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Am Genfer See formt ein französischer CEO die nächste Generation von Luxushoteliers: Benoît-Etienne Domenget will mit Sommet Education nicht nur Talente ausbilden – sondern eine Branche transformieren, die vor einem fundamentalen Umbruch steht.
Hoch über dem Genfer See, mit Blick auf das glitzernde Wasser und die Alpen im Hintergrund, lehnt sich Benoît-Etienne Domenget zurück. Dann sagt er ruhig, fast beiläufig: «Unsere Branche begreift langsam, dass der Wettbewerb um die besten Talente nur mit einer klaren Strategie beim Employer Branding zu gewinnen ist.» Für ihn ist das längst keine Theorie mehr, sondern gelebter Alltag: Domenget ist CEO von Sommet Education – einer Unternehmensgruppe, die sich anschickt, nicht weniger als
die globale Bildungslandschaft im Bereich Hospitality zu verändern.
Mit fünf Marken, 22 Standorten und mehr als 10.000 Studierenden weltweit positioniert sich Sommet als die Kaderschmiede einer Branche, die unter massivem Fachkräftemangel leidet – und gleichzeitig von Luxusmarken entdeckt wird, die nach Know-how im Umgang mit anspruchsvollen Kunden suchen.
Das Herzstück dieser Strategie ist das Glion Institute of Higher Education. Hier, nahe Montreux, trifft man Domenget zum Gespräch – und versteht schnell, was ihn antreibt. Neben Glion gehören auch die traditionsreiche Hochschule Les Roches, die 2019 übernommene École Ducasse – gegründet vom gleichnamigen Sternekoch – sowie die südafrikanische Invictus Education Group zur Familie; Letztere betreibt auch einen Campus in Indien. Es ist ein globales Netzwerk, das ein zentrales Ziel verfolgt: nicht nur Manager, sondern Gestalter der internationalen Luxushotellerie auszubilden. «Der Markt allein reicht nicht mehr aus. Geografische Expansion war gestern», sagt Domenget. «Heute geht es darum, Bildungsangebote zu schaffen, die den Bedarf der Zukunft antizipieren.»
Ein Bachelorstudium in Glion kostet zwischen 180.000 und 190.000 CHF. Dafür gibt es eine Ausbildung, die anders ist als anderswo. 48 % der Studierenden kommen aus Europa, der Rest verteilt sich über Amerika, Afrika und den asiatisch-pazifischen Raum. Sie alle haben ein klares Ziel: künftige Führungskräfte der Luxuswelt zu werden.
«Es geht nicht nur ums Lernen. Wir formen hier Persönlichkeiten», sagt Jose Emmanuel «Mano» Soler. Er ist akademischer Leiter in Glion – und eine Art Gastgeber auf diesem Campus, der mehr wie ein Luxushotel als wie eine Hochschule wirkt.
Im ersten Jahr leben die Studierenden auf dem Gelände, rotieren durch Küche, Service und Housekeeping. Es ist eine Schule für Haltung – und für Demut. «Im ersten Jahr findest du dich wortwörtlich in der Küche oder beim Housekeeping wieder», sagt ein Student. «Das ist keine Theorie, das ist Praxis.»
Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden liegt bei 1:15. Der Campus in Montreux zählt rund 350 Studierende, im nah gelegenen Bulle sind es 600. In London betreibt Glion einen dritten Standort – auch dort wird nach dem Prinzip der totalen Immersion unterrichtet.
Highlight der Ausbildung ist das eigene Michelin-Stern-Restaurant – nicht als Simulation, sondern als echtes Lokal mit öffentlichem Zugang. «Ein Michelin-Stern lässt keine Fehler zu», sagt Soler. «Unsere Studierenden beobachten anfangs viel – bevor sie überhaupt Hand anlegen dürfen.»
Glion ist aber nur ein Puzzleteil: Domenget verfolgt eine Strategie, die weltweit greift – fünf Marken, jede mit eigener Identität. Les Roches etwa, mit Sitz in Crans-Montana, expandiert derzeit nach Marbella, Abu Dhabi und Shanghai; die École Ducasse betreibt drei Standorte in Frankreich, weitere in Bangkok, Abu Dhabi und auf den Philippinen. Bald kommen Ägypten, Kasachstan und andere Märkte hinzu. «Unsere internationalen Programme sprechen gezielt eine mobile, anspruchsvolle Studentenschaft an», sagt Domenget, «zwischen 75 und 95 % unserer Studierenden kommen aus dem Ausland.»
Gleichzeitig setzt Sommet auf lokale Relevanz. In Subsahara-Afrika übernimmt die Invictus Education Group zunehmend Verantwortung – mit neun aktiven Campussen und zwei weiteren im Aufbau. In Indien wurde jüngst ein Campus in Gurgaon eröffnet. Der Anspruch: Bildung dorthin zu bringen, wo sie gebraucht wird.
Sommet operiert entlang eines klaren Modells: Bachelor-Ausbildung, spezialisierte Master- und MBA-Programme – und eine dritte Säule, die in der jüngsten Vergangenheit immer bedeutender wird: lebenslanges Lernen.
«Wir haben dafür eine eigene Geschäftseinheit aufgebaut», sagt Domenget. «Mit über 400 Programmen, von dreitägigen Kursen bis zu vierjährigen Ausbildungen, schaffen wir Angebote für Unternehmen und Institutionen, die beim Thema Talententwicklung dringend Unterstützung brauchen.»
Das adressiert eine Herausforderung, die global drängt. «In den kommenden fünf Jahren werden allein in neuen Hotelprojekten rund 400.000 qualifizierte Führungskräfte fehlen», so Domenget. «Saudi-Arabien allein muss in den nächsten fünf bis sechs Jahren über eine Million Fachkräfte für den Hospitality-Sektor ausbilden – eine gewaltige Aufgabe.»
Für Domenget ist klar: Technologie ersetzt in der Gastfreundschaft nie den Menschen. Aber sie kann ihn stärken: «Künstliche Intelligenz, Automatisierung, Innovation – das sind keine Bedrohungen», sagt er. «Sie helfen uns, Zeit zu gewinnen; Zeit, die wir nutzen, um echte
zwischenmenschliche Erlebnisse zu schaffen.»
Deshalb lehrt Sommet Education nicht nur operative Skills, sondern auch emotionale Intelligenz, Aufmerksamkeit, Anpassungsfähigkeit. «Egal ob in der Schweiz, Spanien, Südafrika oder Indien – wir fördern gezielt genau diese Kompetenzen», sagt Domenget. Es geht nicht um Technik, es geht um Haltung.
«Wir sind keine klassische Kochschule», betont Soler. «Wir bilden Menschen aus, die später die besten Restaurants der Welt führen.» Diese Ausrichtung zeigt sich auch im Netzwerk: Beim Karrieretag in Glion präsentieren sich mehr als 200 Unternehmen – von Ritz-Carlton bis Hermès. «Unsere Absolventen führen künftig die Häuser, in denen sie heute schon wohnen. Sie tragen die Uhren und fahren die Autos, die sie später als Markenbotschafter vertreten», erklärt Soler.
Besonders stolz ist man auf die Verbindung zu Relais & Châteaux. Der Küchenchef von Glion ist Teil des Gastronomiekomitees – ein Indikator für das Niveau, auf dem hier gekocht und gedacht wird. Soler: «Wenn ein ehemaliger Student als Direktor von Relais & Châteaux zurückkehrt, dann weisst du, was möglich ist.»
Nachhaltigkeit und lokale Authentizität sind für Domenget keine Buzzwords, sondern strategische Leitplanken. «Wer glaubt, dass nachhaltige Hospitality optional ist, hat den Paradigmenwechsel verschlafen», sagt der CEO. «Regionaler Tourismus wird enorm an Bedeutung gewinnen.»
Was das für die Branche heisst? «Die Zeit standardisierter Hotelkonzepte ist vorbei», meint Domenget – mit einem Blick, der verrät, dass er längst am nächsten Plan arbeitet. Dann blickt er kurz auf seine Uhr, steht auf und geht. Der nächste Termin wartet – vielleicht der nächste Campus, vielleicht die nächste Partnerschaft. Sicher ist: Die Transformation der Branche läuft – und Sommet Education ist mittendrin.
Der Franzose Benoît-Etienne Domenget führt als CEO die internationale Bildungsgruppe Sommet Education mit fünf Marken und mehr als 10.000 Studierenden. Zuvor war er unter anderem CEO der Accor Academy sowie bei The Ascott Limited tätig. Sein Ziel ist es, die Ausbildung von Führungskräften für die globale Luxushotellerie neu zu definieren – mit Fokus auf Haltung, emotionaler Intelligenz und gelebtem Praxiswissen.
Fotos: Sommet Education