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Bereits in jungen Jahren hat sich Max-Hervé George ein 700 Millionen CHF schweres Hotel- und Immobilienimperium aufgebaut. Das brachte ihm einen Platz unter den „Forbes 30 Under 30“. Doch der in der Schweiz lebende Franzose will mehr.
Die Royal Penthouse Suite im Park Hyatt Vienna ist kein gewöhnliches Hotelzimmer. Mit ihren zwei Stockwerken, 820 Quadratmetern und vier Terrassen ist sie vielmehr die grösste Suite Österreichs. Der Preis? Schlappe 19.800 € pro Nacht. Als Max-Hervé George die Suite betritt, begibt er sich erst mal auf einen ausgiebigen Rundgang durch die Suite. George zeigt sich beeindruckt – was bei ihm umso schwerer wiegt, denn eigentlich kennt er sich mit Luxuszimmern aus: Unter der von ihm mitgegründeten Marke Ultima Collection betreibt er zahlreiche Nobelhotels in der Schweiz und Frankreich. Das teuerste Zimmer dort? „Alles in allem zahlen Gäste dort rund 30.000 Schweizer Franken (25.000 €, Anm.).“
Max-Hervé George ist das Cover der Juni-Ausgabe 2019 „30 Under 30“ (Schweiz)
Mit seinem Geschäftspartner, dem Schweizer Byron Baciocchi, baute George trotz seines jungen Alters ein Portfolio auf, das auf High-End-Locations setzt – darunter Gstaad, Genf, Courchevel, Crans-Montana und Megève. „Wir bauen ein Triple-A-Portfolio auf, betreiben Hotels nur in ganz bestimmten Locations.“ Neben Hotels widmet sich der in Gstaad lebende Franzose aber auch einer Restaurantkette sowie zahlreichen Immobilienprojekten in ganz Europa. Der Wert des gesamten Immobilienportfolios, das insgesamt 34 Projekte umfasst, kommt auf über 700 Millionen CHF (630 Millionen €). Doch das reicht den beiden nicht: Baciocchi und George arbeiten aktuell an einer grossen Transaktion, die zwar noch vertraulich ist, dem Unternehmen aber zum nächsten Schritt verhelfen soll. Der Wert des Portfolios soll zudem in den nächsten zwei Jahren auf zwei Milliarden CHF anwachsen. Aktuell hält George 50 % der Anteile am Unternehmen – und wäre somit, wenn alles glattgeht, mit Anfang 30 einer der jüngsten Selfmademilliardäre Europas. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Sein unternehmerisches Tun ist aber nur ein Teil der Lebensgeschichte – und des zu berücksichtigenden Vermögens – von George. Denn in gewisser Weise lebte der Franzose in den letzten 15 Jahren ein Doppelleben: Auf der einen Seite Unternehmer und Investor – auf der anderen Seite fand er sich plötzlich in einem Rechtsstreit wieder, der die Basis für einen Hollywoodthriller sein könnte.
Max-Hervé George
... wurde 1989 im französischen Metz geboren. Er studierte Rechts-wissenschaften an der Université Paris Nanterre, brach aber nach zwei Jahren ab, um sich Immobilienprojekten zu widmen. Zu seinem Unternehmen gehören unter anderem die Marken Ultima Collection und Duchessa.
Im Alter von sieben Jahren schloss Georges Vater eine Lebensversicherung in seinem Namen mit Aviva (damals noch L’Abeille Vie) ab, dem fünftgrössten Versicherungskonzern der Welt. Der Fixed Price Arbitrage Life Insurance Contract ermöglichte es George, sein investiertes Geld wöchentlich umzuschichten – zu den Aktienkursen der Vorwoche.In gewisser Weise erhielt er dadurch ein „goldenes Ticket“, womit er sich lediglich ansehen muss, wie die Märkte sich entwickeln – und dann eine Woche später noch immer investieren kann.
Das ist Arbitrage (die Ausnutzung von Kursvorteilen) in Reinstform. George investiert eine Woche verspätet in jene Fonds, die seit vergangenem Freitag das grösste Plus erzielt haben, und steckt sich die Differenz ein. Das Ergebnis ist eine jährliche Rendite von 68 % – seit mehr als einem Jahrzehnt. Der aktuelle Vertragswert ist extrem schwer zu bewerten, könnte laut Financial Times jedoch aktuell bei 750 Millionen € liegen (was George zum Milliardär machen könnte). George selbst will zu solchen Schätzungen keine Angaben machen.
Doch das Ganze hat einen hohen Preis. George verbrachte einen guten Teil der letzten zwölf Jahre damit, den Versicherungskonzern zu bekämpfen, Gutachten zu Rechtsfragen einzuholen, mit Regulatoren und Auditoren zu sprechen, sowie in Meetings mit seinen Anwälten und in Prozessen vor Gerichten in mehreren Ländern.
„Heute widme ich noch immer rund 15 % meiner Zeit diesem Rechtsstreit. Das ist noch immer viel, aber früher war es deutlich mehr.“ Laut George wurde er Opfer von aggressiven Methoden, mit endlosen Verfahren eingedeckt – und schliesslich vollends ignoriert.
Über die Frage, inwiefern diese Angelegenheit ihm als Unternehmer geholfen oder geschadet hat, denkt George eine Zeit lang nach. Schliesslich sagt er lediglich: „Es ist kompliziert.“ Wer jedoch mit ihm spricht und ihn kennenlernt, merkt, wie sehr ihn die Erfahrungen geprägt haben. So sagt er etwa – angesprochen auf seine wichtigsten Regeln als Unternehmer –, ohne nachzudenken: „Wir halten uns an unsere Verträge. Immer.“ Man führe seine Deals sauber durch, stets ohne Rechtsstreitigkeiten.
Die wichtigste Regel in unserem Unternehmen: Wir halten uns an unsere Verträge. Immer.
Als er 16 Jahre alt war, liessen sich seine Eltern scheiden. Er wollte sich nicht für einen der beiden entscheiden – und zog kurzerhand von zu Hause aus. Seitdem ist George auf sich allein gestellt, verbrachte die ersten zwei Jahre in seiner Heimatstadt in Metz, bevor er nach Paris zog. Er studierte dort Rechtswissenschaften – einerseits, weil er dachte, dass ihm das in seiner Unternehmerkarriere helfen könnte, andererseits, weil er sich auf den Rechtsstreit mit Aviva vorbereiten wollte. Parallel dazu fing er an, sich für Immobilienprojekte zu interessieren.
Das erste kaufte er mit 18 Jahren. Ein Grundstück nahe Paris, das er, wie George sagt, „zu einem sehr guten Preis“ bekam. Die Garantie kam von einer Bank, er verkaufte das Grundstück bald darauf – und verdoppelte laut eigenen Angaben sein Investment. „Das ist mein Geschäftsmodell: Ich finde die richtigen Chancen. Wenn man ein Grundstück zu einem guten Preis bekommt, erhält man auch die Finanzierung dafür.“ Nach zwei Jahren verliess er die Universität, um sich vollständig seiner unternehmerischen Tätigkeit zu widmen. Er lernte schon früh seinen heutigen Partner Baciocchi kennen. Der erste grosse Coup der beiden war der Kauf des ehemaligen Sporthotels Rütti in Gstaad. Gemeinsam mit Baciocchi riss er das alte Hotel nieder, um ein neues Haus zu errichten, namens Ultima Gstaad.
Es ging in ähnlicher Taktung weiter. Heute umfasst Ultima Collection (also all jene Hotels bzw. Luxusapartments, die George und Baciocchi errichtet haben und betreiben) ein Luxushotel in Gstaad, mehrere Grundstücke und Chalets in Genf, Megève, Crans-Montana sowie 13 in Bau befindliche Chalets in Courchevel; alles in allem 34 Immobilien. „Mit Ultima wollen wir absoluten Luxus bieten.“ Unter der Marke Duchessa wird zudem eine Restaurantmarke aufgebaut, die italienische Küche in der Schweiz anbieten soll. Als Investor ist George aber deutlich breiter aufgestellt. „Wir investieren europaweit in Immobilien und andere Projekte.“ Bislang konnte George kostspielige Fehler vermeiden: „Immobilienprojekte können riskant sein – aber nur, wenn man die falschen Assets kauft. Wir kaufen Trophy Assets. Diese sind resilienter und sicherer.“
Dabei erwähnt George nicht ohne Stolz, dass die Schuldendecke niedrig sei: Die eigene Loan-to-Value-Ratio (LTV, Verhältnis vom Kredit zum Gesamtimmobilienwert) liegt unter 28 %, was beim Portfoliowert von 700 Millionen CHF Schulden von circa 200 Millionen CHF (180 Millionen €) bedeutet. Im Vergleich dazu (obwohl die Portfolios sich unterscheiden): Die deutschen Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen kommen auf LTV-Werte von 34,5 bzw. 45,1 %.
Und während seine Unternehmen rund 400 Mitarbeiter haben, managt George selbst kaum. Viel eher ist er für die Investitionen und Finanzierung der Immobilienprojekte zuständig, während Baciocchi die Errichtung und Entwicklung der Immobilien verantwortet.
Lebensversicherungen sind ein beliebtes Tool in Frankreich, um Geld zu investieren bzw. zu sparen. Normalerweise wird dabei Geld in Investmentfonds gesteckt, die der Versicherungsanbieter auflegt. Im Fall der von Abeille Vie ab 1987 an seine wohlhabenden Kunden ausgegebenen Verträge funktioniert das jedoch etwas anders: Die Fondspreise wurden jeden Freitag publiziert, die Kunden durften bis zur Publikation der neuen Zahlen am nächsten Freitag nach Belieben zu den alten Kursen investieren – auch, wenn sich der Markt in der Zwischenzeit bewegt hatte. Als Georges Vater 1997 wie Tausende andere dieses Angebot bekam, erkannte er das Potenzial und eröffnete für seine Familie Verträge. Als das Versicherungsunternehmen, das heute zum Aviva-Konzern gehört, merkte, dass diese Verträge kostspielig werden könnten, wurde den Kunden ein Angebot gemacht: 1.000 französische Franc (rund 150 €), um den Vertrag zu wechseln. Viele taten das, nicht jedoch Max-Hervé George.
Mit 18 Jahren übernahm Max-Hervé George den Vertrag offiziell, schoss neues Kapital nach. Wie viel, will er nicht sagen. Insgesamt fielen zwischen 2000 und 2018 rund 100 Entscheidungen für Vertragsnehmer und gegen Aviva (neun davon in Georges Fall). Es scheint, als hätte der junge George gewonnen. „Aktuell respektiert Aviva den Vertrag teilweise.“ Das heisst: wöchentliche Zahlungen. Die Höhe dieser Zahlungen will George nicht preisgeben. Damit ist das Kapitel nicht abgeschlossen, aber zumindest deutlich weniger wichtig. „Ich habe mich 15 Jahre lang mit dem Thema befasst. Man muss schon sehr viel Ausdauer und Fokus haben, um nicht aufzugeben.“ Nun will er beides aber vor allem seinem Unternehmen widmen.
Treibt ihn Geld an? George schüttelt den Kopf. „Als Unternehmer geht es mir darum, etwas Neues zu kreieren. Als Investor im Kampf gegen Aviva geht es mir ums Prinzip.“ Mit einer anstehenden grossen Transaktion, einem Immobilienportfolio im Wert von 700 Millionen CHF und einer Versicherung im Wert von womöglich mehreren Hundert Millionen € könnte „30 Under 30“ nicht die letzte Forbes-Liste sein, auf der Max-Hervé George landet. Qualifiziert er sich bereits für die „Forbes World’s Billionaires List“? George grinst, in Anzug und Krawatte in Österreichs grösster Hotelsuite sitzend: „You tell me.“
Max-Hervé George ist Mitglied der Forbes DACH 30 Under 30-Liste 2019. Mehr über Max-Hervé George lesen.
Der Artikel ist in unserer Juni-Ausgabe 2019 „30 Under 30“ erschienen.