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Das Konzept von Bloom Energy klingt vielversprechend: Strom aus Boxen, der weniger CO2-Emissionen aufweist als Kraftwerke und keine Hochstromleitungen braucht. Doch die Umsetzung gelang nicht wie geplant.
Mehr als eine Million Menschen in Kalifornien mussten ohne Strom auskommen, als im Oktober 2019 nach Waldbränden die Stromversorgung eingestellt wurde, um die Brände in Schach zu halten. Inmitten des ganzen Rauchs roch KR Sridhar eine Gelegenheit: Sein Unternehmen Bloom Energy verkauft Brennstoffzellen-Stahlboxen, die mithilfe von Erdgas Strom erzeugen. Die Boxen, von Bloom „Energieserver“ genannt, erzeugen zwar hochkonzentriertes CO2 – im Vergleich zu traditionellen Kraftwerken sollen die Ausstösse aber dennoch deutlich niedriger sein. Auch Stick- und Schwefeloxide sollen bei Blooms Strom wegfallen.
Und: Blooms Einheiten erhalten ihren Treibstoff über unterirdische Pipelines – anders als bei Hochspannungsleitungen wird die Stromzufuhr von den Winden, die über Kalifornien wüten, nicht beeinträchtigt. „Jedes Mal, wenn es eine Katastrophe gibt, steigt der Strompreis“, sagt Sridhar. Sein Unternehmen macht sich diese Ausfälle zunutze, indem potenzielle Kunden in gefährdeten Zonen auf Bloom aufmerksam gemacht werden, um sich vor Netzausfällen zu schützen. In den 19 Jahren seit seiner Gründung hat Bloom weltweit mehrere Tausend Boxen für grosse Technologieunternehmen wie Apple, AT&T und Paypal installiert.
Doch obwohl die Umstände günstig sind, schafft Bloom es trotz grosser Versprechen nicht, die eigene Idee sinnvoll umzusetzen. Die Erklärung ist komplex, beschränkt sich im Wesentlichen aber auf zwei Faktoren: Blooms Technologie ist zu teuer – und nicht so grün wie behauptet. Trotz 1,7 Milliarden US-$ an Investments hat Bloom nie einen Gewinn erwirtschaftet. Doch die Steuererleichterungen laufen langsam ab, das Kapital wird knapp – und für Bloom wird es eng. Sridhar hat bei der Investmentbank Jefferies bereits um Hilfe bei der Bezahlung der am Ende dieses Jahres fälligen Schulden in Höhe von über 300 Millionen US-$ gebeten. Die Aktien sind um fast 50 % gefallen, seit Bloom bei seinem Börsengang 2018 282 Millionen US-$ verdiente. Nun streiten sich auch Aufsichtsbehörden und sogar lokale Politiker mit dem Unternehmen. Städte in den USA wenden sich gegen Erdgas, weil es nicht grün genug ist.
Anmerkung:
Dieser Artikel ging kurz vor der Bekanntgabe am 12. Februar 2020 in Druck, bei der verkündet wurde, dass Bloom die Jahresabschlüsse der letzten vier Jahre neu aufsetzen, die Einnahmen um bis zu 180 Millionen US-$ nach unten und die Verluste um 75 Millionen US-$ nach oben korrigieren muss.
Vor einem Jahrzehnt hatte Sridhar die Vision, dass seine Brennstoffzellentechnologie heute in jedem Haushalt in den USA zu finden sein und 3.000 US-$ pro Stück kosten würde. Davon ist Bloom weit entfernt: Kein einziges Haus in Amerika besitzt eine eigene Bloom-Box, nicht einmal Sridhar selbst. Stattdessen sind seine Energieserver hauptsächlich für Unternehmen interessant und kosten etwa 1,2 Millionen US-$. Wirklich erneuerbarer Strom ist heutzutage günstiger als jener von Bloom: Ohne Subventionen kostet er sowohl von Solar- als auch von Onshore-Windanlagen laut der Vermögensverwaltungsfirma Lazard vier Cent pro Kilowattstunde.
Das entmutigt Sridhar jedoch nicht. Der 59-Jährige wuchs in Indien auf und kam in die USA, um in Maschinenbau zu promovieren. Später arbeitete er am Space Technologies Lab der University of Arizona und baute eine sauerstofferzeugende Maschine für die Nasa-Missionen zum Mars. Als das Projekt 1999 abgebrochen wurde, kehrte Sridhar die Technologie um: Er wollte Methan und Sauerstoff in Kohlendioxid und Elektrizität umwandeln.
Probleme gab es seit dem Start 2008. Nach dem Prinzip „Fake it ’til you make it“ verhielten sich Sridhar und Mitgründer John Doerr, der langjährig im Google-Vorstand tätig war, als hätten sie bereits eine Lösung. Auf einer Pressekonferenz kurz nach der Gründung sagte Sridhar, dass die Bloom-Box Strom um „neun bis zehn Cent pro Kilowattstunde“ produzieren könne.
Nur stimmte das nicht ganz. Bis heute kann Bloom die niedrigen Preise nicht anbieten, die angekündigt wurden. Nach zehn Jahren Forschung und Entwicklung und trotz niedriger Erdgaspreise kostet es pro Kilowattstunde immer noch 13,5 Cent, um die Boxen zu bauen, zu installieren, zu warten und zu betanken. Ed Hirs, Energieexperte beim Steuerberater BDO, sagt: „Wenn man Batterien einbaut, kann man eine ähnliche Zuverlässigkeit zu weitaus geringeren Kosten erreichen, ohne dass dabei Emissionen entstehen.“
Die angebotenen Preise bringen ausserdem keinen Gewinn: Bislang hat die Firma mehr als 2,7 Milliarden US-$ an (kumulierten) Verlusten verbucht. Wirklich sauber ist Blooms Technologie ebenfalls nicht: Wenn die Boxen neu sind, laufen sie mit optimaler Effizienz und wandeln fast 65 % ihres Methanbrennstoffs in Strom um. Sie emittieren dann 308 Kilogramm Kohlendioxid pro Megawattstunde; im Vergleich dazu betrug der Gesamtausstoss des US-Energiesektors Mitte 2019 laut dem Scott Institute der Carnegie Mellon University 414 Kilogramm CO2 pro Megawattstunde. Doch wenn die Bloom-Brennstoffzellen altern, verschlechtert sich ihre Effizienz: Nach Forbes-Berechnungen stossen ältere Boxen 435 Kilogramm CO2 pro Megawattstunde aus.
Und dann ist da noch die Frage der gefährlichen Abfälle. Als Bloom seine Betriebsgenehmigungen in Delaware beantragte, gab das Unternehmen an, keinen gefährlichen Abfall zu erzeugen. 2014 begannen die Aufsichtsbehörden, Fragen zu stellen – erst dann enthüllte Bloom, dass seine Filtersysteme eine Vielzahl von Giftstoffen wie Arsen, Benzol, Schwefel und Blei abfangen. Das Unternehmen hielt sich nicht an die Vorschriften, sah sich nach eigenen Angaben von der Regelung aber ausgenommen, da die Kanister nicht geöffnet wurden. Die US-Umweltschutzbehörde widersprach – und wartet noch auf die Bezahlung der Geldstrafe von einer Million US-$.
Auch mit den Investoren gibt es Probleme: Über die Jahre wurden einige von ihnen in die Irre geführt. 2012 verhängte die Securities and Exchange Commission ein temporäres Arbeitsverbot für Dwight Badger und Keith Daubenspeck, die Gründer der Brokerage Advanced Equities, weil sie Bloom durch falsche Informationen und Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht bei der Akquirierung von 150 Millionen US-$ halfen. Zu den falschen Aussagen gehörte, dass Bloom drei Milliarden US-$ an Auftragsvolumen von der CIA und einer Supermarktkette sowie ein Darlehen über 300 Millionen US-$ vom Energieministerium hätte.
Am 25. Juli 2018, dem Tag des Börsengangs von Bloom, erzählte Sridhar den Reportern von Marketwatch, dass das Unternehmen ab dem zweiten Quartal profitabel sei und es noch im selben Jahr einen positiven Cashflow und GAAP-Profit aufweisen könne. Doch die Realität sah anders aus: Bloom verlor weiterhin Geld. Am folgenden Tag gab Bloom an, dass Sridhar „einen Fehler gemacht“ habe. Wenn es ein Licht am Ende des Tunnels gibt, dann das, dass es viele Orte auf der Welt gibt, an denen die Luft schmutziger ist als in Kalifornien und wo die Leute sich vielleicht eher dafür interessieren, was Bloom verkauft. In Japan hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Softbank mehrere Installationen durchgeführt; in Südkorea hat es vor Kurzem seinen ersten „Power Tower“ gebaut – ein vierstöckiges Gebäude, in dem Boxen gestapelt sind.
Sridhar besteht darauf, dass Blooms Preise sinken würden, während seine Widerstandsfähigkeit immer weiter steigen werde. Er lässt sich von Satellitenbildern der Welt bei Nacht inspirieren, die an den Wänden seines Büros hängen. „Was mich dazu getrieben hat, Bloom zu gründen, ist das, was mich auch jetzt antreibt: das Gefühl, etwas verändert zu haben“, sagt der 60-Jährige.
Text: Christopher Helman / Forbes US
Fotos: Tim Pannell / Forbes US
Der Artikel ist in unserer Februar-Ausgabe 2020 „Space“ erschienen.