Nils Clausnitzer im Interview: Strategieberatung für Life Sciences

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Die Life-Sciences- und Diagnostik-Branche steht unter wachsendem Druck. Neben einem sich rasant wandelnden Markt sorgen steigende regulatorische Anforderungen, begrenzte Budgets im Gesundheitswesen und technologische Entwicklungen für unerwartete Herausforderungen. In einem zunehmend internationalen Wettbewerbsumfeld werden moderne Go-to-Market-Strategien und optimierte Prozesse zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Wie sich Unternehmen hier strategisch aufstellen können, erklärt Dr. Nils Clausnitzer von DIMEDICON-Consulting im folgenden Interview.

Dr. med. Nils Clausnitzer, MBA

Herr Clausnitzer, wie hat sich Ihrer Erfahrung nach der Beratungsbedarf in der Life-Sciences- und Diagnostik-Branche in den letzten Jahren verändert – und welche Rolle spielt dabei die zunehmende Regulierung?

Der Beratungsbedarf ist spürbar gestiegen – vor allem durch technologische Innovationen und die massiv verschärfte Regulatorik, etwa durch IVDR und MDR. Unternehmen suchen heute weniger klassische Strategiepapiere, sondern belastbare Umsetzungsbegleitung. Wie lassen sich Prozesse regulatorisch absichern, gleichzeitig aber marktorientiert und investorenfähig gestalten?

Gerade im Mittelstand ist der Bedarf an praxisnaher, interdisziplinärer Beratung hoch. Wir erleben: Beratung beginnt da, wo Standardlösungen nicht mehr greifen – und wo Umsetzung zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird.

Ihr Motto lautet frei nach Seneca: „Erfolg ist, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.“ Wie helfen Sie den Unternehmen dabei, besser vorbereitet zu sein?

Wir helfen Unternehmen, nicht nur auf Gelegenheiten zu reagieren, sondern sie aktiv vorzubereiten – strukturell, personell und strategisch. Das heisst konkret: Wir schaffen Klarheit über Stärken und Schwächen, professionalisieren Prozesse frühzeitig – etwa im Vertrieb, Marketing oder Produktmanagement – und bauen gezielt Kompetenzen auf, bevor sie zum Engpass werden. Hierzu gehört auch eine Reflektion über Unternehmensstrukturen und die Kommunikation - ein vielfach vernachlässigtes Thema der Unternehmensführung.

Gerade im dynamischen Life-Sciences-Umfeld entscheidet nicht nur, was man tut, sondern wann und wie gut man vorbereitet ist. Unser Anspruch: Unternehmen so aufzustellen, dass Chancen nicht überraschen, sondern genutzt werden.

Sie sprechen von massgeschneiderten Strategien? Warum ist diese Herangehensweise so wichtig, statt auf Standardlösungen zurückzugreifen?

In der Life-Sciences-Branche gibt es keine Blaupausen – zu unterschiedlich sind Technologien, Marktzyklen und regulatorische Anforderungen. Standardlösungen greifen oft zu kurz und übersehen das Entscheidende: den Kontext.

Unsere Erfahrung zeigt, dass nur massgeschneiderte Strategien wirksam sind – weil sie realistisch, anschlussfähig und umsetzbar sind. Ob Start-up nach Series A oder Konzern in der Reorganisation, jedes Unternehmen hat andere Hebel. Unsere Aufgabe ist es, diese zu erkennen – und präzise zu justieren.

Gerade im Mittelstand sehen wir, wie Standardstrategien zum Beispiel während einer Marktkonsolidierung oft scheitern – etwa wenn ein Diagnostikunternehmen plötzlich selbst zum Übernahmeziel wird oder aktiv zukaufen will.

In solchen Fällen reicht ein klassischer Expansionsplan nicht aus. Es braucht eine passgenaue Strategie, die Finanzierung, Integration, Kultur und regulatorische Skalierung zusammendenkt. Genau hier setzen wir an – pragmatisch, vertraulich und immer im Unternehmenskontext.

Ihr Beratungsansatz verbindet medizinische Expertise mit betriebswirtschaftlichem Know-how. Wie schaffen Sie es darüber hinaus, am Puls der Zeit zu bleiben – im Hinblick auf die Herausforderungen Ihrer Kunden?

Am Puls der Zeit zu bleiben, heisst für uns, kontinuierlich im Austausch mit Markt, Wissenschaft und Praxis zu stehen. Wir arbeiten nicht aus dem Elfenbeinturm heraus, sondern begleiten Unternehmen operativ – oft über Monate hinweg – mitten in Transformationsprozessen.

Durch unsere interdisziplinären Projekte – vom Start-up bis zur Konzernstruktur – sehen wir früh, wo neue Hürden entstehen – sei es durch regulatorische Änderungen, technologische Sprünge oder veränderte Kapitalerwartungen.

Unsere medizinische Herkunft und betriebswirtschaftliche Erfahrung sind die Basis – aktuell bleiben wir, weil wir täglich mit Entscheiderinnen und Entscheidern an genau diesen Schnittstellen arbeiten.

Ein Beispiel: In jüngster Zeit begleiten wir vermehrt Unternehmen, die ihre klassischen Aussendienstmodelle hinterfragen – etwa im Zuge wachsender Hybrid-Kundenkontakte oder bei sinkender Besuchsfrequenz in Kliniken. Aus diesen Projekten entsteht ein direkter Wissenstransfer: Welche Rollenprofile funktionieren? Welche digitalen Tools bringen echte Konversionsraten? Diese Erkenntnisse fliessen bei uns sofort in die strategische Vertriebsarbeit anderer Mandate ein – gezielt, anonymisiert und kontextbezogen.

Welche Rolle spielen digitale Tools, Remote Workshops oder andere digitale Konzepte bei Ihren Projekten?

Digitale Tools und Formate sind für uns längst gelebte Praxis – besonders, wenn es darum geht, komplexe Vorhaben mit verschiedenen Stakeholdern strukturiert vorzubereiten.

Wir arbeiten zum Beispiel häufig mit digitalen Einzelinterviews – sei es in der Vertriebsanalyse oder im Rahmen von Change-Prozessen. So bekommen wir ein ehrliches Stimmungsbild, identifizieren Engpässe und können gezielter priorisieren, bevor wir in Strategie- oder Workshop-Formate gehen.

So haben wir in einem Projekt zur Neupositionierung eines Vertriebsbereichs vorab rund 15 digitale Gespräche mit Führungskräften und Aussendienstmitarbeitern geführt – vertraulich, klar strukturiert, ergebnisoffen. Das hat es uns ermöglicht, sehr schnell Muster zu erkennen und die eigentliche Strategiearbeit auf fundierte, interne Einsichten zu stützen – nicht auf Annahmen.

Aber auch für unsere Kunden sind digitale Tools zunehmend wichtig: von Kundenzufriedenheitsmessungen bis zur Darstellung von KPIs (Key Performance Indikatoren/Kennzahlen) sind digital unterstützte Prozessketten häufig die Basis für unternehmerischen Erfolg.

Wichtig ist uns dabei immer: Das Format dient dem Ziel. Digital, wenn es passt – persönlich, wenn es nötig ist.

Wie sieht ein typischer Projektverlauf bei Ihnen aus – von der ersten Analyse bis zur praktischen Umsetzung im Unternehmen?

Ein typischer Projektverlauf beginnt bei uns mit einer klaren Zieldefinition: Was genau soll erreicht werden – und was braucht es, damit das nicht nur auf dem Papier funktioniert?

Darauf folgt eine strukturierte Analysephase. Wir sprechen mit Schlüsselpersonen, schauen auf Prozesse, Daten, Vertriebsstrukturen und Marktgegebenheiten. Dabei geht es uns nicht nur um das „Was läuft nicht?“, sondern vor allem um das „Warum?“.

Auch hier ein Beispiel: In einem Projekt mit einem Diagnostikunternehmen ging es darum, den Aussendienst neu auszurichten – fachlich, regional und in der Kundenansprache. Nach der Analyse haben wir gemeinsam mit dem Management ein neues Gebietsmodell entwickelt, Rollenprofile geschärft und klare Prioritäten im Zielkundenmanagement gesetzt. Die Neuausrichtung von Commercial Excellence Konzepten lieferte wertvolle Daten und erleichterte die Kontrolle der Implementierung.

Für die Umsetzung wurden wir dann auch operativ eingebunden – in diesem Fall durch ein Interim-Mandat auf Leitungsebene. So konnten wir sicherstellen, dass die neue Struktur nicht nur entworfen, sondern auch in der Organisation verankert wurde – mit den richtigen Menschen, den passenden Werkzeugen und der nötigen Konsequenz.

Ein Projekt endet für uns nicht mit dem Konzept, sondern mit einem sichtbaren Ergebnis im Alltag des Unternehmens.

Sie begleiten sowohl mittelständische Diagnostik-Unternehmen als auch internationale Konzerne. Welche Unterschiede in der Beratung gilt es zu berücksichtigen oder spielt die Unternehmensgrösse zunächst einmal keine Rolle?

Die Grösse eines Unternehmens spielt insofern eine Rolle, als die Rahmenbedingungen oft sehr unterschiedlich sind – Entscheidungswege, Ressourcen, interne Strukturen. Aber was beide verbindet, ist der Anspruch auf eine Lösung, die wirklich funktioniert.

Im Mittelstand arbeiten wir häufig sehr direkt mit der Geschäftsführung – Entscheidungsprozesse sind schneller, aber auch stärker von Einzelpersonen geprägt. Hier geht es oft darum, operative Umsetzung und strategische Weitsicht in Einklang zu bringen – mit begrenzten Kapazitäten, aber viel Gestaltungswillen.

Im Konzernumfeld sind unsere Projekte meist stärker formalisiert. Dort liegt die Herausforderung oft in der Abstimmung zwischen vielen Stakeholdern – national wie international. Die Lösung muss anschlussfähig sein, skalierbar und intern vermittelbar.

Wir passen unsere Arbeitsweise an den Kontext an – nicht umgekehrt. Ob Mittelstand oder Konzern, entscheidend ist, dass wir die Sprache des Unternehmens sprechen und die Lösung nicht „von aussen“, sondern aus der Realität des Kunden heraus entsteht. “Outside in thinking” ist ein wichtiges Leitmotiv für uns.

Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Stolpersteine bei Reorganisationen und Change-Prozessen?

Die grössten Stolpersteine liegen meist nicht in der Strategie – sondern in ihrer Umsetzung. Ziele sind oft klar, aber der Weg dorthin wird unterschätzt: fehlende Kommunikation, unklare Verantwortlichkeiten oder zu wenig Zeit für die Mitarbeitenden, sich mit der Veränderung wirklich auseinanderzusetzen.

Ein häufiger Fehler ist, dass man Veränderungen „verordnet“, statt sie gemeinsam zu entwickeln. Gerade in funktionierenden Strukturen braucht es gute Gründe, damit Menschen bereit sind, etwas anders zu machen. "What's in it for me?” ist für viele Angestellte eine Frage, die in Change-Prozessen für die erfolgreiche Implementierung beantwortet werden muss.

Wir sehen unsere Aufgabe deshalb nicht nur in der Planung, sondern auch im Übersetzen: vom Vorstandsbeschluss bis in den Arbeitsalltag.

In Change-Prozessen bei Life-Sciences-Unternehmen binden wir häufig frühzeitig Mitarbeitende aus verschiedenen Ebenen ein. Dies verhindert nicht die Reibung, schafft aber Akzeptanz. Und ohne die wird keine Reorganisation nachhaltig.

Welche Trends oder technologischen Entwicklungen sehen Sie aktuell im Life-Sciences-Sektor, die Unternehmen unbedingt im Blick behalten sollten?

Wir beobachten aktuell mehrere Entwicklungen im Life‑Sciences‑Sektor, die Unternehmen unbedingt im Blick behalten sollten:

  1. Künstliche Intelligenz in der Diagnostik und Forschung:
    AI‑gestützte Anwendungen verändern spürbar, wie wir Diagnosen erstellen, Arzneimittel entwickeln und klinische Studien planen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Versuche, sondern um breit angelegte, datengetriebene Lösungen im Betrieb – beispielsweise zur Analyse medizinischer Bilddaten oder Automatisierung von Sequenzierungen

  2. Genomik und personalisierte Diagnostik:
    Initiativen wie sich schnell verbreitende DNA-Tests und Biomarker-Tests zeigen, wie stark genomische Verfahren in die Prävention und personalisierte Medizin drängen – dieses Momentum eröffnet neue Adjustierungserfordernisse in der Datenstrategie und in der klinischen Validierung aber auch in Vertriebsprozessen

  3. Biokonvergenz und Lab‑on‑a‑Chip-Technologien:
    Die zunehmende Integration von Biotechnologie, Mikrofluidik, Sensorik und IT – etwa im Bereich Lab‑on‑a‑Chip – erlaubt Point-of-Care-Tests mit höherer Präzision und Automatisierung. Das stellt Unternehmen vor neue technische und regulatorische Fragestellungen

  4. Multiplex‑POCT (Point‑of‑Care Testing):
    Geräte, die mehrere Parameter gleichzeitig am Patienten messen – zum Beispiel kleinvolumig, schnell und mobil – gewinnen an Bedeutung. In Industrie und Klinik eröffnen sie Potenziale für schnelleres Monitoring und dezentralisierte Anwendungen, dies hat auch Auswirkungen auf die medizinische Leistungserbringung

Fazit: Technologie, Daten und Prävention rücken weiter in den Mittelpunkt – von AI-gestützter Diagnostik über individualisierte Präventionsstrategien bis hin zu komplexen Diagnose-Tools direkt am Point-of-Care. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen ihre Prozesse, Compliance-Rahmen und IT-Systeme so gestalten, dass diese Entwicklungen nicht nur verfolgt, sondern aktiv genutzt werden.
Hier unterstützen wir gerne – mit Blick für medizinische Tiefe, strategische Umsetzung und regulatorische Passgenauigkeit.


Weitere Informationen zum Beratungsangebot und zur Arbeitsweise finden Interessierte unter www.dimedicon.de.


Impressum

DIMEDICON Consulting GmbH

Herr Dr. Nils Clausnitzer

Konrad-Reuter-Strasse 23a

22393 Hamburg

Deutschland

USt-IdNr.: DE325723755

HRB 157 897

Amtsgericht Hamburg

T: 0049 40 56009975

M: 0049 172 4014908

@: info@dimedicon.de

www.dimedicon.de

 

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