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Für Amal El-Hammoumi ist die Gründung ihres eigenen Modelabels Moumi Clothing Traum und Mission zugleich: Mit Statementkleidung will sie Teile ihrer Kultur sichtbar machen und zu mehr Diversität beitragen. T-Shirts sind dabei erst der Anfang ihrer weit grösseren Vision.
Vor gut einem Jahr hätte sich Amal El-Hammoumi wohl nicht vorstellen können, dass ihr eigenes Label auf den Sozialen Medien bekannter Influencer zu sehen ist. Denn die Reise der Jungunternehmerin startete keineswegs mit einem Modestudium oder dem Kindheitstraum, Designerin zu werden.
Vielmehr startete diese zunächst eine Ausbildung bei der TMS Trademarketing Service GmbH in Frankfurt am Main und absolvierte dann einen Bachelor in Business Administration an der Hochschule Rhein-Main. Anschliessend heuerte sie 2008 bei der belgischen Etex Gruppe, ein international tätiger Hersteller und Händler von Baustoffen wie Zement an. Seit mehr als sieben Jahren ist sie nun als Digital Marketing Specialist tätig und leitete im Konzern zuletzt ein Team von vier Mitarbeitern. Bis vor rund einem Jahr, denn da kam El-Hammoumis erstes Kind auf die Welt. Ihre erste Erfahrung als frischgebackene Mutter, und das inmitten einer globalen Pandemie: An sich bereits eine grosse Herausforderung und Leistung, doch El-Hammoumi war das nicht genug. „Ich war schon immer eine Person, die beschäftigt werden wollte. Zu Hause in der Elternkarenz angekommen, suchte ich also gleich nach meiner nächsten Herausforderung.”
Streetwear und dabei insbesondere Statementkleidung rückten schnell in den Fokus der aufmerksamen Beobachterin. Die Motive resonierten aber nicht sonderlich. „Ich konnte mich nicht mit den Sprüchen identifizieren und kam schnell zu der Erkenntnis, dass es gar keine Modemarke gibt, die Statementkleidung mit Themen aus meinem Kulturkreis oder meinen Interessenfeldern behandelt.” Kurzerhand entschied sich die junge Deutsch-Marokkanerin selbst Kleidung zu entwerfen. Ihre Online Business Management studierende Nichte Yousra Malqui fungierte hierbei als Grafikdesignerin, und ist dies bis heute.
Das erste Shirt mit dem Aufdruck “It’s Ramadan” und “Yes, not even water” war eine humorvolle Antwort auf eine lästige Frage, die Fastenden alljährlich gestellt wird. Dieses sollte zwei Wochen vor Anbruch des Fastenmonats lanciert werden. Von Beginn an wollte El-Hammoumi mit Moumi Clothing auf nachhaltige Stoffe setzen und in Afrika produzieren. Der Auftrag ging also an eine marokkanische Fabrik. Zunächst schien alles reibungslos zu funktionieren, bis das Paket ankam und für eine böse Überraschung sorgte: „Ich probierte mich durch alle Grössen und erkannte bereits bei Grösse Medium, dass hier etwas faul ist. Tatsächlich hatte die Fabrik anstatt von Small bis Extra Large zu produzieren, einfach eine Einheitsgrösse angenommen, die noch dazu sehr klein war.”
Amal El-Hammoumi
...studierte Business Administration in Wiesbaden und ist seit 2014 als Digital Marketing Specialist für die Etex Group S.A. tätig. Anfang 2021 gründete sie ihr Label Moumi Clothing.
Zunächst ein herber Rückschlag. „Das tat schon weh, immerhin bin ich ja auch komplett eigenfinanziert und so auch auf diesen Kosten sitzen geblieben. Ich habe aber realisiert, dass ich jetzt agil sein muss, um schnell einen neuen Hersteller zu finden. Die Marke musste auf die Strasse.” Der aktuelle Hersteller befindet sich in Deutschland und benutzt zur Gänze Baumwolle in der Grammatur Heavy Cotton. Doch das möchte El-Hammoumi langfristig gesehen ändern: „Es ist mir wichtig, den Bezug zu meinem Heimatland Marokko herzustellen und die lokale Community dort zu unterstützen. Die Suche nach dem passenden Lieferanten gestaltet sich derzeit noch etwas schwierig, ich bin mir aber sicher, dass wir fündig werden.” Und was ist mit den Hunderten Shirts passiert, die nicht verkauft werden konnten? Diese wurden an Hilfsorganisationen und Kinderheime in der Umgebung verschenkt, und teils noch mit Logos der Institutionen versehen.
Der Erfolg der Marke, welche ja eigentlich noch in ihren Babyschuhen steckt, ist organisch gewachsen. Influencer wie der Comedian Benaissa Lambroubal oder Bloggerin Ajat haben diesen aber sicherlich beflügelt. Ohne Bezahlung, aber als PR-Muster zur Verfügung gestellt, zeigten in den letzten Monaten mehrere Mikro-Influencer Deutschlands die Shirts auf Plattformen wie Instagram. El-Hammoumi, die seit ihren Schulzeiten mit der Abkürzung Moumi angesprochen wurde, kehrt in ihren Erzählungen immer wieder zu den Botschaften in ihren Kleiderstücken zurück.
„Wir sehen in den Kleidungsstücken einen Bildungsauftrag “
Amal El-Hammoumi, Gründerin Moumi Clothing
Neben dem Ramadan-T-Shirt befinden sich auch ein Oberteil mit einer bunten und eklektischen Afrikakarte, sowie alltäglichen Sprüchen aus ihrem ganz eigenen Umfeld in ihrer Erstkollektion. So etwa Phrasen wie „Auf dein Nacken” oder „Läuft bei dir” und die zugehörige Übersetzung in arabischen Schriftzeichen. Das Markenlogo selbst zeigt einen Schriftzug der Imazighen. Dies ist die – politisch korrekte – Sammelbezeichnung für das indigene Volk Nordafrikas. Ein Synonym, welches in der westlichen Welt für diese Völker verwendet wird, lautet Berber. Ein Missstand, wie El-Hammoumi erzählt, denn der Begriff entstammt vermutlich dem Wort Barbaros aus dem griechischen und bedeutet die „Barbaren“. Dieser wurde in Kolonialzeiten als Bezeichnung für die Ureinwohner benutzt. „Indem wir mit unserer Marke auf dieses Thema aufmerksam machen, holen wir uns den Begriff zurück. Wir sehen durchaus auch einen Bildungsauftrag in unserer Kleidung”, erklärt sie. Das Logo des Labels zeigt das Wort „Aruth“ (dt.: „Kleidung“) in einer nordafrikanischen Schriftart die von den Imazighen verwendet wird.
Auch in diesem Begriff steckt eine wichtige Botschaft: Imazighen bedeutet zu Deutsch „Die Freien“.
Momentan ist Moumi Clothing nur über ihren eigenen Onlineshop erhältlich, dies soll sich jedoch schon bald ändern. „Die Ausweitung der Vertriebswege ist einer unserer grossen Ziele in diesem Jahr. Zwar wollen wir nicht selber in den stationären Handel – vielmehr wollen wir das Geld in unsere digitalen Kanäle stecken – doch wir können uns sehr gut vorstellen, in den Brandstores zu hängen, die man von den Einkaufsstrassen kennt”, lacht El-Hammoumi.
Ihre Vision für Moumi Clothing ist nämlich eine grosse: In den nächsten Jahren soll ihr Label zu einer bekannten Marke für Statement-Kleidung werden. Im Markenkern soll stets die Förderung von Diversität stehen. Sprüche und Wörter die sich im Alltagsgebrauch etabliert haben oder auch Designs mit denen sich Kunden identifizieren können: Moumi repräsentiert jene Personen, die einen Beitrag zur kulturellen Vielfalt leisten oder aber auch Personen, die diesen Gedanken der Diversität unterstützen. „Diese können Leute sein die unsere Socken beim Christopher Street Day oder auch als Accessoire beim Besuch einer Shisha Bar tragen .”
Als nächstes soll eine Loungewear-Kollektion mit Hoodies und Jogginghosen erscheinen. Auf diese freut sich El-Hammoumi besonders. „Wie bislang, werde ich Schritt für Schritt gehen und schauen wohin mich die Reise führt.”
Text: Chloé Lau
Fotos: Moumi Clothing
Diese Advoice erschien in unserer Ausgabe 6–21 zum Thema „NEXT“.