TASCHEN VOM APFELBAUM

Weil ihr Hund am liebsten Äpfel ass und sie auf der Suche nach nachhaltigen Materialien für die Luxushandtaschen ihres Labels Happy Genie war, entschied sich Gründerin Tanja Schenker, ihre Produkte aus Äpfeln zu produzieren.

„Aus Äpfeln ein qualitativ hochwertiges Handtaschenprodukt herzustellen brachte einige Hürden mit sich“, sagt Schenker über den Entwicklungsprozess. Sechs Monate dauerte es, bis das Produkt „eine echte Alternative zu Leder“ und Schenker zufrieden war.

Der gesamte Wertschöpfungsprozess des Labels mit Sitz im schweizerischen Bäch findet in einem Umkreis von weniger als 700 Kilometern statt, das ist ­circa die Entfernung von Wien nach Zürich. Produziert wird zur Gänze in Italien: Die Äpfel werden in Südtirol geerntet und anschliessend entsaftet, aus den Resten wird ein Mehl produziert, woraus schliesslich das ­„Apfelleder“ hergestellt werden kann, das herkömmlichem Leder zum Verwechseln ähnlich ist. Das fertige Produkt bietet neben dem Apfelmaterial jedoch noch eine andere Raffinesse: Die Vorderseite der Tasche ist mit Druckknöpfen befestigt, kann somit als Clutch abgenommen und mit verschieden­farbigen anderen Clutches bzw. Aufsetzern ausgetauscht werden – die Taschen sind dadurch in ihrem Look ständig wandelbar. Der Preis der Taschen beginnt bei 500 € – einzelne Aufsetzer kosten 200 €. Insgesamt umfasst das Unter­nehmen mittlerweile 33 Mitarbeiter (drei in der Schweiz, 30 in der Produktionsstätte in Italien), die Mehrheit arbeitet in der Manufaktur in Norditalien, fünf ­Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Angaben zum Umsatz macht Schenker keine. Nur so viel: Ihre Taschen waren bereits bei der New York Fashion Week zu sehen.

Dass sie einmal als Designerin tätig werden würde, hat Schenker nicht gedacht. Nach ihrem Kulturwissenschaftsstudium an der Universität Luzern arbeitete sie ­zunächst im Marketingbereich bei ­einer Modeagentur. Bereits damals optimierte sie für Kunden deren Geschäftsideen und schlug neue Designs vor. Schliesslich machte sie sich zusammen mit ihrer Mutter mit dem Handtaschenlabel Genie in a Bag – das laut Schenker das­selbe Leder wie Hermès verwendet – selbstständig. Weil ihr die ­Lederproduktion in Europa nicht zusagte, vor ­allem die fehlende Transparenz und die Zustände von 99% aller Gerbereien weltweit, suchte sie nach Leder­alternativen und fand in Äpfeln das ideale Ausgangsmaterial – daraus entstand dann das „Apfel“-Label Happy Genie.

Derzeit arbeitet Schenker zunächst an der Expansion in Europa, da ­Corona den Weg in die USA erschwert hat und der Auftritt bei der diesjährigen New York Fashion Week ins Wasser fiel. In Zukunft will sie ihre Zielgruppe ausweiten, um ihr Ziel, Produkte, die bisher aus Leder hergestellt wurden, mit Apfelleder zu ersetzen, zu erreichen: „Wir haben einen grösseren Einfluss auf die Umwelt, wenn wir nicht nur im Luxussegment, sondern auch in anderen Segmenten und Branchen vertreten sind. Vorausgesetzt alles kann fair und nachhaltig produziert werden. Denn Nachhaltigkeit soll in Zukunft kein Luxus mehr sein.“ ­

Zudem arbeitet sie stetig an weiteren ­Produkten wie Geldbörsen oder Laptop­taschen. Das Motto bleibt bei all ­ihrem Tun jedoch stets gleich: „Made from apples, not from animals.“

Text: David Zehner
Foto: Frédéric Chastellain

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 10–20 zum Thema „Handel“.

Forbes Editors

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