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Susanne Höllinger, Vorstandsvorsitzende der Kathrein Privatbank, will Frauen sichtbarer machen.
Susanne Höllinger ist eine der wenigen weiblichen Bankvorstände in Österreich. Die Herausforderungen der eigenen Branche – Vermögensverwaltung – sieht sie eher gelassen. Auf die Erhöhung des Frauenanteils in der Vorstandsebene angesprochen, plädiert sie dafür, weibliche Vorbilder stärker sichtbar zu machen – um andere zu ermutigen.
„Wir müssen jetzt endlich dieses Henne-Ei-Problem lösen“, sagt Susanne Höllinger mit einem Anflug von Ärger in der Stimme. Das Problem, das sie hierbei anspricht: weibliche Vorbilder in der Wirtschaft, insbesondere der Finanzbranche, sichtbar zu machen. „Denn wenn andere Frauen sehen, dass eine Mutter mit zwei Kindern diese Herausforderung schafft, motiviert sie das, dies auch zu tun.“ Denn die guten Frauen würden durchaus existieren, sagt Höllinger – man müsse sie nur finden.
Als Chefin der auf Vermögensverwaltung und Asset Allocation spezialisierten Kathrein Privatbank ist Höllinger eine der wenigen österreichischen weiblichen Bankvorstände – und hofft wohl, auch selbst qualifizierte Frauen zu motivieren. An der Spitze des Instituts verantwortet Höllinger (Zahlen per Ende Juni): Umsatzerlöse von rund 9,8 Millionen €, eine Bilanzsumme von 497 Millionen € sowie Assets under Management von fünf Milliarden €. Die Kathrein Privatbank erzielt 90 bis 95 Prozent ihres Geschäfts aus der Vermögensverwaltung, -beratung und der Asset Allocation, das Depotbankgeschäft wurde 2016 an die Bank Semper Constantia verkauft.
Höllinger selbst verbrachte ihr ganzes Berufsleben in der ansonsten stark männerdominierten Finanzbranche. Die studierte Wirtschaftspädagogin unterrichtete bei der Erste Group Wertpapierthemen, bevor sie anfing, verschiedenste Stationen zu durchlaufen. „Ich habe von der Wertpapierproduktion über die Kapitalmarktfinanzierung bis ins Private Banking wirklich alles erlebt.“ Seit 2012 steht Höllinger der Kathrein Privatbank vor, die eine 100-prozentige Tochter der Raiffeisen-Gruppe ist. Höllinger: „In dieser Position steht die Unternehmensführung im Vordergrund.“ 85 Mitarbeiter führt Höllinger an, nach eigener Angabe jeweils zur Hälfte Frauen und Männer.
Susanne Höllinger
Susanne Höllinger studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien, Wirtschaftspädagogik, bevor sie 1990 in die Finanzbranche kam. Sie durchlief verschiedene Stationen in der Erste Bank der österreichischen Sparkassen, wo sie ab 2004 das Private Banking leitete. 2012 wechselte Höllinger an die Spitze der Kathrein Privatbank. Sie ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Die Schwelle an Finanzvermögen, das Kunden der Kathrein Privatbank haben sollten, liegt bei einer Million €. Dabei bewegt sich Höllinger mit ihrem Team nicht nur auf einem dünnen, sondern auch hart umkämpften Markt – und sieht vielleicht auch deswegen die Qualifikationskriterien nicht so streng: „Es gibt nicht so viele Finanzmillionäre in Österreich. Wir haben aber auch noch nie jemanden weggeschickt, der nicht genau diese Summe hatte. Jeder, der ein spezielles Service wie bei uns will, bekommt dieses auch.“ Nachfragen, wie das Institut denn mit dem Druck durch passive Anlagemöglichkeiten (insbesondere ETF, Exchange-Traded-Funds) umgehe, wischt Höllinger weg: „Wir haben auch Kunden, die reine ETF-Portfolios fordern. Doch letztendlich leben wir davon, unsere Marktmeinung einzubringen. Ich denke auch, dass die Tendenz von diesen Fonds wieder weggeht. Die Kunden fragen sich, was am Ende herauskommt.“ Und überhaupt bestehen die aktiv verwalteten Portfolios im Wettbewerb durchaus, so die Managerin: „Die letzten sechs Jahre haben wir uns angesehen, wie die passiven und aktiven Portfolios performen. Und da liegen jene, wo wir unsere Marktmeinung einbringen, netto immer voran.“
Die Beratungsintensität des Geschäfts nimmt der Vorständin zudem die Angst, dass Robo-Advice eine ernsthafte Bedrohung darstellen könnte. Man biete zwar ähnliche Technologien ebenfalls an – „die Kunden fordern das“ –, doch das persönliche Gespräch könnten Roboter nicht ersetzen. „Letztendlich ist unser Ziel, aus einem Gespräch zu verstehen, welche Lösungen der Kunde braucht.“ Dennoch seien digitale Angebote nicht zu vermeiden, etwa das digitale Monitoring des Portfolios für Kunden.
Zu Kathreins Kunden gehören neben Privatanlegern und Unternehmen vor allem auch Stiftungen. Die Anzahl der weiblichen Investoren sei eine Zeit lang stark gestiegen – das sei aber eher wieder vorbei: „Wenn ich einen längeren Zeitraum ansehe, ist die Anzahl stark angestiegen, in den letzten fünf Jahren aber nicht mehr so stark. Es ist wichtig, dass sich Frauen um ihre Geldanlage kümmern. Es gibt viele erfolgreiche Unternehmerinnen oder Managerinnen, die ihr Geld dann aber nicht zielbringend anlegen. Das ist sehr schade.“ Doch das Bewusstsein steigt: nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sich Finanzmärkte und ihre Anlagemöglichkeiten nicht nur bei Frauen, sondern in der breiten Gesellschaft langsam zu „Common Sense“ entwickelten, insbesondere, seitdem das Sparbuch als Anlageform ausgedient hat.
Höllinger lobt ihre weiblichen Kunden als „nahezu nicht beratungsresistent“ und beschreibt Frauen als äusserst interessiert. Wobei sie explizit erwähnt, dass man Charakteristika nicht auf ganze Geschlechtergruppen umlegen soll. Das zeigt sich auch bei Studien: Der US-Finanzriese Fidelity publizierte erst kürzlich Erkenntnisse, dass Frauen im Schnitt nicht nur eine um 0,4 Prozent bessere Rendite erzielen, sondern auch im Vergleich zu den männlichen Gegenparts „bessere Sparer“ sind. Höllinger: „Aktienkauf wird immer mit Risikofreudigkeit in Verbindung gebracht und Frauen dann zugeschrieben, dass sie das nicht tun würden. Das ist aber falsch.“ Höllinger sieht insofern eine positive Tendenz, als Frauen in allen Lebensbereichen selbstbewusster würden – und somit ihre Geldanlage zunehmend selbst in die Hand nehmen.
Auch im eigenen Unternehmen pocht Höllinger auf ein Umdenken. So schickt sie ihre männlichen Mitarbeiter in Väterkarenz. „Uns fehlt dann zwar ein Mitarbeiter, doch die Männer pflegen danach einen ganz anderen Umgang mit ihren Kolleginnen.“
Angesprochen auf Lösungen des Problems, dass Frauen in der Wirtschaft im Allgemeinen sowie der Finanzbranche im Speziellen unterrepräsentiert seien, denkt Höllinger kurz nach. „Vermutlich geht es einfach darum, Vorbilder zu schaffen und Frauen noch stärker sichtbar zu machen.“ Denn natürlich wäre es ihr lieber, wenn sich Frauen von selbst ins Scheinwerferlicht rücken würden. Doch wenn das noch nicht passiert, dann muss das eben anders passieren. Dass ab 2018 in österreichischen Unternehmen eine Frauenquote in Aufsichtsräten gilt, unterstützt Höllinger – wenn auch zähneknirschend. Und das, obwohl sie eigentlich gar keine Freundin von Quotenregelungen ist: „Quoten widersprechen eigentlich meiner tiefsten Überzeugung. Doch in diesem so wesentlichen Punkt, wo es um die Gleichbehandlung der Geschlechter geht, springe ich über meinen Schatten. Denn wenn wir durch eine Quote Vorbilder schaffen, trauen sich andere, stärker aufzuzeigen.“ Höllinger würde sich zwar wünschen, dass Frauen dies von sich aus täten, doch für eine Übergangsfrist würde die Quote wohl Sinn machen.
Ab Jänner 2018 müssen börsenotierte Unternehmen in Österreich mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in Aufsichtsräten eine Frauenquote von 30 Prozent erfüllen, die bei Neubestellungen verpflichtend einzuhalten ist. Als Vorbild für die Regelung, von der rund 200 Betriebe betroffen sind, dient das deutsche Modell. Bei Nichterfüllung der Quote wird die Wahl – wie in Deutschland – nichtig und das Mandat bleibt unbesetzt. Die Zahlen zeigen, dass es einiges an Nachholbedarf gibt: Die Frauenquote in Aufsichtsräten beträgt heute 18, in Vorständen nur sieben Prozent. Für Höllinger ist das vor allem auch ein strukturelles Problem: „Wir suchen Frauen für die Aufsichtsräte, haben aber zu wenige Vorstände. Dann suchen wir wiederum weibliche Vorstände – und haben zu wenige Bereichsleiterinnen. Das zieht sich von unten nach oben durch. Frauen müssen einfach sichtbarer werden.“ Womit wir übrigens wieder beim Henne-Ei-Problem wären. Bei der Kathrein Privatbank liegt die Frauenquote im Vorstand bei 33 Prozent, wobei Susanne Höllinger Vorsitzende ist. „Und im Managementteam sind wir in etwa halb-halb. Ich glaube, das ist für ein Unternehmen ein extrem guter Wert.“ Man bekomme vielfältigere Ideen zusammen und neue Blickwinkel ins Unternehmen. Das sei übrigens nicht nur bei den Geschlechtern so, so Höllinger, sondern auch hinsichtlich Altersgruppen.
„Wir haben junge und ältere Mitarbeiter – es geht nicht immer nur um Mann und Frau. Es geht um Diversität. Jeder hat Vor- und Nachteile, und deswegen möchte ich eine Palette haben. Wir versuchen, das hier so gut wie möglich zu leben. Und zwar nicht aus Gutmenschentum, sondern weil es unser Unternehmen verbessert.“
Dieser Artikel ist in unserer September-Ausgabe 2017 „Women“ erschienen.