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Zu Jahresende ziehen, die Märkte an. Für welche Aktien geht es nach oben?
Die Aktienmärkte sind in bester Stimmung – und wenn die Auguren recht haben, steht bald nicht nur das Christkind, sondern auch eine ertragreiche Jahresendrally vor der Tür.
Die Aktienmärkte laufen seit geraumer Zeit im Galopp – und nichts scheint sie auf Dauer bremsen zu können. Doch was in „normalen“ Zeiten Grund zu erhöhter Wachsamkeit wäre, lässt Anleger jetzt jubeln: Denn alle Anzeichen deuten auf ein fulminantes Jahresende.
Und so geht auch die Privatbank Krentschker mit einem optimistischen Blick auf die internationalen Aktienmärkte in die letzten Wochen dieses Jahres. Die Argumente für eine Jahresendrally bei Aktien sprechen durchaus für sich, so die Analyse von Krentschker: Die gute weltweite Konjunktur, niedrige Zinsen und solide Dividendenrenditen schaffen den Rahmen, der Aktien gegenüber den „Hauptkonkurrenten“ bei Investments, nämlich den Anleihen, für Investoren eindeutig attraktiv macht.
Schliesslich bietet auch das Gesetz der Serie – bei Börsenfreaks, die in ihrer Denke manchmal Wettfanatikern ähnlich sind; das mag am Glauben an die Statistik liegen – Anlass für die Aussicht auf einen aktienmarktfreundlichen Jahreswechsel. Der Weltaktienindex (MSCI World Developed Countries) legte in den letzten vier Jahren aus Sicht von Euro-Anlegern im Oktober um 0,45 Prozent (2016), 8,96 Prozent (2015), 1,40 Prozent (2014) und 3,39 Prozent (2013) zu. Ebenso verzeichnete der November in den Jahren 2013 bis 2016 stets eine positive Wertentwicklung.
Das Umfeld für Aktien könnte in diesen Zeiten besser nicht sein, meint man bei Krentschker: Das Zinsniveau ist niedrig, viele Unternehmen können sich so günstig wie noch nie refinanzieren. Die tiefen Zinsen haben noch einen Vorteil: Da sie die Berechnungsbasis beziehungsweise einen Teil des Diskontierungsfaktors für die Bewertung zukünftiger Unternehmensgewinne aus heutiger Sicht sind, sind die Titel hinsichtlich ihrer Gewinnsituation sehr attraktiv bewertet. Ein weiterer Faktor, der in diesem Umfeld für Aktien spricht, ist die relative Attraktivität zu anderen Anlageklassen.
Ähnlich positiv bewertet Ute Heyward, Portfoliomanagerin für Wandelanleihen bei Fisch Asset Management, die aktuelle Lage: „Die Chancen auf eine Jahresendrally stehen auch dieses Jahr gut: Die globale Wirtschaftsentwicklung läuft über alle Regionen hinweg sehr positiv und synchron. Der Gegenwind seitens der Notenbanken hält sich noch in Grenzen, selbst in den USA“, ist Heyward überzeugt.
Allerdings sollten Anleger die Risiken nicht unterschätzen: Die Aktienmärkte sind hoch bewertet (vor allem US-Titel) und preisen eine perfekte Entwicklung ohne grössere Störungen ein. Heyward: „Hier können unerwartete Komplikationen, etwa geopolitischer Natur – Stichwort Nordkorea –, schnell eine kurzfristige Korrektur auslösen.“
Auch das österreichische Bankhaus Spängler sieht weiterhin gute Renditechancen für Anleger. Aufgrund der robusten konjunkturellen Dynamik in Europa und den USA könnten insbesondere Aktienmärkte ihre positive Entwicklung in diesem Jahr noch weiter fortsetzen, meint Markus Dürnberger, Bereichsleiter Asset Management im Bankhaus Spängler. „In den USA verzeichneten die wichtigsten Indizes neue Höchststände, was mit der gut angelaufenen Berichtssaison zu tun hat. So übertreffen 76 Prozent der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen die Gewinnerwartungen der Finanzanalysten für das dritte Quartal. Auch auf Umsatzebene sind die positiven Überraschungen zahlreich“, meint auch Jan Sobotta von Swisscanto Invest.
Beim US-Investmentriesen Fidelity wägt man die Risiken ebenfalls vorsichtig ab: „Der zweitlängste Bullenmarkt der Nachkriegsgeschichte dauert immer noch an, und Anleger werden immer besorgter. Sicherlich sind die Bewertungen in einigen Bereichen bereits recht hoch; doch insgesamt betrachtet liegen sie noch um einiges unterhalb ihrer Höchststände vom Jahr 2000“, so die Fidelity-Experten. Und man ist überzeugt: „Das Wachstum der Weltwirtschaft ist nach wie vor robust, die Gewinnentwicklung der Unternehmen stimmt ebenfalls zuversichtlich. Die Dividendenrenditen von US-Aktien liegen über der Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen, was die Börse auch unter dem Aspekt der relativen Bewertung unterstützt.“
Europa wird seine Wachstumsdynamik fortsetzen.
Die Lage ist also weiterhin rosig – doch wo gibt’s jetzt was zu verdienen? „Wir setzen auf Wandelanleihen als Aktieninvestment mit Airbag. Anleger können damit an der Rally weiterhin partizipieren und sich bei einer Korrektur gleichzeitig wirksam vor allzu heftigen Kursverlusten schützen. Regional favorisieren wir derzeit zyklische japanische Titel, die von der lockeren Geldpolitik der Bank of Japan und der positiven Wirtschaftsentwicklung profitieren“, sagt Ute Heyward von Fisch Asset Management. Ein gutes Beispiel für die Expertin ist hier die japanische ANA Holdings, die grösste Fluggesellschaft des Landes.
„Des Weiteren finden wir Micron Technology spannend. Der US-Chiphersteller ist Nutzniesser des ,Internet of Things‘-Booms. Obwohl schon jetzt immer mehr Geräte vernetzt sind, vom Auto über den Kühlschrank bis zum Kinderspielzeug, steckt der Trend noch in den Kinderschuhen. Micron liefert für diese Anwendungen die passenden Chips“, sagt die Wandelanleihen-Expertin.
„In den USA deuten die letzten beiden Quartale auf eine an sich starke amerikanische Wirtschaft hin. Somit wird der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik in den USA weiter nach Plan verlaufen“, ist Markus Dürnberger vom Bankhaus Spängler überzeugt. Positiv sieht man bei Spängler auch die „Alte Welt“: „Europa wird seine Wachstumsdynamik fortsetzen“, ist Dürnberger sicher. „Unterstützung deuten vorlaufende Konjunkturindikatoren an, die auf neuen Höchstständen notieren. Impulsgebend bleiben die starke Binnennachfrage und die europäische Exportindustrie, die im vergangenen Quartal um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal zulegen konnte.“
Auch in den Schwellenländern deuten die Einkaufsmanagerindizes auf eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufwärtstrends hin – hier sind Profite von anziehenden Notierungen bei Industriemetallen und Rohstoffen möglich, so die Bankhaus-Spängler-Expertise. Für die Privatbank Krentschker sind im Aktienbereich weiterhin Dividendenrenditen zu erzielen, die um ein Vielfaches höher sind als vergleichbare Anleiherenditen. So weist zum Beispiel die Aktie der österreichischen OMV derzeit eine Dividendenrendite von rund 2,5 Prozent auf. Zum Vergleich erhält man für eine OMV-Anleihe mit einer Restlaufzeit von rund zehn Jahren derzeit eine Rendite von nur rund 1,2 Prozent (alle Zahlen Stand Redaktionsschluss). Diese Tatsache lässt Aktien besonders für ausschüttungsaffine Investoren weiterhin als verlockendes Investment erscheinen, sind die Krentschker-Experten überzeugt.
Die starke Fokussierung der Nachfrage auf den Technologiesektor hat dazu geführt, dass ein Grossteil der diesjährigen Kursgewinne an den Börsen auf eine Handvoll grosser Einzelwerte zurückzuführen ist, meint man beim US-Investmenthaus Fidelity: „Aktien wie Facebook, Apple, Amazon, Microsoft und Google („FAAMG“; Anm.) haben sich weniger schwankungsanfällig gezeigt als der Marktdurchschnitt und sogar als Aktien aus dem Bereich Grundbedarfsgüter. Diese Aktien werden also auch aufgrund ihrer defensiven Qualitäten und der Zuverlässigkeit gekauft, mit der sie dank dominierender Marktposition ihre Ertragsziele übertreffen.“ Damit unterscheide sich der aktuelle Trend grundlegend vom Technologieboom der späten 1990er-Jahre, als ein wesentlich grösseres Interesse an spekulativen Kursgewinnen bestand, ist das Investment-Team von Fidelity International überzeugt.
Wenn es um europäische Aktien geht, setzt man bei Fidelity im European Growth Fund auch auf Aktien von Royal Dutch Shell, SAP, Prudential, die Roche Holding und Siemens. Auch beim Investmentriesen Deutsche Asset Management sieht man noch Chancen an den Märkten: „Insgesamt stehen die Börsenampeln weiter auf Grün und der DAX könnte sich im nächsten Jahr auf die 14.000-Punkte-Marke zubewegen. Die deutsche Wirtschaft läuft sehr gut, die Unternehmensgewinne steigen und auch die Bewertungen am Aktienmarkt können weiter nach oben gehen“, ist Tim Albrecht, Leiter DACH-Aktien, sicher. Er setzt neben den „Dauerbrennern“ SAP und Siemens auch auf Aktien von Allianz, BASF, Daimler und Bayer.
Doch damit ist die Luft noch lange nicht draussen, denn in den letzten Tagen überschlagen sich die Kaufempfehlungen: So rät Analyst Ramsey El-Assal vom Investmenthaus Jefferies & Co. Investoren weiterhin zum Kauf der Aktien von PayPal. Angesichts des dramatischen Wachstums der Venmo-Nutzerbasis werde es bei den zukünftigen Schätzungen viel Spielraum nach oben geben, so die Analysten von Jefferies & Co. Im Geschäftsjahr 2020, wenn 20 Prozent der Nutzer ein paar Mal im Monat mit Venmo, einer digitalen Brieftasche, bezahlen würden, könnte sich der zusätzliche Gewinnbeitrag auf fünf bis zehn Prozent belaufen. Auch für den Karrierenetzwerk-Betreiber Xing gibt es grünes Licht: Die Investmentbank Equinet hat das Kursziel von 300 auf 310 € angehoben (Stand Redaktionsschluss: 256 €) und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Wegen erfolgter Zukäufe hob Analyst Simon Heilmann zudem seine Schätzung für das operative Ergebnis an. Auch die Deutsche Bank stösst in das gleiche Horn und hat das Xing-Kursziel von 260 auf 300 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen.
Positive – und von vielen wohl gänzlich unerwartete – Überraschungen dürften beim leidgeprüften Automobilhersteller Volkswagen bevorstehen: Patrick Hummel, Analyst der UBS, rät nach den Q3-Zahlen weiterhin zum Kauf der Vorzugsaktie und erhöhte das Kursziel von 180 auf 210 € (Stand Redaktionsschluss: 163 €).
Positiv hervorzuheben sind für Hummel die starken Liquiditätszuflüsse des Wolfsburger Autokonzerns, so der Analyst. Und Achtung, jetzt kommt’s: Volkswagen werde zu einem wahren „Cashflow-Monster“ – das bringt Aktionäre garantiert zum Jubeln. Auch für die hierzulande im Moment nicht überall geliebte Airbus Group – Stichwort Eurofighter – zeichnet sich ein rosiges Bild, zumindest, wenn es um die Aktie geht: So rät Barclays weiterhin zum Kauf der Aktie des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns.
David Perry, Analyst des US-Investmenthauses J.P. Morgan, liegt auf der gleichen Linie und empfiehlt weiterhin den Kauf der Aktie. Er erhöht das Kursziel von 93 auf 99 € (Stand Redaktionsschluss: 87 €). Weitere Airbus-Kaufempfehlungen kommen von der Deutschen Bank (Kurszielanhebung von 87 auf 89 €), von Credit Suisse (Kursziel von 93 auf 95 €) und Goldman Sachs.
Der Chiphersteller Infineon hat harte Jahre hinter sich – doch jetzt brummt der Laden: Denn auch, wenn die Halbleiteraktien in diesem Jahr bereits stark gelaufen seien, habe die Infineon-Aktie noch Luft nach oben und verdiene einen Bewertungsaufschlag, meint UBS-Analyst David Mulholland. Denn der deutsche Chiphersteller habe ein überdurchschnittliches Wachstums- und Margenpotenzial.
Eine Spezialsituation bahnt sich beim deutschen Sportartikelhersteller Adidas an: Andreas Riemann, Analyst der Baader Bank, rät nämlich nach einer Gewinnwarnung des US-Konkurrenten Under Armour weiterhin zum Kauf der Adidas-Aktie, mit einem Kursziel von 226 €. Riemanns Argumentation: Die nach unten revidierten Jahresziele des US-Wettbewerbers unterstrichen, wie hart der US-Sportartikelmarkt derzeit sei, so der Analyst. Da Under Armour allerdings zudem viele hausgemachte Probleme habe, sei bei Adidas von keiner Gewinnwarnung auszugehen.
Das sieht Jürgen Kolb, Analyst von Kepler Cheuvreux, auch so: Auch Adidas dürfte die Rabattschlacht im US-Markt im dritten Quartal zu spüren bekommen haben, jedoch deutlich weniger als die Konkurrenz, so Kolb. Er erwarte deshalb weitere Marktanteilsgewinne des Herzogenauracher Konzerns in den USA – ergibt ein „Buy“-Votum mit Kursziel von 220 €.
Gut Luft nach oben also, denn der Kurs der Adidas-Aktie lag zum Redaktionsschluss bei nur 188 €. Und weil’s beim Nachbarn so gut läuft, profitieren auch prominente Namen wie zum Beispiel Henkel: Das Klebstoffgeschäft des Düsseldorfer Konzerns dürfte besonders gut gelaufen sein, so Jörg Frey, Analyst von Warburg Research. Den Gewinn (bereinigtes EPS) von Henkel erwartet Frey 8,8 Prozent über dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Das gibt ein „Buy“-Votum für die Henkel-Vorzugsaktie mit einem Kursziel von 135 € (Stand Redaktionsschluss: 122 €). Wer es ein bisschen spekulativer mag, sollte sich den Bausoftware-Hersteller RIB Software ansehen: Das operative Ergebnis (EBITDA) des Stuttgarter TecDAX-Unternehmens übertraf nämlich seine Prognose klar, sagt Andreas Wolf, Analyst von Warburg Research. Ergibt unter dem Strich einen Daumen nach oben für ein bestätigtes „Buy“-Votum für die RIB-Software-Aktie und ein erhöhtes Kursziel von 18,50 auf 24 € (Stand Redaktionsschluss: 20 €).
Einen Blick in die Lüfte lohnt auch die irische Ryanair, die nach dem Absturz von Air Berlin in den Anleger-Fokus gerückt ist: Der Nettogewinn im zweiten Geschäftsquartal hat zwar seine Prognose und die Konsensschätzung leicht verfehlt, meint Christopher Combe von J.P. Morgan. Viel wichtiger sei allerdings, dass der irische Billigflieger trotz zahlreicher Kapazitätskürzungen seinen Ergebnisausblick auf das Geschäftsjahr 2017/18 bestätigt habe. Die Ryanair-Aktie berge derzeit ein Aufwärtspotenzial von rund 20 Prozent. Combe setzt daher auf „overweight“, senkt aber das Kursziel geringfügig von 21 auf 20,25 €.
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel ist in unserer November-Ausgabe 2017 "Lernen Leben Leistung " erschienen.