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Viola Schritter weiss, wie man sich präsentiert. Im Netz findet man ausschliesslich professionelle Bilder von ihr, die Seite ihres Unternehmens, VS Homes, ist in schicken Pastelltönen gehalten. Das alles spiegelt sich auch in den Wohnungen wider, die die 25-Jährige seit vier Jahren verkauft.
Viola Schritter ist so etwas wie die paradoxe Intervention in einer von alten weissen Männern dominierten Immobilienwelt: Im Alter von nur 25 Jahren kauft, restauriert, möbliert und verkauft die Jungunternehmerin mit ihrer Firma VS Homes Wohnungen in Wien, vor allem in den Innenbezirken. Ihr Kundenspektrum ist breit – von arrivierten Rechtsanwälten und Ärzten bis hin zu jungen Familien. Ihr Team zählt mittlerweile zwölf Mitarbeiter, fünf davon arbeiten in der 2021 gegründeten eigenen Baufirma Schritter Bau.
Angefangen hat Schritter jedoch alleine und in einer komplett anderen Branche: 2016 gründete die Wienerin einen Onlineshop für Bademode. Die Idee dazu kam ihr während einer Projektarbeit, die sie in ihrem ersten Studienjahr schreiben musste, „und zwar sehr ausführlich, über 40 Seiten“, erinnert sich Schritter lächelnd zurück. Zwei Jahre später verkaufte sie ihren Onlineshop, um sich ihre erste Wohnung zu finanzieren – um 99.000 €; aus heutiger Sicht ein Schnäppchen. „Die Wohnung habe ich dann mit ein paar Freundinnen saniert und verkauft, aus dem Erlös konnte ich zwei weitere kaufen – mittlerweile haben wir über 50 fertige Immobilien“, erzählt Schritter.
Als die Coronapandemie ausbrach, sah die junge Unternehmerin eine Chance in der Krise: „Wir haben sofort gemerkt, dass viele kaufen wollten; viele wollten ihr Geld sichern.“ Den Trend, dass Wohnungskäufer in den Speckgürtel der Stadt abwandern, wie es in vielen Grossstädten wie London oder New York schon seit Langem der Fall ist, spürt Schritter in Wien kaum. Nur der Wunsch nach einer Freifläche in der Wohnung sei häufiger geworden.
Nicht nur aufgrund der Pandemie war der Weg zur erfolgreichen Immobilienunternehmerin für Schritter oftmals schwierig. Sie hat den Sprung ins kalte Wasser ohne viel Erfahrung gewagt. Im Gespräch erwähnt sie mehrmals, dass sie viele Fehler hätte vermeiden können, wenn sie von Anfang an einen erfahrenen Partner an ihrer Seite gehabt hätte, was sie auch anderen Jungunternehmern empfiehlt.
Heute saniert Schritter die Wohnungen nicht mehr selbst, sondern konzentriert sich ausschliesslich auf die Führung ihres Unternehmens. Die Baufirma kümmert sich, gemeinsam mit einem Designteam, um die Sanierung und Umgestaltung der Wohnungen. „Wir haben mittlerweile alles im eigenen Haus und sind nicht mehr auf externe Dienstleister angewiesen“, erklärt Schritter.
Finanziert wird der Wohnungskauf zu 80 % mit Bankkrediten und zu 20 % von VS Homes, wobei oft auch Investoren an Bord geholt werden. Dabei wird auf bestimmte Merkmale der Immobilie geachtet: Gibt es einen Lift im Haus? Hat die Wohnung genug Freifläche? Nur wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, wird die Wohnung auch gekauft.
Die männliche Dominanz in der Immobilienbranche möchte Schritter in ihrem Unternehmen nicht widerspiegeln, sagt sie. Bei VS Homes ist die Mehrheit der Angestellten weiblich. „Wir haben eben eine feminine Ader“, so die Gründerin. Der Fokus auf das „Umstitching“, also das Einrichten und Dekorieren der Wohnungen, hebt VS Homes laut der Wienerin ebenfalls von der Konkurrenz ab. Dass die Geschäftsführerin ein Auge für das Schöne hat, merkt man schnell – ihr Büro ist stylish eingerichtet, die Möbel sind hochwertig.
Auf die Frage, wie Schritter mit den erhöhten Zinsen umgehen wird, antwortet sie optimistisch: „Die höheren Zinsen finde ich nicht so problematisch.“ Schnell fügt sie jedoch hinzu: „Was ich aber sehr wohl problematisch finde, ist, dass die Eigenkapitalquote seit Juli auf mindestens 20 % gesetzt wurde.“ So würden sich noch weniger junge Menschen eine Wohnung leisten können, so die Jungunternehmerin.
VS Homes betreffe das weniger, da die Firma oft mit Investoren zusammenarbeitet, die das benötigte Eigenkapital zur Verfügung stellen können und ausserdem auf das Premiumsegment des Markts fokussiert sind. Deshalb kann sich Schritter in den nächsten Jahren darauf konzentrieren, ihr Unternehmen zu skalieren. Geplant ist, den Zyklus von Ankauf, Sanierung, Möblierung und Verkauf bis Frühling 2023 von durchschnittlich zwölf auf rund sechs Monate zu verkürzen. So soll gleichzeitig die Anzahl der verkauften Wohnprojekte von circa 15 pro Jahr auf 30 bis 35 wachsen. Schafft sie das, rechnet Schritter nächstes Jahr mit einem Umsatz von 12 bis 15 Millionen €. Vor zwei Jahren waren es 900.000 €, in den letzten zwölf Monaten 7,5 Millionen €.
Weniger positiv, sondern kritisch steht Schritter Investoren gegenüber, die Wohnungen kaufen, diese aber leer stehen lassen und nicht vermieten. Durch die in den letzten Jahren ständig steigenden Kaufpreise können solche Firmen auf diese Weise billige Gewinne erzielen. „Unsere Anleger vermieten die Wohnungen auch und das finde ich dann in Ordnung“, so Schritter, „aber was ich nicht in Ordnung finde, sind Grossinvestoren, die zum Teil ganze Neubauten kaufen und sie einfach nur leer stehen lassen, weil sie wissen, dass es da eine Wertsteigerung gibt“, kritisiert sie und fordert daher vonseiten der Politik eine Leerstandsgebühr.
Für die Zukunft von VS Homes hat die junge Wienerin einige Ideen, auch wenn diese noch nicht in Stein gemeisselt sind – ein Private Fund für Investoren ist laut Schritter eine Möglichkeit, aber auch der Bau von Hochhäusern interessiert sie: „Der Immobilienbereich ist sehr vielfältig, man muss sich entscheiden, wohin man gehen möchte.“ Das aktuelle Geschäft wird aber auf jeden Fall bleiben, ebenso wie der Standort Wien. Vor vier Jahren stand Viola Schritter am Beginn ihrer Reise – es bleibt nun zu sehen, wie sie die Immobilienwelt in den nächsten vier prägen wird.
Mit ihrem Unternehmen VS Homes kauft, saniert, möbliert und verkauft Viola Schritter seit vier Jahren Wohnungen in Wien. Dieses Jahr konnte die ehemalige Marketingstudentin mit ihrem Business bereits mehrere Millionen € Umsatz erzielen.
Text: Erik Fleischmann
Fotos: Gianmaria Gava