IN WEIBLICHER HAND

Einige börsennotierte Unternehmen im deutschsprachigen Raum werden massgeblich von Frauen mitgeführt. Wie performen diese Konzerne auf den Aktienmärkten?

Der Anteil von Frauen in Führungspositionen stagniert, wie die internationale Studie „Women in Business 2020: Putting the Blueprint into Action“ von Grant Thornton zeigt, wo man seit mehr als 15 Jahren die Geschlechtervielfalt im ­oberen Management untersucht.

Weltweit lag der Frauen­anteil in Führungspositionen im Jahr 2019 unverändert bei 29 % (2018: ebenfalls 29 %), in der Europäischen ­Union liegt er gleichauf mit dem Wert aus Deutschland bei 30 %. EU-weit ist der Anteil von Unternehmen, die mindestens eine Frau in ihrem Vorstand oder in ihrer Geschäftsführung beschäftigen, mit 84 % im ­Vergleich zu 2018 ebenfalls gleich geblieben, er liegt aber noch deutlich hinter dem globalen Er­gebnis mit konstanten 87 %.

Dabei lohnt es sich, einen Blick auf jene Konzerne zu werfen, in ­denen weibliche Führungskräfte die Geschicke des Unternehmens massgeblich mitbestimmen. Das zeigt sich etwa am Beispiel von ­Henkel, wo Simone Bagel-Trah die Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende des Gesellschafterausschusses ist. Der weltweit ­tätige Entwickler und Produzent von Markenartikeln sowie Tech­no­logien im Konsumenten- und ­Industriegeschäft hat 52.650 Mit­arbeiter mit 120 Nationalitäten
und ist in 78 Ländern vertreten.

Zu seinen weltweiten Marken und Techniken, die quasi jedes Kind kennt, gehören zum Beispiel Persil, Pril, Purex und der Weisse Riese. Im Bereich Schönheitspflege verkauft Henkel etwa Produkte der Marken Schwarzkopf, Fa oder Bac. Manche Produkte des 1876 von Fritz Henkel – Bagel-Trah ist eine seiner Ururenkelinnen – als Waschmittelfabrik Henkel & Cie in Aachen gegründeten Konzerns werden auch in der Luft- und Raumfahrt, im Automobilbau, in der Elektronik und Medizintechnik verwendet. Namen wie Loctite oder Pattex sind aus keinem Haushalt wegzudenken. Mit ­ihnen und anderen machte das Unter­nehmen im Vorjahr 21,1 Milliarden € Umsatz.

Für das Jahr 2020 ­erwartete Henkel eigentlich ein organisches Umsatzwachstum bis zu 2 % – allerdings waren das Prognosen, die vor der Coronakrise erstellt wurden. Der Halbjahresumsatz des Konzerns erreichte dann 9,485 Milliarden €. Das betriebliche Ergebnis lag bei 1,2 Milliarden €, das ist ein ­Minus von 27,5 % zum Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Langfristgewinner

Die Aktie gehört jedoch auf lange Sicht zu den Gewinnern, auch wenn sie in den letzten Jahren konsolidierte: Sie stieg von knapp 37 € im Jahr 2010 auf heute rund 90 € für die Vorzugsaktie (alle Zahlen wie immer zum Redaktionsschluss; Anm.). Dazwischen erreichte sie im Jahr 2017 ein Allzeithoch von 127 €.

Für das Geschäftsjahr 2019 wurde eine unveränderte Dividende von 1,85 € und je Stammaktie eine ebenfalls unveränderte Dividende von 1,83 € ausgeschüttet. Das entspricht einer Dividendenrendite von 2,17 %. Diese soll bis zum Jahr 2021 auf 2,3 % steigen.

Für Experten durchaus ein Grund zur Freude: So hat das Analyse­haus RBC das Kursziel für Henkel von 98 auf 99 € ­angehoben und die Einstufung auf „Outperform“ belassen. Dem um 1 € höheren Kursziel für die Aktien ­lägen angepasste Wechselkurs­prognosen zugrunde, meinte Analyst James Edwardes Jones. Die ­Pläne des Konsumgüterherstellers für eine Verbesserung der operativen Geschäfte seien intakt – und mithin auch das Investment in Henkel. Von 31 Analysen in den letzten drei ­Monaten rieten fünf zum Kauf, 19 zum Behalten und nur sieben zum Verkauf des Anteilscheins.

Ein weiteres Unternehmen, in dem Frauen den Ton mit angeben, ist die Schweizer Swatch-Gruppe. 1983 von Unternehmerlegende Nicolas G. Hayek gegründet, sollte die damals schwächelnde Schweizer Uhrenindustrie mit neuen Impulsen gegen die immer stärker ­werdende fernöstliche Konkurrenz gestärkt werden.

Der Plan ging auf – auch für die Swatch Group: Sie fertigt nahezu sämtliche Bauteile für ihre inzwischen 18 Uhrenmarken wie Breguet, Glashütte Original, Omega, Longines, Tissot, Balmain oder Calvin Klein. Zudem beliefern Unternehmen der Swatch Group auch Dritthersteller von Uhren in der Schweiz und der ganzen Welt mit ­Uhrwerken und Komponenten. Heute ist die Tochter des 2010 verstorbenen Unternehmensgründers, Nayla Hayek, Präsidentin des Verwaltungsrates, Sohn Nick Hayek ist der CEO.

Die Inhaberaktie des Unternehmens mit Sitz im schweizerischen Biel hat im Dreijahresschnitt zwar mehr als 40 % verloren, konnte aber in den letzten drei Monaten um 10 % zulegen.

Die Aktie der Vienna Insurance Group legte in den letzten drei Monaten um mehr als 4 % zu.

Neuer Coup von Swatch

Der Grund für den Anstieg dürfte in einer Geschäftserweiterung liegen, die Swatch anpeilt: So will man neben den ­Plastikuhren und dem Swatch-Mobil, besser ­bekannt als Smart, nun auch mit ­einem eigenen Bezahlsystem in der Schweiz reüssieren.

Unter dem Namen Swiss Pay ist man eine Partnerschaft mit Visa eingegangen und kann nun sein Bezahlsystem mit der Uhr am Hand­gelenk in der Eidgenossenschaft ausrollen. In der Praxis bedeutet das, dass Bezahlen nun noch einfacher wird: Inhaber einer Visa-Kreditkarte, die auch Besitzer einer mit NFC-Technologie ausgerüsteten Swatch-Uhr sind, können an Zahlterminals mit einer einfachen Drehung des Handgelenks bezahlen – das ist besonders in Coronazeiten kein zu unterschätzender Vorteil.

Und: Swatch will ent­sprech­ende Uhren deutlich erschwinglicher anbieten als Smartwatches oder Smartphones. Das sollte den Nutzerkreis deutlich erweitern – Swatch Pay spricht bereits von einer Demokratisierung des kontaktlosen Bezahlens.

Von Wien nach CEE

Ein Unternehmen aus dem ­Finanzbereich, an dessen ­Spitze eine Frau steht, ist die österreichische Vienna Insurance Group, kurz VIG. Deren Geschicke lenkt seit 2016 als CEO Elisabeth Stadler. Die studierte Versicherungsmathematikerin baute den Konzern, der aus insgesamt drei im 19. Jahrhundert gegründeten Versicherungs­gesellschaften besteht, die dann zur Wiener Städtischen wurden, konsequent weiter aus. Die Wiener Städtische war einst ausschliesslich in Österreich tätig; im Zuge der Ostöffnung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gründete man die ­Vienna ­Insurance Group, die heute die ­Mutter der Wiener Städtischen und rund 50 weiterer Versicherungs­gesellschaften mit 25.000 Mit­arbeitern in 30 Ländern ist. Damit ist die VIG eine der grössten inter­national tätigen Versicherungs­gruppen in Zen­tral- und Osteuropa.

Die Aktie des Unternehmens hat in den letzten drei Monaten um rund 4 % zugelegt und notiert bei 20 €. Auf Fünfjahressicht ­mussten Anleger aber ein Minus von fast 24 % hinnehmen.

Im ersten Halbjahr hat die VIG ihre Prämieneinnahmen um 2,4 % auf 5,58 Milliarden € gesteigert; ­gewachsen ist man vor allem im Nichtlebengeschäft. Die Dividende lag heuer bei 1,15 € pro Aktie – im Vorjahr war es noch 1 € gewesen.

Die Entwicklung findet Ge­fallen bei Analysten: So hat JPMorgan die Empfehlung „Übergewichten“ für die Vienna Insurance Group bestätigt und das Kursziel von 24 auf 26 € erhöht – womit das bisher höchste von Analysten abgegebene Kursziel eingestellt wird.

Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 9–20 zum Thema „Women“.

Reinhard Krémer

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