltfreundliche und effiziente Antriebe für Off-Highway sein. Dass die Ansprüche der Kölner nicht nur Schimäre sind, zeigt das Nachhaltigkeitsrating der Agentur Vigeo Eiris, bei dem Deutz in diesem Jahr 39 Punkte erzielte. Der Motorenhersteller verbessert sich damit im ESG-Rating 2021 (Environment, Social, Governance) gleich um elf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Im Sektor Industrial Goods & Services belegt Deutz mit Platz elf einen Rang im ersten Viertel von insgesamt 49 Unternehmen – im Vorjahr lag der Motorenhersteller noch auf Rang 34. Anleger glauben an die Kölner: Die Aktie stieg im letzten Jahr um mehr als 100 % (alle Zahlen Stand Redaktionsschluss; Anm.).
Zwar will der Motorenbauer für das Geschäftsjahr 2020 (wie schon im Jahr zuvor) keine Dividende ausschütten – der Umsatz brach um fast 30 % ein, ein Sparprogramm schlug teuer zu Buche und für das Gesamtjahr musste das Unternehmen einen Verlust von fast 108 Millionen € hinnehmen –, doch all das scheint Analysten nicht abzuschrecken. Denn Deutz setzt bei den weiterentwickelten Industriemotoren auf Biodiesel, Wasserstoff, synthetische oder Multikraftstoffe – zukunftsträchtige Technologien also. Und so hat das europäische Finanzdienstleistungsunternehmen Kepler Cheuvreux das Kursziel für Deutz von 7 auf 8 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Analyst Hans-Joachim Heimbürger rechnet mit einer guten Auftragslage für Deutz im ersten Quartal.
Auch die Privatbank Hauck & Aufhäuser hat ihre Einstufung für Deutz nach einer Online-Roadshow auf „Buy“ (mit einem Kursziel von sogar 12 €) belassen. Der Deutz-Chef habe seine positive Einschätzung bestätigt, meinte Analyst Frederik Bitter. Die zyklische Erholung des Unternehmens gewinne an Fahrt, so Bitter in einer Studie. Das vierte Quartal sei durchwegs besser als erwartet ausgefallen; mittel- und langfristig seien die Aussichten hervorragend. Der Kurs der Deutz-Aktie lag zuletzt bei 6 €, womit im Hauck-&-Aufhäuser-Szenario sogar noch einmal eine Kursverdopplung gegeben wäre.
Wenn es um Technologie geht, führt wohl kein Weg an SAP vorbei. Der Softwarekonzern mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf gehört zweifellos zur Weltspitze. Der grösste Anbieter von Unternehmenssoftware in der Cloud betreut bereits 200 Millionen Benutzer rund um den Globus. 1972 von den Unternehmern Dietmar Hopp, Hasso Plattner, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira und Claus Wellenreuther gegründet, zählte SAP schnell Unternehmen wie ICI, Knoll, Burda und Linde zu den Kunden.
Heute gibt es wohl nur wenige Unternehmen von Bedeutung, die auf den Softwarekonzern verzichten können. Im Jahr 2020 machte SAP mit mehr als 102.000 Mitarbeitern 27,34 Milliarden € Umsatz und lag damit trotz der Coronakrise nur wenig unter dem Ergebnis des Jahres davor. Die Aktie legte in den letzten zwölf Monaten um 11 % zu. Auf fünf Jahre betrachtet konnte man mit dem SAP-Papier deutlich mehr als 40 % ins Depot schaufeln.
Das Unternehmen setzt auch auf den Ausbau von künstlicher Intelligenz: Die Technik wird bei SAP in Kombination mit maschinellem Lernen und Datenanalysen verwendet, um eine intelligente Entscheidungsfindung zu ermöglichen und mithilfe von Datenanalysen bestimmte Probleme zu verstehen. Zusätzlich winken den Anwendern Vorteile wie Kostensenkung und Effizienzerhöhung.
Dieser Ansatz ist Wasser auf die Mühlen der Finanzexperten: Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für SAP nach einem Gespräch mit Konzernvertretern auf „Outperform“ (mit einem Kursziel von 129 €) belassen. Der Softwarekonzern sei bei der Umstellung seiner Kunden auf Cloudlösungen im frühen Stadium, sagte Analyst Mark Moerdler. Mit der Initiative „Rise with SAP“ ziele man darauf ab, diese Verlagerung voranzutreiben. Die Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für SAP auf „Buy“ (mit einem Kursziel von 125 €) belassen. Analyst Mohammed Moawalla nahm nur kleinere Anpassungen seiner Schätzungen vor. Er reagierte damit auf Währungsbewegungen und die Prognosen seines US-Kollegen für Qualtrics. Der SAP-Aktienkurs bewegte sich zuletzt um die 100 €.
Eine Aktiengesellschaft, die in der Vergangenheit an der Börse wie wohl nur wenige durchs Feuer gegangen ist, ist die Deutsche Telekom. 1995 mit viel Aufregung und Börsenhype nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost – und aus deren Bereichen Telekommunikation und Fernmeldewesen („graue Post“) – gegründet, ist die Telekom heute Europas grösstes Unternehmen der gleichnamigen Branche. In der Liste „Forbes Global 2000“ der weltgrössten börsennotierten Konzerne belegt die Deutsche Telekom Platz 116. Das Unternehmen mit Hauptsitz Bonn kam im März 2021 auf einen Börsenwert von rund 78 Milliarden €, mehr als 226.000 Mitarbeiter erzielten einen Umsatz von 101 Milliarden €. Auf künstliche Intelligenz setzt die Telekom auf verschiedenen Ebenen, wobei Plattformen auch extern zur Verfügung gestellt werden.
Die Telekom-Aktie gewann in den letzten zwölf Monaten mehr als 45 % an Wert dazu und lag zuletzt bei rund 16 € pro Stück. Luft nach oben traut man dem Riesen durchaus zu: Die UBS hat das Kursziel für die Aktie von 21,50 € auf 22,80 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Analyst Polo Tang hob seine Erwartungen an den freien Barmittelzufluss ab dem Jahr 2024 an – die langfristige Situation in den Kernmärkten USA und Deutschland sei attraktiv und jetzt in vielerlei Hinsicht besser planbar.
Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 3–21 zum Thema „Künstliche Intelligenz“.