MÜNCHNER BLASE

Im Forbes-Ranking der besten Fondsmanager im DACH-Raum ist Thomas Kübler mit seinem Fonds Catella Max dieses Jahr auf dem zweiten Rang gelandet. Das Besondere: Der Immobilienfonds investiert ausschliesslich in München.

Thomas Kübler ist erstaunlich entspannt für ­einen Mann, der eigentlich in grosser Gefahr ist. Als uns der Fondsmanager im Münchner Büro der schwedischen Kapitalanlagegesellschaft Catella begrüsst, ist er gut gelaunt. Im Forbes-­Ranking der erfolgreichsten Fondsmanager in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat der von ihm gemanagte Fonds Catella Max wie schon im Vorjahr einen Spitzenplatz belegt – und das, obwohl sein Anlage­universum ziemlich überschaubar ist. Denn das Konzept lautet: Investiert wird in Immobilien – und zwar ausschliesslich in München.

Während andere Fondsmanager auf der ­Suche nach Anlagemöglichkeiten um die Welt jetten, muss Kübler nicht einmal die bayerische Landeshauptstadt verlassen. Der 2010 aufgelegte Fonds ist eine Wette auf den Münchner Immobilienmarkt – und zwar eine, die voll aufgegangen ist. In dem für unser Ranking relevanten Zeitraum – den fünf Jahren bis zum 30. September 2019 – hat der Catella Max für die Investoren eine jährliche Rendite von 13,6 % ­erwirtschaftet. Gegenüber der – insgesamt schwächelnden – Peergroup der europäischen Immobilienfonds ­erzielte er mit seiner extrem fokussierten Strategie damit eine Überrendite von 14,4 %. Der Fonds hat dabei vom boomenden Marktumfeld profitiert – sowohl bei den Kaufpreisen als auch bei den Mieten ist München Deutschlands teuerste Stadt.

Doch genau das könnte Küblers Erfolg jetzt gefährden – zumindest, wenn man den Analysten der Schweizer Grossbank UBS glaubt. Diese haben im September ihren jährlichen World Real Estate Bubble Index veröffentlicht – eine auf quantitativen Kriterien basierende Rang­liste jener Städte, die nach Ansicht der Analysten das höchste Risiko haben, sich in einer Immobilienblase zu befinden. Ganz oben auf der Liste: München. Mit einem Score von 2,1 Punkten liegt die Stadt deutlich über dem Schwellenwert von 1,5 Zählern, ab dem die Analysten ein „hohes Risiko“ diagnostizieren. Gegenüber den beiden Vorjahren ist das zuvor schon hohe Blasenrisiko in der Stadt an der Isar den UBS-Berechnungen zufolge noch einmal angestiegen. „Nachdem das deutsche Wirtschaftswachstum ins Stocken gerät, erwarten wir ein Ende des Immobilienbooms trotz rekordtiefer Kreditzinsen“, heisst es im UBS-Report.

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Was bedeutet das für einen Fonds, der ausschliesslich in Münchner Immobilien investiert ist? Jedenfalls keinen Grund zur Panik, ist Thomas Kübler überzeugt. „Wenn man sich rein die Charts der Preisentwicklung ansieht, könnte man meinen, eine Blase zu sehen. Aber das muss man relativieren, denn letztlich stimmen die Fundamentaldaten“, sagt der Catella-Fondsmanager. Der Zuzug nach München sei ungebrochen, Grundstücke rar und Bauträger könnten den Bedarf nicht erfüllen. Das spiegle sich dann eben in den Daten wider. „Die wirtschaftlichen Parameter sind sehr gut. Sieben der 30 DAX-Konzerne sind in München angesiedelt, die Stadt macht ein Drittel der Wirtschafts­leistung des Bundeslandes Bayern aus.“

Allerdings ist es aufgrund der Markt­entwicklung für Kübler inzwischen alles andere als einfach, geeignete Objekte zu finden. Diese müssen ja nicht nur qualitativ hochwertig sein, auch die Rendite muss stimmen. „Das ist in letzter Zeit immer schwieriger geworden, und daher haben wir über die Jahre immer selektiver angekauft“, sagt Kübler. Mittlerweile nimmt der Fonds auch keine neuen Gelder mehr an: „Wenn ich derzeit Objektangebote prüfe, kann die Zielrendite des Fonds nicht mehr dargestellt werden.“ Im Juli wurde erstmals ein Objekt verkauft. Aktuell hat der Catella Max 14 Immobilien im Portfolio, das Immobilienvermögen betrug per Ende September 410 Mio. €. Eine Trendumkehr am Markt ist für Kübler nicht in Sicht: Es gebe schlichtweg nicht genug Angebot für die Nachfrage, die in München vorhanden ist. Und auch die Anlagealternativen seien häufig wenig attraktiv – etwa am Anleihemarkt, auf dem Anleger häufig schon dafür zahlen, Geld zu verleihen.

Die Stadt München selbst erwartet ebenfalls kein Ende des Zuzugs. In ihrem im Mai veröffentlichten jüngsten Demografiebericht prognostiziert die Stadt, dass die Einwohnerzahl von aktuell 1,55 Millionen bis zum Jahr 2030 auf 1,7 Millionen und bis 2040 sogar auf 1,85 Millionen steigen wird. Das schlägt sich entsprechend auf den Wohnungsmarkt nieder: Einer Analyse der Deutschen Bank zufolge fehlen in München bereits jetzt 40.000 Wohnungen – bis 2022 dürfte die Zahl auf 130.000 steigen. „München könnte noch teurer werden“, schlussfolgert der Deutsche-Bank-Analyst Jochen Möbert daher. Die Stadt sei zwar schon jetzt die teuerste Deutschlands, aber aus internationaler Sicht „durchaus nachvollziehbar bewertet“.

Im Portfolio des Catella Max ­entfallen – gemessen an den Mieteinnahmen – derzeit rund 41 % auf Wohnimmobilien. Etwas mehr als ein Viertel macht der Bürobereich aus. Der Einzelhandel kommt auf 11 %. Daneben sind auch Arztpraxen, Gastronomie und eine Hochschule im Portfolio. Nachdem der München-Fonds geografisch nicht diversifizieren kann, ist eine Aufteilung zwischen den unterschiedlichen Sektoren für Kübler umso wichtiger. Im Wohnbereich konzentriert sich der Catella Max vor allem auf das mittlere Preissegment. „Jeder diskutiert über das Luxuspreissegment, aber das ist nur ein kleiner Teil des Gesamtmarkts“, sagt Kübler. „Wir wollen Wohnraum für die Mittelschicht zur Verfügung stellen. Das mittlere Segment ist stabiler, das passt in unsere langfristige Ausrichtung.“

Die Diskussion um leistbares Wohnen ist in der deutschen Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren deutlich lauter und zunehmend kontrovers geworden. In München haben sich die Immobilienpreise nach Angaben der UBS in den vergangenen zehn Jahren selbst inflationsbereinigt mehr als verdoppelt, während die Mieten um 40 % gestiegen sind. Die Realeinkommen haben im selben Zeitraum nur um rund 15 % zugelegt. Für eine zentral gelegene, 60 Quadratmeter grosse Wohnung muss ein gut ausgebildeter Angestellter im Dienstleistungssektor den Berechnungen der Schweizer Grossbank zufolge acht Jahresgehälter hinlegen.

Jeder diskutiert immer über das Luxuspreissegment. Aber das ist nur ein kleiner Teil des Gesamtmarkts.

Klar, dass in einer solchen Situation der Druck auf die Politik steigt. Schon 2015 hat die deutsche Bundesregierung eine „Mietpreisbremse“ beschlossen, die den Anstieg der Mieten zumindest dämpfen soll. Zuletzt hat sich die Debatte vor allem in der Hauptstadt Berlin zugespitzt. Dort hat der Senat Ende Oktober einen „Mietendeckel“ beschlossen, der die Mieten zunächst fünf Jahre lang einfriert und darüber hinaus fix definierte Obergrenzen für die Miete pro Quadratmeter vorsieht. Das konservativere Bayern tickt politisch traditionell anders als die Bundeshauptstadt. Doch auch hier hat der Mieterverein München Anfang Oktober ein Volksbegehren angekündigt, das eine Obergrenze für Mieten erzwingen soll. „Politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen können wir uns nicht entziehen, auch wenn sie uns nicht gefallen. Allerdings ist die Regulierung extrem kontraproduktiv“, sagt Kübler. In Berlin seien die Baugenehmigungen seit Beginn der Regulierungsdiskussion im Jahresvergleich um annähernd 20 % zurück­gegangen. Aufgrund des hohen Zuzugs reiche in München der Wohnungsneubau schon heute bei Weitem nicht aus.

Zu den Zuzüglern nach München zählt übrigens auch Kübler selbst. Nach einem Studium der Immobilienwirtschaft in Stuttgart arbeitete er zunächst vier Jahre als Immobilienberater bei EY in Frankfurt. Dort folgte der erste Job bei einer Kapitalanlagegesellschaft; später ging Kübler nach München. Dort ergab sich dann die Möglichkeit, zu Catella zu wechseln und 2016 den Catella-Max-Fonds zu übernehmen. Zuvor war dieser von Tim Schomberg gemanagt worden, der mittlerweile seine eigene Investment­gesellschaft, Kingstone, leitet. Neben dem Catella Max ist Kübler auch für einen auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Immobilienfonds verantwortlich. Dass er selbst als Fondsmanager Verantwortung übernehmen will, wusste er schon länger: „Als Berater ist man Dienstleister für den Kunden, der dann die Entscheidungen trifft. Deshalb war es für mich schon immer klar, dass ich eines Tages die Seiten wechseln und selbst Entscheider sein möchte.“ An der Immobilienbranche reizt Kübler vor allem die Vielfältigkeit: „Eine Aktie kann ich handeln, kaufen oder verkaufen. Mit einer Immobilie kann ich etwas Zusätzliches schaffen. Egal, ob ich in ein Gebäude investiere oder es komplett revitalisiere – die Möglichkeiten, eine Wertsteigerung zu erzielen, sind vielfältiger als bei Aktien.“

In einem anderen Punkt gibt es ebenfalls einen erheblichen Unterschied: in der ­Haltedauer. Immobilien sind genau das, was in dem Wort schon steckt: immobil. Während Aktien oder Anleihen üblicherweise recht schnell ge- und verkauft werden können, braucht es für Transaktionen bei Immobilien deutlich mehr Zeit. Für Investoren bedeutet ein Engagement im Immobilienbereich ein Bekenntnis zur Langfristigkeit. „Immobilienfonds sind kein Produkt für einen Investor, der schnelle Rendite machen möchte“, sagt Kübler. Bei Catella sind sie daher auf zehn Jahre ausgelegt. In solchen Zeiträumen kann sich das Marktumfeld deutlich verändern – was auch beim Catella Max der Fall war. „Unsere ersten Objekte in der Maxvorstadt haben sich prächtig entwickelt, die wären heute unbezahlbar“, sagt Kübler. Der Fonds hat daher zunehmend auch ausserhalb des Stadtzentrums investiert. Zuletzt kaufte Kübler im September ein Objekt im Stadtteil Obersendling, der am süd­lichen Münchner Stadtrand liegt.

Abseits seines auf die bayerische Landeshauptstadt beschränkten Fonds rät Kübler Investoren, den Blick auch einmal weg von den Grossstädten und auf mittelgrosse Städte zu richten. Dies legt auch eine Analyse von Catella nahe, in der berechnet wurde, wie sich steigende Zinsen auf den Immobilienmarkt auswirken würden: In den grossen europäischen Städten würden in dem hypothetischen Szenario die Immobilienpreise deutlich stärker sinken als in mittleren. Dort müssten in weiterer Folge auch die Mieten weniger stark steigen, um den Wertrückgang zu kompensieren. Sollte die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen um 1,4 Prozentpunkte steigen, hiesse das etwa Folgendes: „In Berlin bräuchten Sie eine Mietsteigerung von über 31 %. In Münster wären es dagegen nur 14 %, in Nürnberg 11 %“, führt Kübler aus. Die Grossinvestoren hätten diese Städte aber viel weniger am Radar. Catella hat dazu mittlerweile auch einen Bayern-­Fonds aufgelegt, den ein Kollege von Kübler managt und der neben München auch in Städte wie Nürnberg, Augsburg oder Fürth investieren soll.

Könnte künftig vielleicht auch das angrenzende Ausland für Catella ein Thema werden? In der Schweiz ist es nach Ansicht von Kübler schwierig, einen Zugang zu finden, da der Markt sehr stark von lokalen Investoren dominiert und auch in seinem Zugang reguliert sei. Der österreichische Immobilienmarkt dagegen habe sich „in den vergangenen beiden Jahrzehnten geöffnet und ist sehr professionell geworden“. Speziell in Wien habe man sich bei Catella bereits viele Angebote angesehen, ein Markteintritt könnte bald folgen. Es zeigt sich also: Auch wenn sich die Prophezeiungen einer Immobilienblase in München nicht bewahrheiten sollten, dürfte der Blick über die Stadtgrenzen hinaus für Kübler in den nächsten Jahren wichtiger werden.

Dieser Artikel ist in unserer Oktober-Ausgabe 2019 „Handel“ erschienen.

Forbes Editors

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