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Beim Impact-Investing soll neben der finanziellen Rendite auch Gutes bewirkt werden, etwa im sozialen oder ökologischen Bereich. Das ergibt auf..
Beim Impact-Investing soll neben der finanziellen Rendite auch Gutes bewirkt werden, etwa im sozialen oder ökologischen Bereich. Das ergibt auf dem Papier viel Sinn – doch der Ansatz muss einige Herausforderungen bewältigen.
Das Finanzsystem beruht seit jeher auf einem sehr simplen Gegensatzpaar: Risiko und Rendite. Wenn man einem Investor eine risikoreiche Anlage vorschlägt, wird die erste Frage immer sein: Wie hoch ist mein Return? Simpel. Doch in den letzten Jahren drehen sich die Diskussionen immer stärker um eine dritte Komponente, die laut einigen Investoren beim Anlegen beachtet werden soll: Impact. Dabei geht es darum, neben der finanziellen Rendite eines Investments auch die gesellschaftliche oder soziale Auswirkung bzw. den Einfluss zu berücksichtigen. Dabei soll der Impact jedoch nicht zufällig entstehen, sondern von Anfang an gewollt sein – und in der strengsten Form auch gemessen und so als Erfolgskriterium bewertet werden.
Ein Beispiel wäre eine Investition in ein sozial orientiertes Start-up. Einerseits kann hier eine soziale Rendite erzielt werden, wenn das Jungunternehmen wächst und seine Arbeit umsetzt und dadurch das Leben von einigen Menschen verbessert. Gleichzeitig kann der Deal für Investoren – etwa bei einem Exit – aber auch finanziell lukrativ sein.
Das World Economic Forum bezeichnet Impact-Investing explizit nicht als Anlageklasse, sondern als Anlageansatz. JPMorgan Chase sieht das anders: In einer Studie spricht die grösste US-Bank von Impact-Investing als eigene Anlageklasse wie etwa Aktien oder Immobilien.
Genau in diesem Widerspruch zeigt sich das grosse Problem des Trends. Es gibt nämlich keine einheitliche Definition. Was Impact bedeutet, in welchen Bereichen er erzielt werden kann oder soll und vor allem: Wie man den Impact von Investitionen misst – all das ist nicht einheitlich geregelt.
Zudem ist die Abgrenzung gegenüber Philanthropie und „traditioneller“ Anlage oft unklar. Die derzeit schlüssigste Erklärung kommt wiederum vom WEF, das Impact-Investing folgendermassen erklärt: „Impact-Investing ist ein Anlageansatz, der gewollt sowohl finanzielle Rendite als auch sozialen Impact erzielt – und beides aktiv misst.“
Die Möglichkeiten, wie man als Impact-Investor tätig werden kann, sind trotz oder gerade wegen der schwammigen Abgrenzung vielfältig. Denn der Definition des WEF folgend reicht es eben aus, finanzielle Rendite und Impact zu erzielen. Das lässt sich etwa in Form von Darlehen, Krediten oder Beteiligungen tun. So könnte das Volumen des Sektors laut JPMorgan Chase bis 2020 auf eine Billion US-$ ansteigen, die potenziellen Investorengewinne liegen demnach bei bis zu 667 Milliarden US-$. Ganz schön was zu holen also.
Grosse Vermögensverwalter und Einzelanleger halten sich zurzeit aber dennoch zurück. Die ersten Elemente des Impact-Investing, die im Mainstream angekommen sind, werden unter dem Begriff Divesting zusammengefasst. Dabei werden bestimmte Anlagen von vornherein ausgeschlossen, die gegen ethische Vorstellungen verstossen oder die Umwelt belasten. Dieser Praxis folgen auch echte Schwergewichte in der Anlagewelt, etwa der norwegische Staatsfonds.Er verwaltet nahezu 900 Milliarden US-$ Anlagevermögen und ist mit 1,78 Prozent aller Aktien in Europa der grösste Anteilseigner des Kontinents.
Bei Anlageentscheidungen des Fonds entscheidet der Ethikrat. Wenn Unternehmen etwa mit Waffen handeln oder diese produzieren,die Menschenrechte verletzen oder die Umwelt belasten, landen sie auf einer schwarzen Liste. Das macht natürlich Druck auf Unternehmen, ihre Praktiken anzupassen – denn kein CEO will seinen Betrieb auf einer Ausschlussliste des grössten Aktieninvestors Europas sehen. Auch das Divestieren aus Unternehmen, die sich mit fossilen Brennstoffen beschäftigen, ist ein beliebter Ansatz. Unternehmen werden also indirekt dazu gebracht, sich aktiver mit ihren Engagements für Gesellschaft und Umwelt zu befassen. In eine ähnliche Richtung geht eine unter anderem von Adam Seitchik vorgeschlagene, aktivere Variante: „Share holder Activism“. Seitchik ist Managing Partner von Arjuna Capital, einem US-Vermögensverwalter mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Er empfiehlt Investoren, ihre Rolle als Aktionäre aktiv zu gestalten und die Unternehmen dazu zu bringen, ethisch und nachhaltig zu handeln.
Auch damit könne man Impact erzielen, so Seitchik. So hätten sich, auch unter Mithilfe von Arjuna Capital, Apple, Intel, Amazon, Expedia und eBay bereit erklärt, den unternehmensinternen Gender Pay Gap zu schliessen. Im klassischen Impact-Investing sind – vor allem in den USA – jedoch noch immer Stiftungen die Vorreiter.Sie können dabei Kapital direkt in Unternehmen investieren, die den eigenen Vorstellungen – sprich: dem Stiftungszweck – entsprechen.Dieser Zweck liegt bei der in Zürich ansässigen und vom Österreicher Andreas Kirchschläger geleiteten „Elea Foundation for Ethics in Globalization“ auf der Bekämpfung von absoluter Armut in Entwicklungsländern. Dabei soll für die Betroffenen eine dauerhafte Verbesserung der Lebensverhältnisse über einen unternehmerischen Ansatz erzielt werden. Elea ist insofern ein Spezialfall, als die Stiftung ihren erzielten Impact in den verschiedenen Projekten mit einer detaillierten Methodik aufzeigt.So hat Andreas Kirchschläger gegenüber anderen den Luxus, die beiden Kriterien getrennt voneinander bewerten zu können. Der erhoffte Impact wird zu Beginn einer Investitionstätigkeit durch die Berechnung von „Elea Impact Points“ berechnet.Auf der Website der Stiftung heisst es zu den Elea Impact Points: „Elea Impact Points reflektieren die spezifische Wirkung für jeden Begünstigten, die Stärken der Organisation und des Geschäftsmodells, mögliche Risikofaktoren sowie die Verstärkung der gesellschaftlichen Wertschöpfung, welche durch eine Investition von Elea als aktivem Investor ermöglicht wird.“
So sagte Kirchschläger bei einer Diskussion am Europäischen Forum Alpbach: „Wir können finanziell ein sehr gutes Jahr haben und in Sachen Impact enttäuschende Ergebnisse erzielen. Gleichzeitig funktioniert es aber auch umgekehrt: Teilweise erfüllen wir unsere Ziele in Sachen Impact, bekommen dafür aber nicht den Return, den wir uns erhofft haben.“ Doch auch Einzelanleger haben mittlerweile immer mehr Möglichkeiten, ihr Portfolio auf seinen Impact zu untersuchen und die Anlagestreuung dahin gehend zu optimieren. Gerade die oft in alle Richtungen definierten Millennials sind besonders an Impact-Erzeugung interessiert. So ist für die Mehrheit der jungen Generation laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte eine Verbesserung der Gesellschaft die wichtigste Aufgabe von Unternehmen – noch vor der Erzielung von Gewinnen und der Erzeugung von Innovationen. Auch in Österreich gibt es Aktivität im Sektor, etwa in Form von Anlagefonds. Dabei spielt zwar der zuvor erwähnte Ausschluss von bestimmten Titeln (Divesting) noch immer die grösste Rolle, doch auch hierzulande wird vermehrt auf eine aktive Interpretation der Aktionärsrolle gesetzt. Passende Fonds sind etwa bei der Raiffeisen, Erste Asset Management oder Pioneers Investment verfügbar, auch Union Investment hat nachhaltige Fonds im Angebot.
Ganz so eitel Wonne ist die Situation aber nicht. Kritiker glauben etwa nicht, dass der Spagat bei Impact-Investing auf Dauer schaffbar ist. Neben der fehlenden Definition müsse man sich entscheiden: Impact oder Investing? So schreibt Kevin Starr, Leiter der Mulago Foundation, die sozial verantwortliche Unternehmer in ihre Anfangsphase unterstützt, in der Stanford Social Innovation Review: „In der Welt der Armen gibt es echte Veränderung weiterhin ausschliesslich dann, wenn jemand Geld investiert, von dem er nicht erwartet, dass er es zurückbekommt. Im Gegenzug erwartet er oder sie aber eine maximale Rendite beim Impact. Wenn Sie so jemanden finden: Geben Sie ihm Ihr Geld.“
Auch die oft als Impact-Investing verkauften Mikrokredite, die Unternehmern in Entwicklungsländern aus der Armut helfen sollen, sind umstritten. Dabei sollen Menschen mithilfe von kleinen Krediten Startkapital bekommen, um sich mit einem eigenen Unternehmen nachhaltig aus der Armut zu befreien. Einige Studien, die sich eingehend mit Mikrokrediten befassten, konnten jedoch keine klare Verbesserung der Armutssituation in den untersuchten Ländern feststellen. Oft genug fanden sie sogar, dass (verantwortungslos vergebene) Mikrokredite zu einer risikoreichen Verschuldung von Menschen führen, denen Grundkompetenzen im Aufbau von Unternehmen fehlten.
Impact-Investoren entgegnen, dass Spenden und Philanthropie keine nachhaltige Verbesserung der Situation, sondern vor allem Einmal effekte bewirken. Denn die Überwachung des Impacts, der bei einer solchen Anlage entscheidend ist, spornt auch die Unternehmenan. Dass die junge Generation von den globalen Unternehmen mehr erwartet, als nur Geld zu scheffeln, verspricht viel. Ob sich mit Impact-Investing wirklich marktübliche Renditen erzielen lassen oder ob man dem Rat von Kritikern folgen sollte, „normal“ zu investieren und einen Teil seines Gewinns für wohltätige Zwecke zu spenden, bleibt umstritten.
Damit Impact-Investing aber das ihm zugeschriebene Potenzial von einer Billion US-$ in den nächsten Jahren erreichen kann, bräuchte es zumindest eine klare Definition und eine deutliche Abgrenzung zu anderem wohltätigen Tun, etwa Philanthropie. Wer diese Definition jedoch vornehmen soll, bleibt derzeit leider unklar.
INTERVIEW MIT ADAM SEITCHIK – ARJUNA CAPITAL
Wie definieren Sie „Impact-Investing“?
Für uns heisst Impact-Investing, sein gesamtes Anlageportfolio zu nutzen, um neben einer marktüblichen finanziellen Rendite auch einen positiven gesellschaftlichen und ökologischen Impact zu erzielen. Für unsere Kunden erreichen wir das auf verschiedene Arten, etwa indem wir aus fossilen Brennstoffen heraus divestieren, in die New Economy investieren oder Grossunternehmen dazu bringen, sich im Bereich Nachhaltigkeit zu engagieren. Das nennt sich auch „Divest-Invest-Engage“.
Welche Rolle spielen Impact-Investments auf den Finanzmärkten in Sachen Volumen, Nachfrage und Potenzial?
Anlageformen, die absichtlich Impact erzielen wollen, sind im Wachstum begriffen. Einerseits versuchen Einzelpersonen und Familien, den Impact ihrer Taten zu verstehen – Big Data bietet ihnen dazu eine Möglichkeit. Wir haben diesen Wunsch bereits in einem bewussteren Konsum und in der Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit gesehen. Geld ist in vielerlei Hinsicht die letzte Barriere, wo Sinn durch kommerzielle Handlungen gestiftet werden kann. Die Nachfrage kommt von Babyboomern, die der Gesellschaft etwas zurückgeben wollen, und jungen Menschen mit einem globalen Gewissen und neuen Pers pektiven auf Leben, Arbeit und Geld. Ich bin ein grosser Fan der Millennials.
Der zweite Bereich, der signifikantes Wachstum zeigt, sind private Stiftungen. Der Zweck von Philanthropie ist die Erzielung eines positiven sozialen Impacts. Wenn Investments den sozialen Stiftungszweck nur minimal schädigen oder sogar fördern können, kann das die Gesamtproduktivität der Organisation steigern.
Wie begegnen Sie Skeptikern, die nicht an Impact-Investing glauben und Anlegern raten, lieber einen Teil ihrer Gewinne zu spenden?
Eine Spende hat eine garantierte Rendite von minus 100 Prozent – der gesellschaftliche Impact sollte also sehr hoch sein! Ich bin ein Fan von Philanthropie, doch die verfügbaren Gelder sind begrenzt. Wenn alle Investoren versuchen, sowohl eine finanzielle als auch soziale Rendite zu erzielen, gibt es kein Limit für den Markt. Es ist meine aufrichtige Hoffnung, dass blindes Investieren – ohne Rücksicht auf die Gesellschaft oder die Umwelt – bald ausstirbt, gemeinsam mit anderen problematischen Aktivitäten, etwa Kinderarbeit.
Wie können die Probleme bezüglich der Messung des Impacts gelöst werden?
Impact-Investoren hören gerne über die positiven Ergebnisse ihrer Investments und wir sollten die Macht nicht unterschätzen, die das Erzählen von Geschichten haben kann. Wir streichen in Quartals- und Jahresberichten positive Beispiele heraus und zeigen, wie sie die Welt beeinflusst haben – etwa wie viele Arbeitsplätze geschaffen wurden. Wir sollten die Unternehmen, in die wir investieren, aber nicht mit Bürokratie überfordern. Im Allgemeinen wird das Reporting besser – besonders in quantitativer Hinsicht.
Was braucht es, damit Impact-Investing das „next big thing“ wird?
Ich denke, das ist es schon! Die Millennials kommen in den nächsten 20 Jahren in Führungspositionen mit Finanzverantwortung. Dort haben sie die Möglichkeit, das Geldsystem so zu gestalten, dass alle Investments den gesellschaftlichen Aspekt aktiv miteinbeziehen. Deswegen engagiere ich mich aktiv in der Ausbildung, dem Mentoring und der Unterstützung der jüngeren Generation.