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Florian Gschwandtner ist wohl das, was man einen Vorzeigegründer nennen kann: Nicht nur, dass er ein hohes Tempo läuft, er..
Florian Gschwandtner ist wohl das, was man einen Vorzeigegründer nennen kann: Nicht nur, dass er ein hohes Tempo läuft, er nutzt das, was er anbietet, auch selbst am häufigsten: Runtastic. Sport ist für ihn aber nicht nur wegen des Wissens über das eigene Produkt wichtig – er ist auch ein Ausgleich.
„Für den Job wäre es nicht so gut, wenn ich mit Bierbauch und Marlboro in der Hand auf der Bühne stehen würde“, erklärt Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner im Forbes-Interview – „meine Authentizität wäre da fragwürdig“. Stattdessen läuft er mehrmals pro Woche circa zehn Kilometer – mit beachtlichem Durchschnittstempo: rund fünf Minuten pro Kilometer. Beim Grossteil der Bevölkerung löst das wohl unangenehme körperliche Zustände – oder gar das blanke Grauen – aus. Für Florian Gschwandtner? Routine. Er ist Enthusiast und lebt als solcher, was er predigt.
Das Gründerteam ist enorm wichtig für den Erfolg: Es braucht einen gesunden Mix zwischen Technikern und Geschäftlich orientierten Teammitgliedern.
Runtastic hat aktuell rund 110 Millionen registrierte Nutzer; das beinhaltet jene, die die Fitness-App täglich nutzen, wie auch jene, die nach den ersten Anläufen oder sogar nach dem Download der Mut auch schon wieder verlässt. Die Zahl der monatlich aktiven User verrät der Unternehmer nicht. Runtastic ist eine Mischung: neu gebautes, modernes Büro mit Rutsche im Shoppingkomplex „Plus City“ im beschaulichen Pasching bei Linz, bei dessen Eröffnung sich Bundeskanzler Christian Kern und Sebastian Kurz, damals noch „nur“ Aussenminister, die Klinke in die Hand gaben und gratulierten. Und: 200 Mitarbeiter an mehreren Standorten sowie die Adidas Gruppe, die im Sommer 2015 220 Millionen € hingelegt hat, um hundertprozentiger Eigentümer zu werden. Damit haben es die vier Gründer wohl endgültig in die Hall of Fame der österreichischen Start-up-Landschaft geschafft. 70 Millionen registrierte User konnte man da „gut konvertieren“ und einen Platz in den digitalen Boards von Adidas ergattern.
Was ist der wichtigste Erfolgsfaktor, um ein Start-up langfristig auf solide Beine zu stellen?
Das Gründerteam. Es braucht einen gesunden Mix: einen Techniker, der anspruchsvolle Produkte bauen kann; es braucht aber auch einen Tech-Affinen, der eine CTO-Rolle übernehmen kann, und dann braucht man natürlich auch einen Produktmenschen – oft hat man nur das eine oder das andere.
Wie war das bei Ihnen und Ihren Co-Gründern?
René (Giretzlehner; Anm.), einer meiner Gründerkollegen, hat mit Christian (Kaar; Anm.) am Neusiedler See gemeinsam an Segelboottracking gearbeitet. Zwei Techniker haben da versucht, etwas zu bauen, was nicht ganz funktioniert hat. Die Tracking-Idee haben wir dann genommen und abgeändert. Ich wollte immer schon selbstständig sein, das war mein grosser Traum; wir haben gesagt, wir machen das gemeinsam – ich mache Business und sie das Technische. Dann kam auch noch Alfred Luger dazu und zu viert haben wir dann um 2009 herum gestartet. Wir wollten erfolgreich sein, haben Erfolg aber nie so wirklich definiert.
Was, glauben Sie, ist ausschlaggebend für den Erfolg von Runtastic?
Ich stehe zwar immer auf der Bühne, aber mein Team steht ganz vorne. Wir sind zusammen verantwortlich für das, was wir schaffen. Unternehmen müssen verstehen, dass es wichtig ist, ins Team zu investieren. Die müssen umdenken lernen. Es ist schön, dass die Leute da sind und für dich arbeiten, und die Leute sollen autonom arbeiten können – wir hören oft aus der Unternehmenswelt, ob wir denn keine Angst hätten, dass die Mitarbeiter ohne harten Führungsstil nicht arbeiten. Doch wichtig ist der Output. Und sicher gibt es Grenzen bei der Freiheit: Alle Benefits haben und dann nicht hart arbeiten und nur 38,5 Stunden in der Woche, das geht natürlich nicht. Wir diskutieren im Team immer sehr intensiv, wie viele Regeln wir setzen und wie viel Autonomie wir lassen sollen; ich bin immer für ein bisschen mehr Regeln. (lacht)
Wie ist der Umgang mit Mitarbeitern?
Ich denke, Respekt und Transparenz sind sehr wichtig. Wir befragen die Mitarbeiter quartalsweise nach ihrer Zufriedenheit in sechs Bereichen. Einmal im Jahr gibt’s ein individuelles Feedbackgespräch. In der internen Kommunikation sind wir transparent, unsere Zahlen etwa. Und wir achten auf ein angenehmes Umfeld, das bedeutet auch flexible Arbeitszeiten oder auch das neue Büro. Zudem haben wir unsere Lektionen gelernt: Wir waren vier Gründer im Management, heute sind es nur mehr drei und Stephanie Peterson (Anm. Chief Marketing Officer) ist statt René ins Management gekommen, der selbst diese Position zurückgelegt hat und wieder Programmierer ist. Nicht jeder ist der geborene Manager! Das zu erkennen ist schwierig – ihm geht es jetzt fünfmal besser, weil er das tun kann, was er am liebsten tut. Und es war gut, den Mitarbeitern zu zeigen: Jeder kann Manager werden und wir haben eine Frau im Leadership – Frauen im Leadership sind spannend.
Sie gelten ja als einer der Vorzeigegründer, weil Sie das, was Sie verkaufen, selbst auch am intensivsten nutzen. Hat Sport schon immer eine Rolle in Ihrem Leben gespielt?
Für den Job ist es natürlich gut – ich lebe Sport. Für mich ist das ein Lifestyle. Sport ist meine Droge – es geht nicht ohne. Generell ist er wichtig, denn wir haben nur einen Körper, auf den muss man aufpassen. Und ich denke, es gibt eine Korrelation zwischen Erfolg und Fitness.
Wie viel Sport machen Sie denn?
Ich habe unlängst tatsächlich zehn Tage keinen Sport gemacht. Das gibt es bei mir alle drei Jahre. Jetzt war ich wieder laufen und im Fitnesscenter. Zwei- bis dreimal pro Woche gehe ich laufen und drei- bis viermal ins Fitnessstudio. Zwischen sechs und zehn Kilometer laufe ich, länger freut es mich nicht. Ich kann nicht drei Stunden durch die Gegend laufen. Sport ist für mich ein Lebenselixier, aber kein Muss. Es gibt auch Tage, wo es mich nicht freut, und unlängst war ich mit meinen Eltern essen und habe auch ein Steak mit Pommes gegessen und zwei Spritzer dazu getrunken. Das darf man auch mal.
Florian Gschwandtner ist das Gesicht eines der bekanntesten Start-ups Österreichs: Runtastic. Das Unternehmen hat 2009 als Fitness-App begonnen, und die gibt es auch heute noch, als Premium-, also Bezahlversion, und als Gratisversion. Die monatlich aktiven Userzahlen gibt Gschwandtner zwar nicht bekannt, den Käufer Adidas aber dürften sie im letzten Jahr überzeugt haben: Für 220 Millionen € kaufte der deutsche Sportartikelriese das österreichische Start-up vom damaligen Mehrheitseigentümer Springer. Mittlerweile hat Runtastic sein Geschäft diversifiziert, wie etwa in Richtung Laufbuch oder Wearables, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Text: Elisabeth Woditschka | Elisabeth.woditschka@forbes.at
Fotos: Beigestellt