KRIEGSMASCHINE

Mit Aktien von Rüstungsunternehmen lässt sich gutes Geld verdienen. Den Markt dominieren Unternehmen aus den USA – allerdings nur, wenn es um die Umsätze geht. In puncto Rendite muss sich auch Europa nicht verstecken.

Die globalen Rüstungsausgaben sind während der letzten Jahre ­massiv gestiegen. 2018 wurden ­weltweit 1,8 Billionen US-$ in Militär­ausgaben investiert – ein Plus von 2,6 % im Vergleich zu 2017. Die Hauptursache für den Zuwachs ­waren substanzielle Erhöhungen in den USA und China. Der Markt selbst wird von US-Unternehmen dominiert: Auf sie entfallen Um­sätze in Höhe von 217 Milliarden ­US-$. Das sind fast 60 % des gesamten ­Volumens im weltweiten Rüstungsgeschäft.

Die globale Nummer eins, wenn es um Rüstungsprodukte und Waffentechnik geht, ist Lockheed Martin. Der Konzern mit Sitz in ­Bethesda, Maryland, brachte es im Vorjahr auf rund 48 Milliarden US-$ Umsatz; rund 85 % davon holte man sich von der US-Regierung. 1995 aus der Fusion von Lockheed und Martin Marietta entstanden, beschäftigt das Unternehmen inzwischen mehr als 97.000 Mitarbeiter. An der Spitze steht mit Marillyn Hewson seit 2013 eine Frau, die den Konzern 2015 mit dem Kauf des Hubschrauber- und Drohnenspezialisten Sikorsky Aircraft zum Preis von neun Milliarden US-$ – oder 7,1 Milliarden unter Berücksichtigung der Steuervorteile – erweiterte.

Hewson kennt ihr Unternehmen in- und auswendig; die gelernte Wirtschaftswissenschafterin ist bereits seit 1982 bei Lockheed. Im Oktober 2001 erhielt Lockheed Martin den Auftrag für das grösste Kampfflugzeugprogramm der Nachkriegszeit, genannt Joint Strike ­Fighter oder kurz JSF. Dies brachte dem Konzern, der nach dem Ende des Kalten Krieges unter schaum­gebremsten Rüstungsausgaben ge­litten hatte, neuen Auftrieb.

Aus dem JSF des US-Verteidigungsministeriums ging ein recht kontroversielles Produkt, das Tarnkappen-Mehrzweck-Kampfflugzeug Lockheed Martin F-35 Lightning II, hervor. Heiss diskutiert war der Jet nämlich vor allem – neben seiner nach Expertenmeinung unzureichenden Bewaffnung und der mit Mach 1,6 geringen Geschwindigkeit – wegen seiner ausufernden Kosten, die inzwischen einen Kaufpreis um die 100 Millionen US-$ pro Stück indizieren. Damit liegt der F-35 Lightning II zwar preislich auf dem Niveau des Eurofighter Typhoon, doch der würde der F-35 mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als zwei Mach um die Ohren fliegen. Trotzdem hat Lockheed bereits 400 Stück des Fighters an den Mann gebracht. Käufer waren neben den US-Waffengattungen wie Air Force und Marine vor allem Verbündete der USA wie Japan und ­Israel; aber auch Dänemark oder Ita­lien wollen den F-35 erwerben.

Das anziehende Geschäft mit dem teuren Flieger – zuletzt hatte man sich rund 831 Millionen US-$ von der australischen Regierung geholt – und der Auftrag über 3,3 Milliarden US-$ für den Betrieb, die Logistik und den Support von drei Satellitensystemen der US-Luft­waffe taten der Lockheed-Martin-­Aktie gut: Der Kurs stieg 2019 um rund 25 % an. Das gefällt auch den Analysten: Alle Bewertungen des vergangenen Jahres sind durchwegs positiv, die Kursziele lagen zwischenzeitlich sogar bei um die 400 US-$. Auf Basis des Wachstumspotenzials und anderer Messwerte erscheint den Experten die Aktie leicht unterbewertet. Aktuell liegt der Konsensus bei rund 382 US-$, also etwas unter dem aktuellen Kurs von rund 390 US-$ (alle Angaben zu Redaktionsschluss). Die Marktkapitalisierung liegt damit bei etwa 110,29 Milliarden US-$. Das KGV ist mit rund 15 zwar nicht der Knaller, doch liegt die aktuelle Dividendenrendite wiederum bei 2,26 %.

Die Airbus-Aktie erfreut sich weiter der Gunst der Analysten – allein in den letzten fünf Jahren hat das Papier um 170 % zugelegt.

Ein anderer grosser Player aus der US-Riege der Waffenproduzenten ist Boeing. Der Flugzeughersteller erwirtschaftete 2018 einen Umsatz von insgesamt rund 101 Milliarden US-$, 20,6 Milliarden US-$ davon kamen aus dem Rüstungs­geschäft. Das Unternehmen, 1916 als Pacific Aero Products Company gegründet und mit Hauptsitz in Chicago, macht gerade wegen seines Flugzeugtyps 737 Max harte Zeiten durch: Nach zwei fatalen Abstürzen mit fast 400 Toten hat die US-Flugaufsicht FAA dem Flugzeugbauer die Flügel gestutzt und bis auf Weiteres ein Flugverbot verhängt, das inzwischen weltweit gilt. Ein aktuelles Schreiben der FAA hat Boeings Zuversicht gebremst, was die Wiederzulassung der 737 Max betrifft. Auch ein eben aufgetauchtes Problem bei der neuen 777 X – bei einem Drucktest im September riss der Rumpf, die Auslieferung könnte sich nun auf Mitte 2021 verschieben – war weiteres Gift für die Aktie, die heuer schon kräftig Federn lassen musste und von 442 US-$ (vor den Abstürzen) auf 366 US-$ nachgab. Allerdings hatte ihr Kurs während der letzten fünf Jahre um mehr als 200 % zugelegt.

Da hilft auch nicht, dass das Rüstungsgeschäft von Boeing rund läuft. Das Portfolio reicht von Kampfjets und Waffensystemen bis hin zu Hubschraubern und Transportflugzeugen wie dem Globe­master III. Der Flugzeugbauer McDonnell Douglas gehört ebenfalls zum Boeing-Konzern mit seiner Marktkapitalisierung von insgesamt 206 Milliarden US-$. 2018 hatten 153.000 Mitarbeiter insgesamt 806 zivile Luftfahrzeuge, 96 Militärluftfahrzeuge (darunter die beliebten F/A-18E/F Super Hornet und F-15 Eagle/Strike Eagle sowie CH-47 Chinook und AH-64 Apache) und zwei Satelliten produziert.

Die jüngste Aufholjagd des Boeing-Papiers mit einer Dividendenrendite von rund 2,6 % dürfte fürs Erste gestoppt sein, meint Ma­rion Schlegel von Der Aktionär, Anleger sollten bei der Boeing-Aktie an Bord bleiben. Die Privatbank Berenberg hat zwar das Kursziel für Boeing nach Zahlen zum dritten Quartal von 440 auf 410 US-$ gesenkt, die Einstufung aber auf „Buy“ belassen. Ähnlich das Rating des US-Analysehauses Jefferies: Das Kursziel wurde von 430 auf 420 US-$ gesenkt, die Kaufempfehlung blieb aufrecht.

Einer der wenigen nennenswerten Konkurrenten der Amerikaner aus der „Alten Welt“ ist die Airbus Group (EADS) mit knapp 81.000 Mitarbeitern. Der Hersteller von ­zivilen Erfolgsprodukten wie dem Airbus 320, aus der Fusion der deutschen DaimlerChrysler Aerospace AG, der französischen Aérospatiale-Matra und der spanischen CASA entstanden, verbucht rund 17 % seines Umsatzes mit Rüstungsgütern. Im Jahr 2018 waren es insgesamt 11,2 Milliarden US-$.

Der Schwerpunkt der Airbus-Rüstungssparte liegt bei Transportflugzeugen wie dem Airbus A400M und robusten Helikoptern, die überall auf der Welt – insgesamt in rund 160 Armeen – zum Einsatz kommen, aber auch beim Eurofighter Typhoon, von dem bis dato 565 Stück ausgeliefert wurden.

Die Aktie des transeuropäischen Unternehmens mit Sitz in Toulouse und einer Marktkapitalisierung von 65,1 Milliarden € – die mit einem KGV von um die 22 nicht billig ist – legte während der letzten fünf Jahre um 170 % zu; knapp 40 % gab es allein im letzten Jahr durch Kursanstiege zu verdienen. Die Dividendenrendite liegt unter 2 % – doch das Gewinnwachstum soll in den nächsten beiden Jahren um die 20 % liegen.

Analysten sehen daher beim Aktienkurs weiter Luft nach oben: Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Papiere von Airbus mit einem Kursziel von 158 € auf der „Conviction Buy List“ belassen, die Schweizer Bank Credit Suisse ist etwas weniger optimistisch, was das Kursziel betrifft, hat es aber von 140 auf 144 € angehoben; die Einstufung blieb bei „Outperform“. Und auch die zweite Schweizer Grossbank, UBS, empfiehlt weiterhin einen Kauf der Airbus-Aktie.

Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger

Der Artikel ist in unserer Dezember-Ausgabe 2019 „Sicherheit“ erschienen.

Reinhard Krémer

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.