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Walgreens will raus aus dem Apotheken-Alltag und rein in die Automatisierung. Der US-Konzern lässt Medikamente zunehmend von Robotern verpacken.
Bis Ende des Jahres sollen 5.000 Apotheken mit den neuen Verteilzentren verbunden sein. 16 Mio. Rezepte laufen dann jeden Monat über Förderbänder und Maschinen. Seit 2021 hat das dem Unternehmen laut eigenen Angaben rund 500 Mio. US-$ eingespart.
Trotzdem schrumpft der Marktwert. Aktuell liegt die Bewertung bei 9,76 Mrd. US-$ – 2015 waren es noch über 92,71 Mrd. US-$. Ein Minus von rund 90 %. Dabei steigt der Umsatz: Im letzten Geschäftsjahr lag er bei 151,95 Mrd. US-$, ein Plus von 5 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Diskrepanz zwischen operativer Entwicklung und Marktwert ist auffällig – und lässt sich nicht allein durch technische Fortschritte erklären.
Die Pläne im Hintergrund laufen weiter. Walgreens will bis Ende 2025 insgesamt 22 dieser automatisierten Zentren betreiben. Jedes davon kann laut Angaben des Unternehmens täglich bis zu 100.000 Rezepte abfertigen. Die Idee: Weniger Aufwand in der Apotheke, mehr Zeit für Beratung. Mindestens 25 % der Arbeit sollen durch die Roboter entfallen. Auf lange Sicht rechnet Walgreens mit Einsparungen von über 1 Mrd. US-$ pro Jahr – allein durch die Automatisierung. Damit verbunden ist die Hoffnung, sich unabhängiger vom knappen Personalmarkt zu machen.
Was der Aufbau der Zentren kostet, ist im Detail nicht bekannt. Fest steht: Walgreens hat 2021 eine Mehrheitsbeteiligung am Unternehmen iA übernommen. Das Startup entwickelt die Technik für die automatisierten Abläufe. Der Deal war Walgreens damals 450 Mio. US-$ wert. Es ist eine Wette auf Skaleneffekte und darauf, dass logistische Effizienz am Ende auch beim Kunden spürbar wird – etwa durch schnellere Auslieferungen oder weniger Wartezeit in der Filiale.
Ziel ist es, nicht nur günstiger, sondern auch schneller zu werden. Die Zahl der jährlich ausgegebenen Rezepte soll von 170 Mio. auf 180 Mio. steigen. Die Roboter sollen helfen, das effizient zu stemmen – und dabei besser mit Wettbewerbern wie CVS mitzuhalten. Der Druck im Apothekenmarkt wächst, auch weil digitale Anbieter zunehmend Marktanteile abgreifen.
Die nächste grosse Änderung kommt womöglich bald: Walgreens steht kurz davor, von der Börse zu verschwinden. Der Finanzinvestor Sycamore Partners will den Konzern für rund 10 Mrd. US-$ übernehmen. Der Deal soll im vierten Quartal abgeschlossen werden. Das Unternehmen würde damit wieder in den privaten Besitz wechseln – fernab der täglichen Bewertung durch den Aktienmarkt.
Ob sich die Automatisierung langfristig lohnt, lässt sich noch nicht abschliessend sagen. Die technischen Einsparungen sind sichtbar. Doch ob sich das auch in besseren Margen und stabileren Geschäftsmodellen niederschlägt, bleibt offen. Klar ist nur: Die Maschinen arbeiten bereits – und Walgreens spart. Nur reicher wird das Unternehmen dadurch bislang nicht.
Foto: julien Tromeur