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Die PR-Expertin Stephanie Taranu berät Stars und Prominente wie Victoria Swarovski oder Judith Williams und hilft ihnen und ihren Marken bei der Imagepflege. Auf einem Stadtspaziergang zeigt die aus dem Schwarzwald stammende Unternehmerin ihr Londoner Lieblingsviertel Notting Hill.
Vielleicht hat Stephanie Taranu London schon geliebt, bevor sie es kannte. Als Jugendliche erlebte die PR-Expertin die Spätphase von „Cool Britannia“ – popkulturelle Ikonen liessen das „Swinging London“ erneut vibrieren, unter ihnen Robbie Williams und Take That, Oasis und Blur, Kate Moss und Pete Doherty und natürlich Victoria und David Beckham. Doch es waren nicht die Gesichter dieser Stars, mit denen Taranu ihr Jugendzimmer nahe Pforzheim in Süddeutschland tapezierte – sie besorgte sich einen Stadtplan von London und hängte sich statt Postern aus der Bravo die topografische Stadtansicht der britischen Metropole übers Bett.
Jede Karte ist wie ein Fahrschein für eine Reise der Fantasie, und jeder Ortsname beflügelt die Vorstellungskraft: Covent Garden, Camden Town, Soho, Shoreditch, Notting Hill – diese Londoner Bezirke standen für Taranus Sehnsucht nach einer anderen, grösseren, auch glamourösen Welt.
Rund drei Jahrzehnte später, an einem sonnigen Apriltag, spaziert Taranu durch das Viertel, das sie damals nur als Markierung auf dem Stadtplan kannte: Notting Hill im Westen Londons, ein schicker Bezirk; berühmt für seinen Trödelmarkt an der Portobello Road und den Buchladen aus der nach ihm benannten Kult-Romcom mit Julia Roberts und Hugh Grant.
„Ich habe mich hier schnell eingelebt und zu Hause gefühlt“, sagt Taranu, während sie uns durch ihr Viertel führt. Seit sieben Jahren pendelt sie zwischen dem Schwarzwald und London, fühlt sich an beiden Orten zu Hause, trotz oder gerade wegen der Kontraste. „Hätte mir früher jemand gesagt, dass ich einmal tatsächlich in London leben würde, hätte ich das für total absurd gehalten“, sagt die Baden-Württembergerin.

Taranu ist eine im deutschsprachigen Raum gut etablierte PR-Expertin und Gründerin von S-T-PR, einer Boutique-Kommunikationsagentur für Mode-, Beauty-, Lifestyle- und Persönlichkeits-PR. Zu ihren Klienten gehören Stars wie die Popsängerin und Moderatorin Victoria Swarovski, Unternehmerinnen wie Judith Williams oder das Artist Management All In, das unter anderem Content Creator Diana zur Löwen vertritt. Ausserdem hat Taranu Stars wie Georgia May Jagger oder Motsi Mabuse betreut.
Wie genau inspiriert London die deutsche Unternehmerin? Und wie gelingt es der Metropole, als kulturelles und mediales Kraftzentrum ehrgeizige Menschen aus aller Welt immer wieder aufs Neue anzuspornen und zu unternehmerischem Erfolg zu führen?
Wie Taranu lebe auch ich schon viele Jahre in London und berichte als Korrespondent für Forbes. Was uns ausserdem verbindet: Wir beide wuchsen in der süddeutschen Provinz auf, was ein gewisses Fernweh durchaus verstärken kann. Auch ich hatte früh eine Faszination für Landkarten und Stadtpläne und konnte ganze Nachmittage über dem Diercke-Schulatlas brüten. Und wie Taranu empfinde ich London als eine anstrengende Stadt, die aber uns Zugereisten dennoch schnell das Gefühl gibt, dazuzugehören. Das macht den Reiz des Melting Pot aus. „In London, everyone is different, and that’s why anyone can fit it“, sagt Paddington Bear – treffender kann man das Flair der multikulturellen Metropole nicht ausdrücken.

Natürlich treffen wir Taranu zunächst im Pub. Sie steht an der Theke des „Churchill Arms“ an der Kensington Church Street und bestellt ein Pint. Vor dem Eingang blühen Blumen. Drinnen schwelgt das Lokal in exzentrischer Nostalgie: Bilder des namensgebenden britischen Staatsmanns und Poster von Spitfire-Flugzeugen schmücken die Wände neben gerahmten Schmetterlingspräparaten.
Taranu liebt Pop- und Pub-Kultur gleichermassen. Fast jeder Londoner hat sein „local“, eine Kneipe, in der sich das Viertel versammelt. London ist gross und gewaltig; die Stadt kann oft kühl und distanziert wirken. Doch die Pubs sind Glutkerne der Geselligkeit und Anker der Ruhe in der ewigen Betriebsamkeit dieser Businessmetropole. Das ist auch für Taranu wichtig, die viel auf Reisen ist – sie hat kein festes Büro, sie arbeitet von Flughafen-Lounges aus, oder in den Private Member Clubs Soho House und Roof Gardens.
Ihre Agentur beschäftigt sechs Mitarbeiterinnen zwischen New York, London, München und Frankreich. Auch in der Ukraine beschäftigt sie eine Mitarbeiterin: Sie wollte nach der russischen Invasion helfen und heuerte die Modeexpertin an. So gab sie der Frau ein Einkommen und zumindest ein wenig Stabilität inmitten von Krieg und Krise.
Taranu begann nach einer Ausbildung zur Film- und Mediendesignerin eine Karriere in der Musikbranche und arbeitete auch für Fashionlabels in Berlin. Sie erzählt: „Ich war eine klassische Angestellte und hatte nicht das Bedürfnis, mich selbstständig zu machen.“ Sie war erfolgreich, lernte durch ihre Jobs in der Musikbranche auch London besser kennen. Doch nicht immer sagte ihr die Arbeitskultur zu, auch das hierarchische Verhalten mancher Chefs wollte sie nicht als Teil des Angestelltendaseins akzeptieren.

So reifte in ihr der Wunsch nach Eigenständigkeit. Als sie in Deutschland den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und ihre eigene Agentur eröffnen wollte, empfand sie den Prozess der Gründung aber zu bürokratisch und unflexibel. Nachdem eine Industrie- und Handelskammer ihr eine teure Pflichtmitgliedschaft vorschrieb, sagte sie „Goodbye, Deutschland“
und versuchte es mit der Gründung in London.
Ein paar Schritte vom „Churchill Arms“ entfernt besuchen wir Matt Bevan, Taranus Personal Trainer. Vom Pub zum Gym – typisch für die Verbindung von Nostalgie und Zeitgeist, die London recht mühelos gelingt. Kürzlich sorgte die Meldung, es gebe in der Stadt inzwischen mehr 24-Stunden-Fitnessstudios als Music Clubs, für Überraschung und auch ein wenig Bestürzung. Die weiter steigenden Mieten befeuern auch hier das Club-Sterben.
Aber in der Krise liegt auch eine Chance für Unternehmer wie Bevan. Früher gehörte man zur Elite der Londoner Medienbranche, wenn man den DJ in Brixtons Ministry of Sound kannte oder mit Kate Moss und Amy Winehouse in der Musikkneipe „Good Mixer“ in Camden feierte. Der selbstzerstörerische Habitus des Heroin-Chic der 2000er-Jahre ist heute nur noch eine nostalgische Erinnerung.
Der in London stark um sich greifende Wellness- und Fitnesskult füllt seit der Pandemie leer stehende Ladenflächen mit Spinning-Rädern und Reformer-Pilates-Studios. In der Oxford Street musste das legendäre Kaufhaus House of Fraser schliessen – stattdessen zieht in den Art-déco-Bau bald eine Filiale der Londoner Luxus-Gym-Kette Third Space ein, in deren Expansion Private-Equity-Investoren kürzlich rund 100 Mio. € pumpten.
In Bevans Ladenlokal Matter Training kommen die Schauspielerinnen Sienna Miller und „Star Wars“-Darstellerin Daisy Ridley, um sich für ihre nächsten Rollen fit zu machen. Auch Bevan ist ein Londoner Unternehmer, der die Aura des selbstbewussten Optimisten ausstrahlt; auch er fing klein an, arbeitete als Model, versuchte sich als Sänger in einer inzwischen vergessenen Boyband. Dann entdeckte er die Chance, sich in der Wellnessbranche eine Existenz aufzubauen – und seine Hartnäckigkeit und seine Resilienz wurden belohnt.
Bevans Verlobte Nina ist, wie Taranu, Deutsche, und eine Freundin der PR-Managerin. Auch das ist typisch London: Die Stadt wirkt auf den Besucher wie ein urbanes Ungeheuer, für den Einheimischen besteht sie aber aus einer Vielzahl lokaler Communities, die sich dann in weitere, lose zusammenhängende Unter-Communities aufsplitten. Taranu und Nina gehören etwa zu einer Gemeinschaft von „German Ladies“ in Notting Hill.

Unser Spaziergang führt zu schicken cremefarbenen Townhouses, vor denen schwarze Land-Rover-SUVs parken. In einem dieser Häuser aus der Ära Queen Victorias hat Taranu ein Studio-Apartment gefunden. London und sein Wohnraum – das ist ein ganz spezielles Thema: Egal wie schlecht isoliert, wie heruntergekommen und vernachlässigt eine Unterkunft auch sein mag, sie wird sehr viel Geld kosten; das ist so sicher wie der pünktliche Glockenschlag des Big Ben.
Luxuriöse Londoner Immobilien, vor allem in Nobelgegenden, dienen als eigene Wertanlage und Spekulationsobjekte und sind nicht immer zum Wohnen vorgesehen. Um an erschwinglichen Wohnraum zu kommen, muss man schnell sein und darf sich von einem harten Bieterwettbewerb mit anderen Interessenten nicht abschrecken lassen.
Taranu lebte einige Jahre mit einer Mitbewohnerin in Kensington, bis sie in Notting Hill ein Zimmer fand. Nun überlegt sie, ihr eigenes Heim zu kaufen, denn Londoner mieten nicht gerne: Sobald es irgendwie geht, investieren sie in „bricks and mortar“ – in Backstein und Mörtel. Und müssen dann umso härter arbeiten, um die „mortgage“ zu tilgen. London ist keine Wohlfühlstadt, sondern eine Grossstadt für Fortgeschrittene. Sie verlangt ihren Bewohnern vieles ab. Aber auch hier gilt: Je grösser die Widerstände, desto grösser der Lohn.
Im „Gold“ in der Portobello Road bestellen wir ein frühes Abendessen. Das Restaurant serviert europäische Küche und hat sich den Charme eines schicken, aber unprätentiösen Nachbarschaftslokals bewahrt. „Gold“-Chefkoch Theo Hill kochte einst im Londoner Kultrestaurant „River Café“, das wie kaum ein anderes Lokal den kulinarischen Melting Pot beeinflusst und junge Köche auf den ultraharten Londoner Gastro-Markt vorbereitet hat. Auch der junge Jamie Oliver, heute eine globale Ikone, wurde dort entdeckt.
Was macht London so besonders, wie inspiriert die Stadt? „Die Stadt vibriert“, sagt Taranu. Dann zählt sie auf: Da wäre das kosmopolitische Flair, das Überangebot an Ideen; Street Art, Musik, überhaupt die britische Kultur, die Tradition und Zeitgeist so gekonnt verschmilzt und deren Prestige gerade auf eingewanderte Menschen eine mächtige Wirkung ausübt. Wer in London lebt und seine Umwelt genau beobachtet, wird bemerken: Jene, die mit einem deutschen, italienischen oder französischen Akzent sprechen, stellen mit besonderem Stolz ihre Barbourjacken und Tweedjacketts zur Schau.

Bei Artischocken mit Salsa verde und Grillhähnchen mit kalabrischer Nduja-Wurst erzählt Taranu von ihren nächsten Projekten. „Ich würde gerne weiter expandieren und vor allem in den USA neues Business aufbauen“, sagt die PR-Expertin, die als Berufsbezeichnung den englischen Begriff „Publicist“ bevorzugt. Zu ihren Kunden zählen auch „Gossip Girl“-Star Ed Westwick und dessen Ehefrau Amy Jackson.
Im vergangenen Herbst nutzte Taranu ihr Netzwerk und brachte Westwick und Jackson zur Wiesn nach München. Das Glamourpaar wurde ausgestattet von Krüger Dirndl und trug Tracht, die Victoria Swarovski entworfen hatte. Der Besuch führte die Stars auch zur Münchner Promi-Ärztin Miriam Rehbein. Das Foto von Westwick in Lederhosen und Jackson im Dirndl auf dem Oktoberfest wurde zu einem viralen Hit auf Tiktok – für Taranu ein gutes Beispiel, wie sie Marken und Talente zusammenbringen und auch das Image einer Persönlichkeit positiv prägen kann.

An diesem Tag nutzt Taranu ihre Fähigkeiten als PR-Expertin, um ihre Wahlheimat ins beste Licht zu rücken, und das ist an diesem Aprilabend nicht allzu schwer: Die Blüten des Schlehdorns wirbeln wie weisse Flocken durch die Royal Parks; bald werden hier die ersten Pimm’s-Limonaden serviert – Symbole des Great British Summer. „Es gibt keinen schöneren Ort auf der Welt als London im Sommer“, sagt Taranu.
Dann führt sie mich zu einem ihrer Lieblingsorte, der Royal Albert Hall am Rande des Hyde Park. Das passt – der Prachtbau steht auch für ein Stück Deutschland in London: Die historische Konzerthalle wurde zu Ehren von Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dem Gemahl von Königin Victoria, errichtet. Nachdem Taranu an den Stufen für ein Erinnerungsfoto posiert hat, bleibt noch eine Frage: Ihren Wunsch von einem Leben in London hat sie sich längst erfüllt. Welcher Traum ist noch offen?
Gerne hätte Taranu irgendwann einmal ein Cottage vor der Stadt, näher an der Natur; vielleicht in den Cotswolds, wo Kate Moss entspannt, oder in Oxfordshire, wo sich Sport- und Popkultur-Ikone David Beckham gerade als leidenschaftlicher Kleingärtner und Selbstversorger neu erfindet und auf seinem Landanwesen Grünkohl und Karotten pflanzt.
Auch das ist typisch für den Londoner und die Londonerin: Man kommt nie zur Ruhe. Kaum hat man es geschafft, in dieser überwältigenden Weltstadt angenehm und gut zu leben, packt einen schon wieder die Sehnsucht nach etwas Neuem. Und nicht nur bei Schwarzwäldern ist das dann meist die Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land. Aber natürlich nur, wenn dort die Nachbarn Kate Moss oder David Beckham heissen.
Stephanie Taranu gründete 2015 die Boutique-Kommunikationsagentur S-T-PR London. Sie ist spezialisiert auf Mode-, Beauty-, Lifestyle- und Persönlichkeits-PR und vertritt unter anderem Popsängerin und Moderatorin Victoria Swarovski und Unternehmerin Judith Williams.
Fotos: Ben Quinton