Ich wollte nie einfach nur Coins traden

Mit seinem Zürcher Krypto-Start-up Netwrk will Kevin Michael Kern die Brücke zwischen Digital Assets und realer Vermögensverwaltung bauen – und dabei ein eigenes Finanz-Ökosystem etablieren.

Kevin Michael Kern ist 22 Jahre alt, doch wenn man ihn über Blockchain, Tokenisierung und regulatorische Arbitrage sprechen hört, klingt er wie ein Branchenveteran. Er kann acht Jahre Marktbeobachtung, unzählige Trades und persönliche Renditen von mehreren Hundert Prozent vorweisen – und eine Erkenntnis: «Ich will mehr, als nur selbst Geld zu verdienen. Ich will etwas bauen, das bleibt.»

Die Idee dafür kam früh. Schon mit 13 Jahren experimentierte Kern, der in seiner Jugend viel Zeit mit Videospielen verbrachte, mit Bitcoin – damals, um einen Cheatcode für ein Game zu kaufen. Wenig später tauchte er tiefer ein, bildete sich weiter, lernte Programmiersprachen, verstand es zunehmend, unterschiedliche Coins zu analysieren und mit Erfolg zu traden. Neben seiner KV-Lehre, die Kern bei McKinsey absolvierte, befasste er sich intensiv mit allem, was die Kryptowelt damals, Ende 2018, zu bieten hatte. Es ging Schritt für Schritt tiefer ins Geschäft – erst als Trader, dann als Berater, heute als Unternehmer: Als Gründer und CEO der in Zürich ansässigen Netwrk AG will er mit einem «jungen und dynamischen Team ­Grosses bewirken», wie er sagt.

Die Idee ist ursprünglich aus Kundenzuführungen für ­Privatbanken entstanden. Nun soll mit einem klaren Fokus auf Asset-Management mit digitalem DNA-Profil das nächste ­Kapitel starten. Die Vision: «Wir wollen das eine Prozent, das Ver­mögensverwalter heute in Portfolios für Krypto allokieren, abholen – und es dann skalieren», so Kern.

Privat traden ist das eine – aber ich will dieses Know-how auch institutionellen Anlegern geben.

Kevin Michael Kern
Gründer und CEO von Netwrk

Der Startschuss fiel vor wenigen Wochen: Das erste AMC (Actively ­Managed Certificate) ist live, mit 30 bis 40 Krypto-Assets im Korb – Bitcoin, Ethereum, Solana, aber auch AI-, Gaming- oder Defi-Projekte. ­Meme-Coins? «Machen wir nicht.» Warum? «Weil das keine Substanz hat. Wir bauen kein Produkt für Trends, sondern für Performance», so Kern. Die Zahlen sind ambitioniert: 40 bis 50 % Rendite jährlich sind das Ziel. Die Gebührenstruktur ist klar: 1 % Management-Fee, 40 % Performance-Fee. Kern: «Wenn wir liefern, fragt niemand nach den Fees.»

Und geliefert hat Kern in den letzten Jahren ordentlich: Der junge Gründer war laut eigenen Angaben einer der Top-4-Trader Europas, gemessen am Return on Investment auf der Plattform Bitpanda. Sein persönlicher Track Record: 200 bis 300 % Performance jährlich – über mehrere Jahre. Jetzt will er nicht mehr nur für sich selbst traden, sondern «etwas Grösseres bauen». Dafür arbeitet Netwrk mit Partnern wie Swissquote, der Incore Bank und der Pistolese Asset Management AG zusammen. Das Backoffice, die Depotbank und das Onboarding sind ausgelagert – und damit auch ein Grossteil der regulatorischen Kopfschmerzen, die die Lancierung von Finanzprodukten mit sich bringt. Das Portfoliomanage­ment bleibt aber inhouse und findet täglich statt: «Wir analysieren den Markt und unsere Coins jeden Tag, auch wenn wir nicht täglich traden», so Kern.

Das Team der Netwrk AG (von links nach rechts): Igor Radovanovic (Relationship Manager), Nico Müller (Analyst und Advisor), Kevin Kern (Geschäftsführer und Trader), Nurhan Dzankovic (Vertriebsspezialist), Boris Radovanovic (Legal and Compliance).

Die Marktbedingungen, mit denen sich Netwrk täglich beschäftigt, sind dabei alles andere als stabil – vor allem in den vergangenen Monaten. «Gerade jetzt ist die Lage extrem volatil», sagt Kern. «Importzölle, geopolitische Spannungen und generell makroökonomische Unsicherheit beeinflussen Krypto massiv; als Trump wieder Präsident wurde, sind die Märkte regelrecht explodiert – innerhalb weniger Wochen haben wir Kursgewinne von fast 100 Prozent gesehen.» Für Netwrk heisst das: schnelle Reaktionsfähigkeit, starke Cash-Reserven in Stablecoins und tägliches Risikomanagement.

Das AMC ist nur der Anfang. Ein zweites Produkt ist bereits in Planung – ein AMC, das ein Hybrid-Portfolio aus Krypto und klassischem Aktienmarkt abbilden soll. Ein drittes Konzept, «NetState», ist ebenfalls «ready to launch». Dabei soll der Kauf von Immobilien in der Schweiz mit Kryptowährungen ermöglicht werden, die App wird jedoch unabhängig von Netwrk funktionieren.

Und dann wäre da noch die regionale Expansionsstrategie: «Wir fühlen uns in der Schweiz sehr wohl, sehen uns Hotspots wie etwa Dubai oder Monaco als nächsten Schritt aber sehr genau an», sagt Kern.

Warum er sich das alles überhaupt antut? Warum nicht einfach weiter für sich selbst traden, 200 % Rendite machen – ohne Verantwortung, ohne Team, ohne Compliance? Die Antwort kommt schnell: «Privat traden ist das eine – aber ich will dieses Know-how auch institutionellen Anlegern geben. Wir Jungen kennen Krypto, warum also nicht für Banken, Family Offices oder Ver­mögensverwalter arbeiten?»

Kerns Vater war Fondsmanager, seine Mutter bei der Credit Suisse. Beide glaubten zuerst nicht an Krypto. Heute sind sie stolz – und unterstützen ihren Sohn, auch strategisch. Kern: «Am Ende ist das Wichtigste das Netzwerk – und das bringe ich mit.»

Kevin Michael Kern Gründer und CEO von Netwrk Kevin Michael Kern (22) ist Krypto-Unternehmer aus Zürich. Er gründete Netwrk 2022 und entwickelt mit seinem Team Anlageprodukte für institutionelle Kunden. Zuvor war er einer der erfolgreichsten Trader auf Bitpanda – mit jährlichen Renditen von bis zu 300 %.

Fotos: Mara Truog

Klaus Fiala,
Chefredakteur

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