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Höhenflug mit Hintergedanken: Wie Lauren Sánchez, Katy Perry & Co. mit Jeff Bezos’ Rakete ein neues Kapitel weiblicher Sichtbarkeit schreiben wollen
Wenn Lauren Sánchez im Sommer mit der Raumkapsel von Blue Origin abhebt, geht es um mehr als nur ein paar Minuten Schwerelosigkeit. Es ist ein symbolischer Flug – ins All, aber auch ins Zentrum einer PR-Erzählung, die Female Empowerment, Tech-Innovation und den Mythos Jeff Bezos vereint. Mit an Bord: Katy Perry, Gayle King, Amanda Nguyen, Aisha Bowe und Kerianne Flynn – Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen, vereint unter einem klaren Narrativ: „Wir gehören nach oben.“
Sánchez selbst spricht von einem feministischen Statement. Es ist der erste vollständig weiblich besetzte Raumflug von Blue Origin, dem Raumfahrtunternehmen des Amazon-Gründers, der – wenig überraschend – auch privat an Bord dieser Mission beteiligt ist. Wobei das im übertragenen Sinne zu verstehen ist: Bezos bleibt am Boden, überlässt aber seiner Verlobten das mediale Steuer.
Was wie ein Durchbruch klingt, wirkt bei näherem Hinsehen wie eine kalkulierte Inszenierung. Denn: Frauen waren längst im All, viele von ihnen – wie Valentina Tereschkowa oder Sally Ride – mit weitaus bescheidenerem PR-Tamtam. Auch die NASA zählt dutzende Forscherinnen und Pilotinnen. Aber darum geht es hier nicht. Diese Reise ist kein Forschungstrip – sie ist ein Bild, ein Instagram-Moment, ein Teil von Bezos’ Vision: Raumfahrt für die Reichen, Inszenierung für die Weltöffentlichkeit.
Laut Recherchen von CNBC kostet ein Ticket mit Blue Origin rund 28 Mio. US-$. Der genaue Preis für diese spezielle Mission ist nicht bekannt, allerdings ist davon auszugehen, dass keiner der prominenten Gäste selbst zahlt. Der Flug dient Blue Origin als Plattform – für Sichtbarkeit, Sympathie und Soft Power. Der Weltraum als Bühne für ein neues Narrativ: Female Empowerment meets Billionaire Branding.
Und doch: Auch wenn der feministischer Gestus eher inszeniert wirkt, ist die mediale Kraft dieser Reise nicht zu unterschätzen. Amanda Nguyen, eine ehemalige NASA-Wissenschaftlerin und Aktivistin, betont, wie wichtig Sichtbarkeit sei. Aisha Bowe, ebenfalls mit NASA-Vergangenheit, spricht von Repräsentation in einem Bereich, der noch immer männlich dominiert sei. Die Botschaft lautet: "Wenn wir da hochkommen, können es auch andere."
Aber was bleibt nach der Landung? Die Hoffnung ist, dass diese PR-Mission echten Impact hat – etwa, indem sie junge Frauen für Raumfahrt und Technologie begeistert. Die Gefahr: Dass der Effekt verpufft, weil zwischen Message und Medium eine Leerstelle klafft. Denn: Ein Raumflug, der fast 30 Mio. US-$ kostet, ist kein feministischer Volksaufstand – sondern elitäre Symbolpolitik.
Jeff Bezos hat mit Blue Origin stets betont, dass seine langfristige Vision die „Zivilisierung des Weltraums“ sei. Wohnt dieser Mission also ein höherer Sinn inne? Vielleicht. Vielleicht aber ist sie einfach ein weiterer Schritt, mit der Superreichen zeigen, dass sie nicht nur an der Macht sind – sondern auch darüber.
Text: Lidija Jovanovic
Foto: Wikimedia Commons