Let’s go downhill

Wenn es um Downhill-Mountainbiken geht, ist Valentina Höll an der Weltspitze: Die österreichische Under 30-Listmakerin fährt Fahrradrennen, seit sie drei Jahre alt ist, und konnte schon einige Weltcups für sich entscheiden. Doch was plant sie für ihre Zukunft – wo sie doch schon alles gewonnen hat?

In Saalbach geboren hatte die Downhill-Mountainbikerin Valentina Höll von Kindesbeinen an die idealen ­Voraussetzungen, eine erfolgreiche Bergsportlerin zu werden. Dass sich die junge Österreicherin letztlich fürs Downhill-Mountainbiking entschied, war für sie selbst auch eine Überraschung: „Als Kind wollte ich eigentlich Skifahrerin werden“, erzählt Höll. Kein Wunder also, dass wir unser Gespräch mit der Weltmeisterin führen, als sie sich gerade auf dem Heimweg von einem Skitag in St. Moritz befindet. Sie geniesse ihre freien Tage auf der Piste, sei es nun in St. Moritz oder zu Hause in Saalbach, so die Sportlerin.

Der Reiz beim Skifahren wie auch beim Mountainbiken liegt für Höll im Speed. Mit bis zu 70 km/h fährt sie bei Downhill-Mountainbike-Rennen über Stock und Stein, häufig auf so steilen Abfahrten, dass sie zu Fuss kaum zu bewältigen wären. Ihr erstes Fahrradrennen fuhr Höll im ­Alter von drei Jahren. „Meine Eltern waren immer hobbymässig am Fahrrad unterwegs. Sie sind zwar nie Rennen gefahren, aber haben mir die Freude am Mountainbiken mitgegeben“, erzählt sie. Da ihre Eltern einen Almgasthof betreiben, der in den Sommermonaten oft von professionellen Mountainbikern besucht wird, kam Höll schon früh mit der Elite des österreichischen Radsports in Kontakt. „Die Pros, die bei uns am Hof waren, haben mich motiviert, mit dem Biken weiterzumachen, und haben gleichzeitig auch mein Talent entdeckt“, so Höll über ihre Mountainbike-Anfänge.

Mit gerade einmal 13 ­Jahren bestritt sie ihr erstes internatio­nales Rennen; damals aufgrund ­eines Mangels an weiblichen Athleten ­gegen ein zum Grossteil männ­liches Starterfeld. Auch heute ist der Mountainbike-Sport mit ­einem Anteil von 77 % eine männer­dominierte Disziplin – trotzdem wagte Höll sich ­gegen die männ­lichen Konkurrenten an den Start und sicherte sich schliesslich auch den Sieg bei diesem ersten internationalen Wettkampf. „Meine Eltern waren sehr überrascht. Ich weiss noch, dass mein Vater vor dem Rennen zu mir ­gesagt hat, dass ich mir keine allzu ­grossen Hoffnungen machen soll, gegen die Jungs zu gewinnen“, so Höll. Nach diesem Erfolgserlebnis unterschrieb die 13-Jährige auch ihren ersten Vertrag, mit dem bayerischen Radhersteller YT Industries. Für die Österreicherin stellte sich dies im Nachhinein als Beginn ihrer Sportlerinnen-Karriere heraus.

2018 errang sie zum ersten Mal den Weltmeistertitel in der Juniorenklasse. Diesen Titel konnte sie im Jahr 2019 erfolgreich verteidigen und wurde zudem zur Österreichischen Staatsmeisterin gekrönt. Insgesamt feierte Höll 2019 sieben Weltcupsiege. Ihr Debüt in der allgemeinen Klasse im Jahr 2020 begann vielversprechend, mit einem Sieg in der Qualifikationsrunde des Weltcups in Leogang – jedoch stürzte sie am nächsten Tag bei einem weiten Sprung schwer und zog sich gerissene Aussenbänder im Fuss zu, was zu einer Pause für den Rest der Saison 2020 führte.

Zwei Jahre nach diesem Unfall gewann Höll schliesslich ihren ersten Weltmeistertitel in der all­gemeinen Klasse, dies konnte sie 2023 wiederholen. Somit konnte sie seit ihrem 17. Lebensjahr insgesamt vier Weltmeistertitel für sich ver­buchen.

2023 gelang es ihr auch, den Weltcupbewerb in Leogang für sich zu entscheiden. Trotz ihres ­Sturzes in ihrem Debütjahr in der Eliteklasse konnte sich Höll also ­sowohl physiologisch als auch mental schnell wieder erholen. Für Valentina Höll war auch danach klar, dass sie wieder auf ihr Fahrrad steigen wird: „Ich bin keine Schach­spielerin. Mein Sport bedeutet hohes Risiko. Aber dafür trainiere ich auch. Sprich man wird immer robuster und lernt sich und seinen Körper besser kennen. Man darf auch keine Angst vor dem Stürzen haben, das gehört dazu und man kann von seinen Fehlern lernen“, ­erklärt Höll.

Mountainbiken ist ein gefährlicher Sport. Jährlich verletzen sich in Österreich durchschnittlich rund 6.500 Sportler so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Seit 2015 hat sich damit die Anzahl an Verletzungen im Mountainbike-Sport mehr als ­verdoppelt. „Ich hatte schon viele Stürze, bei denen Gott sei Dank nicht viel passiert ist. Erst im Nachhinein habe ich gemerkt, wie viel Glück ich oft eigentlich hatte, dass nicht mehr passiert ist“, erzählt die Sportlerin.

Gerade bei einer noch recht unbekannten Disziplin wie Downhill-Mountainbiken ist es besonders wichtig, sich auch abseits des Sports einen Namen zu machen.

Valentina Höll

Dieses Jahr widmet sich Valentina Höll neben ihrem intensiven Training für die Saison 2024 auch ihrem Studium Business Adminis­tration. „Ich will lernen, mich als Person noch besser zu vermarkten und mehr Sponsoren zu bekommen“, so Höll und fügt hinzu: „Gerade bei einer noch recht unbekannten Disziplin wie Downhill-Mountainbiken ist es besonders wichtig, sich auch abseits des Sports einen Namen zu machen.“

Der Mountainbikesport hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen – so gaben 2023 rund 4,07 Millionen Menschen im deutsch­sprachigen Raum an, in ihrer Freizeit regelmässig Mountainbike zu fahren. Auch immer mehr Skigebiete bauen im Sommer auf Mountainbike-Trails und fördern damit hierzulande vom Schnee unabhängige Alternativen zum Skifahren. Vor allem Hölls ­Heimatort Saalbach gilt mit über 70 Kilometern an Mountainbike-Trails österreichweit als Downhill-Mekka. Trotzdem wünscht sich die Sportlerin noch einen stärkeren Ausbau der Mountainbikestrecken: „In Innsbruck zum Beispiel gibt es ein grosses Problem mit illegalen Trails – die Menschen fahren oft auf Güterwegen, was eigentlich verboten ist. Aber wo sollten sie sonst fahren? Oftmals steht da einfach die Bürokratie im Weg, die verhindert, dass neue Trails gebaut werden“, sagt Höll.

Nach sechs erfolgreichen Saisonen im Mountainbikesport ist die 23-Jährige unsicher, ob sie sich auch in zehn Jahren noch im Radsport sieht. „Ich habe bereits alles gewonnen, was es im Downhill-Sport zu gewinnen gibt. Leider deutet sich auch an, dass der Sport in den nächsten Jahren wohl nicht olympisch werden wird. Das ärgert mich natürlich sehr, denn das ­bedeutet auch, dass ich keine klaren Ziele habe, auf die ich hinarbeiten kann.“

Für die Zukunft strebt Höll ­danach, Downhill-Mountain­biking noch populärer zu machen, ­indem sie sich aktiv dafür einsetzt, junge Athleten zu motivieren und das Interesse der Zuschauer für den Mountainbikesport zu wecken. „Downhill-Mountainbiking ist jetzt auch auf Eurosport vertreten, aber da wir nur acht Rennen im Jahr ­haben, wird der Sport im Winter oft vergessen. Es braucht einfach mehr Aufmerksamkeit“, so Höll.

Trotz der ungewissen Zukunft für ihre Disziplin blickt die Sportlerin positiv auf die nächsten Jahre, ist stolz auf das, was sie in ihrem jungen Alter schon alles erreichen durfte, und freut sich auf die diesjährige Saison – denn dann heisst es für sie wieder: Mit Vollgas den Berg ­hinunter!

Valentina Höll ist eine österreichische Downhill-Mountainbikerin. Mit drei Jahren fuhr sie ihr erstes Fahrradrennen, mit 17 Jahren wurde sie zum ersten Mal Weltmeisterin bei den Junioren. Heute ist sie zweifache Weltmeisterin in der Junioren- und der allgemeinen Klasse.

,
Redakteurin

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.