STAR LAUNDRY: REINE WÄSCHE, REINES GEWISSEN

Ein plötzlicher Tod, ein abgebrochenes Studium und die Ehre der Familie: Yaakoub Hijazis Weg zum Unternehmer ist ungewöhnlich. Trotzdem ist er erfolgreich – Hotels in New York City zählen auf ihn und seine Waschanlagen.

Yaakoub Hijazis Karriere begann mit einem Schicksalsschlag: Als sein Vater Youssef 2011 an Lungenkrebs starb, beendete der damals 19-Jäh­rige sein Studium frühzeitig, um die von seinem Vater gegründete Wäscherei Star Laundry weiterzuführen. Die Nachricht, dass die vier Millionen US-$ pro Jahr umsetzende Wäscherei seines Vaters kurz vor dem Konkurs stand, wäre für jeden anderen abschreckend gewesen. Doch Hijazi bestärkte das nur in seiner Entscheidung, Star Laundry zu übernehmen. Der für ihn ausschlaggebende Punkt: die Wahrung der Familienehre. „Wenn man in Konkurs geht, wird der eigene Name zerstört“, erklärt Hijazi, der das in New Jersey ansässige Unternehmen heute führt. „Ich wollte nicht, dass der Name meines Vaters beschmutzt wird.“

Seitdem hat Hijazi (der 2020 auf der Forbes-„Under 30“-Liste vertreten war) das Vermächtnis seines Vaters nicht nur geschützt, sondern deutlich vergrössert. Star Laundry ist heute eine treibende Kraft in der Welt der Wäschereien von New York City. Textilien von über 100 der rund 800 Hotels in der Stadt, darunter auch das Conrad New York und das W Times Square, werden in Hijazis Wäscherei ge­reinigt. Forbes-Schätzungen zufolge kommen bis zu 40 % der von den Hotels in New York erzeugten Wäsche zu Star Laundry – womit jährlich rund 70 Millionen US-$ eingenommen werden. Rechnet man Hijazis andere Geschäftsbereiche dazu, worunter sich Immobilien in New Jersey und eine Leinenmanufaktur in Benin befinden, liegen die jährlichen Einnahmen des Unter­nehmens bei 120 Millionen US-$.

Yaakoub Hijazi
... wuchs in New Jersey auf. Er übernahm 2011 im Alter von 19 Jahren die Wäscherei seines Vaters, Star Laundry. Forbes schätzt den Unternehmenswert heute auf 150 Millionen US-$.

Diese Summe kommt allerdings nicht von selbst zustande: Waschen ist ein hartes Geschäft. Ein Pfund Wäsche (rund 0,45 Kilogramm) bringt zwischen 30 und 45 Cent. Jedes Unternehmen kämpft um seinen Platz – um Marktanteile zu gewinnen, sinken die Preise stetig. Prestige Industries, einst Hijazis grösster Konkurrent, meldete 2017 Insolvenz an, die Vermögenswerte wurden anschliessend von einer Private-Equity-Firma aufgekauft, der wiederum die Wäscherei Pure Tex Solutions gehört. „Alle Wettbewerber am Markt möchten mit den gleichen 200 Hotels arbeiten“, sagt Sang Cho, bis 2012 CEO von Prestige Solutions und seit 2018 Gründer von Cooperative Laundry. „Wir haben gehört, dass einige unserer Konkurrenten ihre Leis­tungen für weniger als 27 Cent pro Pfund anbieten. Das ist verrückt.“

Hijazi, der 100 % der Anteile von Star Laundry besitzt, setzte hingegen auf eigene Strategien: Er warb um Kunden, indem er persönlich ab 3:30 Uhr morgens telefonisch zur Verfügung stand und seine Gebühren im mittleren bis oberen Preissegment festlegte, um Hotels anzuziehen, gleichzeitig aber die Rentabilität beizubehalten. „Unser Verkaufsargument ist die Qualität“, so Hijazi. „Deshalb brauchen wir keine Sales-Mitarbeiter.“

Sprung ins kalte Wasser

Bei einem Besuch im Hauptsitz des Unternehmens in Paterson, New Jersey, zeigt Hijazi eine seiner vier riesigen Taktwaschanlagen. Die schmutzige Wäsche kommt in riesigen Paketen von rund 360 Kilogramm pro Stück, auf denen die Aufschrift „Star Laundry Baba Joe 1948–2011“ steht, die an Hijazis Vater erinnern soll. Dann durch­laufen 60-Kilogramm-Ladungen die verschiedenen Module, wo zuerst der Schmutz mit 80 Grad heissem Wasser abgesaugt wird und Wasserstoffperoxid und sechs bis elf andere Chemikalien die Farben der Stoffe zum Strahlen bringen. Getrennte Abteile in der Anlage und die richtige Programmierung ermög­lichen es, die Wäsche von mehreren verschiedenen Hotels zur gleichen Zeit zu waschen.

Obwohl Hijazi nur 20 Minuten von der Fabrik entfernt in Montclair Heights aufwuchs, wollte er nie dort arbeiten. „Mein Vater wollte mich auch nie dort haben“, erzählt Hijazi. Sein Vater, der mit 17 Jahren aus dem Libanon in die USA kam und einige Restaurants eröffnete, bevor er Star Laundry gründete, begann seine Wäschereikarriere ursprünglich in Brooklyn. Bald verlegte er das Unternehmen jedoch nach New Jersey, da die Lohnkosten dort niedriger und die Gewerkschafts­regeln lockerer waren.

Star Laundry zu übernehmen war für Hijazi ein Sprung ins kalte Wasser – und er fand sich schnell in der Realität wieder: Das Unternehmen sah sich mit Liquiditätsproblemen und Strafzahlungen konfrontiert, doch Hijazi liess nicht davon ab, die „Ehre seines Vaters zu be­schützen“: Er lieh sich 300.000 US-$, um die Probleme des Unternehmens auszuräumen, engagierte einen Sicherheitsberater und verabschiedete sich von der Dry-Cleaning-Sparte des Unter­nehmens.

Fokus auf grosse und luxuriöse Unterkünfte in Manhattan

2012 unterschrieb er einen Kooperationsvertrag mit dem Double Tree Hotel in der Lexington Avenue – der erste grosse Schritt für Star Laundry war gemacht. Von dort aus hantelte sich Hijazi weiter und baute sein Kundennetzwerk kontinuierlich auf. 2016 schloss er einen Vertrag mit Don Fraser, dem damaligen Hoteldirektor des Park Central und des West House, ab. Seitdem reinigt Star Laundry die rund 2,5 Millionen Kilogramm Wäsche, die jährlich in Frasers Hotels anfallen. „Yaakoub hat sich genau überlegt, mit welchen Hotels er arbeiten möchte“, erzählt Fraser. Denn obwohl Star Laundry seinen Sitz in New Jersey hat, ist Hijazi sehr auf die grossen, luxuriösen Unterkünfte in Manhattan fokussiert, deren Auslastungsquoten hoch und stabil sind. So konnte er sich vom Preisdruck abschotten und die Effizienz der Lieferwege steigern.

Doch das harte Geschäft fordert seinen Tribut: Hijazi überlegt, zu verkaufen. Details will er nicht verraten; Forbes schätzt den Wert des Unternehmens auf min­destens 150 Millionen US-$. Einem Verkauf blickt Hijazi trotz dieser stattlichen Summe nicht gerade freudig entgegen: „Meine grösste Angst ist, das zu verkaufen, was mein Vater gestartet hat.“

Text: Amy Feldman / Forbes US
Fotos: Tim Pannell / Forbes US

Der Artikel ist in unserer Februar-Ausgabe 2020 „Space“ erschienen.

Forbes Editors

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